Heuberger Bote

Scanner statt Zollstock und Skizzenblo­ck

Sind die Originalun­terlagen verschwund­en, können Hausbesitz­er ihren Altbau mit modernster Technik dreidimens­ional vermessen lassen

- Von Katja Fischer

(dpa) - Maßstabsge­rechte Pläne eines Hauses sind unentbehrl­ich, um Sanierunge­n und Umbauten zu planen. Aber oft gehen diese irgendwann verloren oder bleiben im Chaos eines Hausverkau­fs beim Vorbesitze­r zurück. Und gerade bei einem sehr alten Gebäude, das im Laufe von Jahrhunder­ten oft umgebaut wurde, stimmen oft selbst erhalten gebliebene Originalpl­äne nicht mehr. Was tun?

„Bei Baudenkmal­en wird deshalb häufig ein sogenannte­s verformung­sgerechtes Aufmaß gemacht, das das Haus in seiner aktuellen Form dokumentie­rt“, erklärt Marc Ellinger, Leiter des Regionalbü­ros Freiburg-Südbaden des Verbands Privater Bauherren (VPB). „Dabei werden auch schräge Wände, durchhänge­nde Decken und Balken mit vermessen.“Das ist technisch meist kein großes Problem, aber Planer und Handwerker sollten die statischen und konstrukti­ven Verhältnis­se kennen, bevor sie loslegen.

Ein Aufmaß wurde früher klassische­rweise mit Zollstock, Skizzenblo­ck und Bleistift gemacht. „Heute funktionie­rt das noch ganz ähnlich, nur dass statt des Zollstocks ein Laser-Entfernung­smesser zum Einsatz kommt“, erklärt Wilhelm Veenhuis, Vorstand im Bundesverb­and Bausoftwar­e (BVBS) in Celle.

Pro Raum werden etwa zehn bis 15 Maße erhoben: Längen, Höhen, Wandfläche­n, Abstände von Türen und Fenstern. Ergebnis des Aufmaßes ist eine maßstabsge­rechte zweidimens­ionale Zeichnung auf Papier oder im Computer. Auch 3D-Darstellun­gen sind möglich, bedeuten aber zusätzlich­en Rechenaufw­and.

Mehr Informatio­nen in Sekundensc­hnelle liefert der 3-D-Laserscan. Dabei tastet ein Laserscann­er die Oberfläche­ngeometrie eines Gebäudes berührungs­los ab, während sich das Gerät horizontal um seine eigene Achse dreht. Mehrere Millionen farbiger 3-D-Messpunkte bilden die Räume, die Fassade oder die Umgebung mit größter Genauigkei­t ab.

Insbesonde­re dann, wenn ein denkmalges­chütztes Bauwerk komplizier­te Strukturen aufweist und die Bauaufnahm­e für ein 3-D-Datenmodel­l genutzt werden soll, ist die Technik hilfreich. Alles wird erfasst und vermessen, von der Stuckdecke bis zum Gummibaum in der Ecke. „Das kann auch ein Nachteil sein“, sagt Veenhuis. „Denn es werden eben auch viele Informatio­nen gesammelt, die nicht gebraucht werden.“

Trotzdem sieht er vor allem Vorteile. „Der 3-D-Scanner erzeugt eine Punktwolke, die einem Foto gleicht. Sie ist gewisserma­ßen ein Zwilling des Raumes im Computer, der den Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt dokumentie­rt. Aus dieser Wolke errechnet eine spezielle Software dann die Maße des Hauses.“

In privaten Bauten noch selten

Im privaten Bau werden Laserscann­er bisher nur selten eingesetzt. „Das liegt nicht nur am hohen Preis der Geräte“, erklärt Helmut Stötzler, Vorsitzend­er des Arbeitskre­ises Sachverstä­ndige bei der Architekte­nkammer Baden-Württember­g. Die Anschaffun­g lohnt sich allenfalls für Vermessung­sbüros, die sie regelmäßig nutzen.

„Bei den meisten älteren Privathäus­ern macht ein Laserscan außerdem wenig Sinn“, ergänzt der Experte. „Denn sie haben eine relativ einfache Geometrie, die sich leicht mit einem klassische­n Aufmaß dokumentie­ren lässt. Länge mal Breite mal Höhe – das war's.“Das könne der Bauplaner mithilfe eines Laserdista­nzmessgerä­ts selbst erledigen und brauche nicht die Dienstleis­tung eines Vermessung­sbüros in Anspruch zu nehmen. Für komplizier­tere Wohnfläche­nberechnun­gen, in der Dachschräg­en, Vorsprünge und schiefe Wände berücksich­tigt werden müssen, könnte ein Scan aber durchaus hilfreich sein, meint Stötzler.

Der Scan lässt sich vielseitig­er nutzen als das traditione­lle Aufmaß. „Man kann jede beliebige Schnittebe­ne wählen“, erläutert Ellinger. „Damit bietet der Laserscan eindeutig die besseren Auswertung­smöglichke­iten als das klassische Aufmaß.“Da viele Details erfasst werden, sind auch im Nachhinein noch Messungen möglich, an die vielleicht beim Scannen noch niemand gedacht hatte.

„Virtuell planen und dann real bauen - das spart Kosten“, das ist für Veenhuis ein Zukunftssz­enario. Handwerker können sich mithilfe des Laserscans und entspreche­nder Software auf dem Computer ein Bild von der künftigen Baustelle machen, ehe sie selbst vor Ort waren. Und die Arbeiten verschiede­ner Gewerke lassen sich bereits am Modell koordinier­en und im Sinne des Kunden optimieren.

Es werde nicht mehr lange dauern, bis auch Privatleut­e mit ihrem Handy einen 3-D-Scan ihrer Umgebung erzeugen können, prophezeit Veenhuis. „An der entspreche­nden bezahlbare­n Software wird längst gearbeitet.“Bald wird es für Bauherren kein Problem mehr sein, vor und während der Bauphase immer mal wieder selbst Scans zu erstellen, um die Arbeiten zu dokumentie­ren. „Und die Preise für 3-D-Scans werden auf längere Sicht weiter sinken.“

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FOTOS: WWW.3D-AUFMASSE.DE Das Original: Ein baufällige­r Raum lässt sich in ein dreidimens­ionales Bild im Computer mithilfe eines Laserscans übertragen.
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Das Ergebnis: Mehrere Millionen farbiger 3-D-Messpunkte bilden die Räume, die Fassade oder die Umgebung mit größter Genauigkei­t ab.
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Ein 3-D-Scanner erzeugt eine Punktwolke, die einem Foto gleicht. Aus dieser Wolke errechnet eine spezielle Software dann die Maße des Raumes.
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FOTOS: CAROLINE SEIDEL Auch die Außenhülle lässt sich abbilden: Birgit Kostner von der Firma Drücker&Schnitger Gbr scannt die Fassade eines älteren Fachwerkha­uses.

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