Der Ball und der Rubel rollen wieder: Macht das Fan-Dasein noch Spaß?
Beleuchten wir das Problem doch mal aus einer etwas anderen Perspektive: Würden Sie Ihren geliebten Partner, mit dem Sie schon gemeinsam im Sandkasten gebuddelt haben, tatsächlich in die Wüste schicken, nur weil er regelmäßig zu viel Geld für Schuhe oder Kneipenbesuche verplempert? Eben! Warum sollte es also beim Fußball, der schönsten Nebensache der Welt, anders sein?
Zugegeben: Die irrwitzigen Transfersummen, die mehr mit Menschenhandel denn mit sportlichem Wettkampf zu tun haben, die hohen Eintrittspreise, die überteuerten Trikots und sonstigen Fan-Artikel bereiten auch mir Unbehagen. Wenn der Ball aber rollt, gilt: Entscheidend is auf ’m Platz, wo der Kommerz im Abseits steht. Dort zählen nur der Kampf Mann gegen Mann, das feine Dribbling, der perfekte Pass, die grenzwertige Grätsche, der ansteckende, ehrliche Jubel der Neureichen nach einem Torerfolg. Nie kommen wir den Millionären in kurzen Hosen näher, nie spüren wir die enge Verbundenheit mit dem Verein und der Heimat intensiver als in diesen Stunden. Herzerfrischend und zutiefst emotional in einer zunehmend kalten Welt. Eine Sünde, in diesen Momenten großen Sports und überbordender Gefühle an den schnöden Mammon zu denken. Nein, wir lassen uns den Spaß nicht nehmen, wir glauben an die Kraft des Fußballs – koste es, was es wolle.
Fußball und Kommerz gehören längst zusammen. Ohne Frage bringt dieses Duo Vorteile für uns Fans. Ein gutes Beispiel: TV-Gelder erlauben Transfers guter Spieler ebenso wie Investitionen in den Nachwuchs. Aber irgendwann ist es mal gut. Wenn sich Oligarchen gan- ze Teams zusammenkaufen, österreichische BrauseBrauer Vereine aus dem Nichts in die Bundesliga finanzieren, Fußballer für 222 Millionen Euro gehandelt werden. Wie kalt das Geschäft mit dem Kick mittlerweile funktioniert, zeigte sich nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus des BVB. Wer würde ernsthaft auf die Idee kommen, Menschen nach einem Bombenattentat mit einem Schwerverletzten einen Tag später zur Arbeit zu schicken? Einfache Antwort: der Chef des BVB und die Offiziellen der UEFA. Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt das. Statt Menschlichkeit und Rücksicht zählten TVÜbertragungen und das WeiterSo des Spielbetriebs.
Dieses Extrembeispiel zeigt: Sogar Traditionsvereine sind schon seit Langem Teil dieser Maschinerie. Von Borsigplatz-Romantik wissen zum Beispiel die Spieler der Borussia aus Dortmund nur, dass sie das einstige Herz ihres Vereins nach Erfolgen mit dem Party-Lkw umrunden. Von der Integrationskraft des Fußballs, der über Milieus und Nationalitäten hinweg Identifikation, Heimat, Begeisterung schaffen kann, bleibt so nichts mehr übrig.