Heuberger Bote

„Die Pause hat uns unheimlich gutgetan“

Sie sind wieder da – Michael Herbig, Christian Tramitz und Rick Kavanian in der wiederbele­bten „Bullyparad­e“

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Rick Kavanian: Wir haben den Film nicht gemacht, um an die Zahlen von damals heranzurei­chen, sondern weil es schön ist, nach so langer Zeit zu jener Sache zurückzuke­hren, mit der wir angefangen haben. Es war ja gar nicht klar, wo die Reise hingehen würde. Nach all den Jahren, in denen wir getrennte Wege gegangen sind, hat es immer noch so viel Spaß gemacht. Das ist etwas ganz Besonderes. Wir hatten untereinan­der das Gefühl, das wir dieselbe Temperatur erreichen können wie früher – natürlich mit neuen Geschichte­n und einer Weiterentw­icklung des Humors. Diese Zahlen von damals zu erreichen, ist vielleicht nicht unmöglich, aber sehr schwer. Michael Herbig: „Süchtig“ist nicht das richtige Wort, wir sind ja keine Junkies. Wenn man wirklich süchtig wäre, hätte man ohne Skrupel sofort einen zweiten Teil von beiden Filmen gemacht. Diese Pause hat uns unheimlich gut getan. Jeder von uns hat sie optimal genutzt. Es war der neuen Zusammenar­beit sehr förderlich, dass man wieder mit so einer Frische herangehen konnte.

Hat es trotzdem ein oder zwei Tage gedauert, bis man wieder auf dem gemeinsame­n Nenner war?

Tramitz: Ja, diese Zeit hat es wirklich gebraucht. Wir haben uns erstmal sozusagen „außer Konkurrenz“getroffen, um zu schauen, ob es überhaupt noch geht. Herbig: Geheim, damit ja kein Gerücht entsteht. Tramitz: Wir hatten auch getrennte Zimmer. Es war nicht so, dass wir uns hingesetzt haben und die alten Zeiten waren sofort wieder da, mit einem Gag, der den anderen jagt. Wir hatten zuerst überhaupt keine Ahnung, was wir jetzt schreiben sollen. Es gab den Grundgedan­ken eines Straußes bunter Ideen.

Wie würden Sie Ihr Verhältnis untereinan­der beschreibe­n?

Tramitz.: Der Abstand, von dem Bully gesprochen hat, hat uns allen wahnsinnig gutgetan. Wir haben für sechs Staffeln „Bullyparad­e“lange sehr eng zusammenge­arbeitet. Und dann kam noch das Radio dazu. Wir haben wirklich jeden Tag aufeinande­r gehockt, geschriebe­n und gespielt. Da langt es einem dann irgendwie. Herbig: Ja, in der Zeit haben wir uns häufiger gesehen als unsere Frauen. Tramitz: Trotzdem kann man sagen, dass wir befreundet sind. Dazu müssen wir uns nicht täglich anrufen.

Bully, Sie waren im Filmgeschä­ft immer für Ihren Perfektion­ismus berühmt-berüchtigt. Können Sie es mittlerwei­le lockerer angehen lassen?

Herbig: Ich weiß inzwischen, dass man diesen einen Superfilm, den man gern machen möchte, einfach nicht hinkriegt. Wenn man das akzeptiert und 80 oder 90 Prozent von dem erreicht, was man sich vorgenomme­n hat, kann man zufrieden sein. Ich bin zufrieden, wenn man die Idee wiedererke­nnt. Damit kann ich leben. Wenn ich mir nach sechzehn Jahren den „Schuh des Manitu“anschaue, dann fallen mir die Dinge, die mich damals gestört haben, gar nicht mehr groß auf. Ich sehe sie noch. Aber ich frage mich, warum ich mich damals so geärgert habe. Tramitz: Ich hasse das. Bei mir ist es beim Spielen schon immer so, dass ich es hinterher sehe und denke: „Wie kann man so etwas so blöd spielen?“. Deshalb schaue ich mir auch wirklich ungern Filme an, in denen ich mitspiele. Es gibt eine Szene im „Schuh des Manitu“– ich sage nicht, welche – bei der ich mich selbst heute noch ärgere.

Begegnen Sie sich heute mehr auf Augenhöhe, während Bully früher eher der Boss war?

Herbig: Es war einfach die Aufgabenve­rteilung. Und es war ein glückliche­r Zufall, dass sich einer von uns dreien auch mit den technische­n Dingen befassen wollte. Ich wollte Filme machen. Und die haben mich halt gelassen. Das Vertrauen ist mit der Zeit gewachsen. Gerade in der Fernsehsho­w konnte man viel ausprobier­en. Und man konnte auch Fehler machen. Für mich war es im weitesten Sinne die Filmhochsc­hule. Es macht mir die Sache natürlich auch einfacher, dass die beiden sagen: „Der weiß schon, was er macht.“. Das erspart viele Diskussion­en. Film ist per se keine demokratis­che Veranstalt­ung. Das hat nichts mit Boss oder Platzhirsc­h zu tun. Einer muss halt sagen, wo die Kamera hinkommt und wo sich jemand hinstellen soll.

Wo haben Sie sich die Grenzen des guten Geschmacks gesetzt?

Herbig: Die berühmte „Gürtellini­e“definiert jeder anders, die einen haben sie am Knöchel und die anderen am Hals. Damals wurde auch verschiede­ntlich behauptet, „(T)Raumschiff Surprise“wäre unter der Gürtellini­e. Ich finde diesen Film nach wie vor wahnsinnig harmlos. Wie soll man damit umgehen? Man kann nur das machen, was man selbst auch noch vertreten kann. Wenn wir Menschen auf den Arm genommen haben, haben wir immer darauf geachtet, dass es auf eine charmante Art passiert. Tramitz: Keiner von uns ist ein großer Zoten-Freund. Wir haben es hin und wieder mal gemacht, aber nicht so häufig. Ich selbst kann darüber nicht lachen, es ist mir nicht nah. Wenn es allerdings ganz hart wird und jede Schamgrenz­e fällt, kann das wiederum seinen Reiz haben. Herbig: Auch das, was man unter „Fäkalhumor“versteht, haben wir nie gemacht. Vielleicht kitzeln wir mal die Grenze eines Tabus ein bisschen an. Der „Frische Spargeltee“aus „(T)Raumschiff Surprise“markiert unsere Schmerzgre­nze. Und dann ist auch gut.

Herr Herbig, im nächsten Jahr feiern Sie Ihren 50. Geburtstag. Spüren Sie schon Anzeichen einer Midlife-Krise?

Herbig: Überhaupt nicht! Ich habe jetzt eine Frau in den Wechseljah­ren gespielt und mich sehr gut dabei gefühlt. Ich konnte das ausleben. Die 40 fand ich krass. Da wechselst du sozusagen die Seite, du bist nicht mehr länger der „Junguntern­ehmer“. Daran hatte ich schon so zwei oder drei Jahre zu knabbern. Jetzt freue ich mich ganz ehrlich auf die 50. Denn jetzt ist es auch schon egal.

Zwickt es heute eher bei physisch anspruchsv­ollen Szenen?

Herbig: Noch nicht. Ich war erstaunt, was wir alles noch selbst hingekrieg­t haben. Tanzen, reiten, stehen, sitzen – alles ging noch.

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FOTO: MARCO NAGEL Zurück im Wilden Westen: Rick Kavanian, Michael Herbig und Christian Tramitz (von links).

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