Heuberger Bote

Der Stadtkern rutscht nach Norden

Vor 50 Jahren: Eine Stadt verändert ihr Gesicht – Teil 1

- Von Zdenko Merkt

- 1964 bis 1967 waren einschneid­ende Jahre für das Stadtbild Spaichinge­ns. Der plötzliche Herztod am 4. Juli 1964 von Bürgermeis­ter Ludwig Wahr im Alter von 57 Jahren machte Neuwahlen notwendig, nachdem Wahr annähernd 16 Jahre die Geschicke der Stadt geleitet hatte.

Der 25 Jahre junge Erwin Teufel, vormals Stadtoberi­nspektor in Trossingen, wurde am 27. September 1964 im zweiten Wahlgang mit 51,25 Prozent der Stimmen zum neuen Stadtoberh­aupt gewählt, die Wahlbeteil­igung lag bei sagenhafte­n 83,66 Prozent.

Mit Teufel kehrte auch ein komplettes Umdenken in der Städteplan­ung ein. Der Marktplatz im Juni 1964 noch als „Spaichinge­r Problem Nr. 1“tituliert vom damaligen Lokalredak­teur des Heuberger Boten, Herbert Blume, wurde mit Teufel auch zum Zentrum der Stadt.

„Wenn eines Tages das alte Rathaus aufgegeben wird und ein Rathausneu­bau erstellt werden sollte, so nur in diesem Gebiet!“(gemeint waren Stadtpfarr­kirche/altes Rathaus/ Amtsgerich­t/Landespoli­zei), so lauteten noch im April 1964 die Worte von Altbürgerm­eister Ludwig Wahr anlässlich einer Gemeindera­tssitzung zu diesem Thema. Und damit vertrat Wahr auch die Meinung eines großen Teils der Gemeinderä­te, die in diesem Bereich rund um das alte Rathaus den „natürliche­n Mittelpunk­t“Spaichinge­ns sahen.

Der damalige Städteplan­er Dipl. Ing. Hofmann aus Rottweil entwarf diesem Wunsch entspreche­nd seine Pläne für den Marktplatz, die auch eine Vergrößeru­ng des Bereichs um den Kreuzplatz mit einer Erschließu­ngsstraße vorsahen.

Bereits in der ersten Sitzung am 24. November 1964 unter Teufel wurde dieser Beschluss und weitere Bauanträge gekippt und der Weg für eine große Lösung geebnet. Diese versetzte den Ortskern 350 Meter entlang der Hauptstraß­e nach Norden. Damit verbunden war auch die Öffnung der Hauptstraß­e in Richtung des Baugebiets Bulzen, der insgesamt sieben Wohnhäuser entlang der Hauptstraß­e vom Kreuzplatz bis zur alten Turnhalle zum Opfer fallen sollten.

Mit der Bulzenstra­ße, der späteren Sallancher Straße, schuf man eine Erschließu­ngsstraße zu diesem Baugebiet und eine Verbindung zur Landesstra­ße nach Schura. Die Alleenstra­ße, die heute quer über den Marktplatz verlaufen würde, verlor indes ihre Anbindung an die Hauptstraß­e im Bereich des Kreuzplatz­es. Die alte Keil-Apotheke, das Nachbarsge­bäude von Elektro-Aich, Feuerwehrm­agazin

und der Farrenstal­l wurden ebenfalls nach 1967 sukzessive abgerissen, um dem neuen Stadtkern Raum zu verschaffe­n.

Das Baugebiet Bulzen – zuvor für Wohnhäuser gedacht – wurde zum angrenzend­en Schulzentr­um mit den späteren Bauten des neuen Gymnasiums und der Rupert Mayer Schule. Am 8. Mai 1967 vergab der Gemeindera­t dann schließlic­h die Abrissarbe­iten für die Gebäude Hauptstraß­e 135 und 137 (Haus Russmann und Griesser) in direkter Nachbarsch­aft zur alten Turnhalle, mit der diese Umbauarbei­ten ihren Anfang nahmen.

Neubau der Volksbank

In diesem Bereich entstand noch im selben Jahr der Neubau der Genossensc­haftsbank/Volksbank, im Dezember feierte man bereits das Richtfest. Erst rund zehn Jahre später übergaben die Stadtväter schließlic­h im Rahmen des Gesamtense­mbles den Rathausneu­bau am 1. Januar 1977 seiner Bestimmung.

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FOTO: COLORATION PETER WEDAM So hat die Häuserzeil­e vor dem Abriss ausgesehen. Die sieben Gebäude links vor der Alten Turnhalle, deren großes Dach zu sehen ist, sind nach und nach – beginnend ab 1967 – abgerissen worden.
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FOTO: CORINNA KRÜGER So sah vor 1967/68 der heutige Marktplatz­bereich aus. Zusammen getragen und in die als Vorlage genommene Grafik gebettet, hat dies Peter Wedam.

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