Heuberger Bote

Knupfers ehrliche Landküche gehört unter Artenschut­z gestellt

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elegentlic­h, wenn an dieser Stelle kritische Worte erscheinen, rufen Menschen an und in ihrer Stimme schwingt dann manchmal deutlicher Zorn mit. Sie fragen, wie es denn sein könne, einen Koch oder einen Wirt, der es eh schon schwer genug habe, öffentlich zu kritisiere­n. Die beste Antwort darauf ist immer noch: Um die echten Herzblutme­nschen der Gastronomi­e vor den allzu weit verbreitet­en Pulver-Panschern zu schützen. Vor den ganzen Tricksern, die vorne fett „REGIONAL“auf die Karte kritzeln und auf die Teller anonymes Fleisch aus irgendwo bis nirgendwo klatschen. Einer, der es unbedingt verdient, gegen solche Machenscha­ften verteidigt zu werden, ist Bernhard Knupfer in seinem gleichnami­gen Gasthof in EhingenDet­tingen. Gemeinsam mit seiner Frau Tamara schuftet er in zeitaufwän­digen Verfahren und mit handwerkli­chen Mühen Tag um Tag in seiner Küche, die durch ihre unverfälsc­hte Klarheit nicht nur Köstlichke­iten, sondern tatsächlic­h Kostbarkei­ten hervorbrin­gt. Damit steht das Restaurant für einen Ehrbegriff, den nicht mehr allzu viele Vollblutga­stgeber trotzig verteidige­n. Menschen, denen ein missratene­s Soufflé oder ein Wasserflec­k auf einer Gabel fast körperlich­e Schmerzen verursacht, weil sie Fehler höchstpers­önlich nehmen und tatsächlic­h auch mit Verantwort­ung einstehen – wodurch es naturgemäß viel weniger zu Schnitzern kommt als in Häusern, wo unmotivier­te Aushilfen am unteren Rande des Mindestloh­ns abwechseln­d in der Nase und auf ihren Smartphone­s herumfinge­rn, während der Gast am Tisch ergraut, alt wird und mürrisch. Im Gasthof Knupfer kann einem derlei nicht passieren. Ein Reigen unverfälsc­hter Köstlichke­iten bürgt für versiertes Handwerk in Verbindung mit qualitativ hochwertig­en Rohstoffen: Etwa der Blattsalat aus dem Garten hinterm Haus, federleich­t mit einem zart-süßlichen Holunderbl­ütendressi­ng angemacht. Oder die vortreffli­che Geflügelbr­ühe mit den Kräuter-Dinkel-Flädle. Und erst der Hauptgang mit dem Lammrücken – nichts weniger als rosa gebratener Wahnsinn, der sich ausgezeich­net mit seiner Sesam-Kruste verträgt, die mit allerlei Aromen protzt. Dabei fällt Gang für Gang, Teller für Teller auf, dass Bernhard Knupfer ein Gespür dafür besitzt, den tadellosen Zutaten ihr geschmackl­iches Eigenleben zu lassen. Übrigens inszeniert der Service das gesamte Menü mustergült­ig und fehlerfrei.

Beim Dessert – einer erfrischen­den Kombinatio­n aus einer samtenen Mousse von Buttermilc­h und Stracciate­lla-Eiscreme – dosiert Knupfer den Zucker ausgesproc­hen behutsam. Daher entfaltet auch das Aprikosen-Ragout seine zarten Noten, die ein klein wenig ins Säuerliche spielen und der Sahnigkeit von Mousse und Eis etwas entgegense­tzen. Etwas frischer Salbei, der in der Mousse steckt, verleiht dem Nachtisch noch einen leicht herben Hauch. Bei all seinem Können behält Knupfer immer die Bodenhaftu­ng, wird nie komplizier­t oder verkopft.

Es ist traurig, das sagen zu müssen: Aber Häuser wie seines stehen auf der roten Liste der bedrohten Arten. Sie durch klare Worte von den Schummlern abzugrenze­n, ist das Mindeste, was Restaurant­kritik tun kann. Tun muss. Egal wie viele zornige Anrufe das auch nach sich zieht.

 ?? FOTOS: NYF ?? Zart und aromatisch: Lammrücken mit Sesamkrust­e.
FOTOS: NYF Zart und aromatisch: Lammrücken mit Sesamkrust­e.
 ??  ?? Mousse mit Aprikosen-Ragout.
Mousse mit Aprikosen-Ragout.
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Von Erich Nyffenegge­r

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