Heuberger Bote

„Jungs schämen sich für ihre Landsleute“

Nicht nur die unsicheren Perspektiv­en machen den jungen Flüchtling­en zu schaffen

- Von Eva-Maria Huber

- Muhamat geht jeden Morgen zur Schule, hilft beim Putzen und versucht, in Deutschlan­d seinen Weg zu machen. Doch die Unsicherhe­it ist sein Begleiter: „Kann ich hier bleiben?“Der Afghane ist einer von 40 jungen Flüchtling­en, die in VillingenS­chwenninge­n untergebra­cht sind.

Um den 17-Jährigen herum ist alles im Wandel. Die Erstaufnah­meeinricht­ung in der Dattenberg­straße schließt Ende September, die Flüchtling­sunterkünf­te in den Erbsenlach­en und im Fürstenber­gring sind bereits aufgelöst. In Schwenning­en ist es unsicher, ob die Einrichtun­gen in Alleenstra­ße und Villinger Straße erhalten bleiben. Es sieht eher danach aus, dass sich alles auf die Gemeinscha­ftsunterku­nft in der Sturmbühls­traße konzentrie­rt.

Sicher, die beiden Einrichtun­gen für die unbegleite­ten minderjähr­igen Flüchtling­en (Umas) in Villingen sind von den Konzentrat­ionstenden­zen nicht betroffen. Doch ob die jungen Männer, zwischen 13 und 18 Jahren, dauerhaft in der Doppelstad­t bleiben dürfen, ist unsicher. Zur Zeit leben 20 junge Männer aus acht Nationen im „Regenbogen­haus’“und bekommen eine Rund-um-die-UhrBetreuu­ng. Weitere 20 junge Flüchtling­e teilen sich auf mehrere ehemalige Offiziersh­äuschen an der Fürdererst­raße auf und leben im „Immigrants Corner“: junge Leute, die ihren Weg in die Selbststän­digkeit bereits ganz gut gepackt haben und nicht mehr eine ganz so intensive Betreuung brauchen.

Eines haben alle gemeinsam. Wer kein Recht auf Asyl bekomme, der verlässt Deutschlan­d, egal, ob er gerade seinen Schulabsch­luss mache oder auch nicht. „Und genau diese Unsicherhe­it belastetet diese jungen Menschen“, erzählt Uwe Hüls. Der Sozialarbe­iter leitet die beiden Einrichtun­gen der Arbeiterwo­hlfahrt, die 2016 die ersten Umas aufnahmen und die von Stadt und Landkreis finanziert werden. Wohnblock wie Reihenhäus­er sind im Besitz des Bundesamte­s für Immobilien­aufgaben (BIMA).

Uwe Hüls führt durch das Regenbogen­haus. Die Räume sind picobello sauber, „das Putzen erledigen unsere jungen Hausbewohn­er“, erzählt er und zeigt stolz die Aufenthalt­sräume, die die Heranwachs­enden unter Anleitung verputzt, gestrichen und mit neuem Laminatbod­en versehen haben. Der 17-jährige Alireza schneit herein, es gibt noch etwas mit Hüls zu besprechen, den die Jungs abwechseln­d „Onkel Uwe“oder „Chef “nennen. Nach fünf Minuten geht der schlaksige Afghane wieder: „Muss bügeln.“

Uwe Hüls würdigt die große humane Vision, Flüchtling­e aufzunehme­n. Doch für ihn heißt dies auch, „wer hierherkom­mt und Theater macht, den brauchen wir nicht“. Deshalb heißt seine Losung: „Wir stellen die Flüchtling­e auf das Leben in Deutschlan­d ein. Ich erwarte, dass sie sich integriere­n. Integratio­nsbemühung­en, die auch manche Standpauke nötig machen. „Gerade, wenn es mal wieder laut wird“, spricht Hüls auf Probleme mit einzelnen Nachbarn an. „Dann gibt es eben eine auf den Helm.“Mittlerwei­le habe sich die Situation entspannt: „Doch wer uns partout nicht haben möchte, der findet immer etwas.“

Angst vor Übergriffe­n

Die meisten Flüchtling­e, so Hüls’ Erfahrunge­n, seien sehr dankbar dafür, dass sie hier aufgenomme­n wurden. Deshalb verfolgen viele auch gespannt die Nachrichte­n über Übergriffe, Raub oder andere Delikte, in die junge Männer verwickelt sind. „Meine Jungs schämen sich für ihre Landsleute“, berichtet Hüls. Und in diese Scham mische sich auch die Angst vor Übergriffe­n gegen die eigene Person und die Befürchtun­g, „dass die Stimmung in Deutschlan­d kippt“. Erst kürzlich sagte ein junger Syrer zu Hüls: „Hoffentlic­h kann ich von dem etwas zurück geben was mir dieses Land gegeben hat.“

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FOTO: EICH Im „Regenbogen­haus“betreut Sozialarbe­iter Uwe Hüls auch den 17-jährigen Alireza aus Afghanista­n.

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