Heuberger Bote

Die roten Zahlen sind da

Mit mehr als vier Monaten Verspätung legt der Küchenbaue­r Alno seine Bilanz 2016 vor

- Von Benjamin Wagener

RAVENSBURG - Der sechste Termin hat dann doch gehalten: Eigentlich wollte der Küchenbaue­r Alno Ende März seine Zahlen für das vergangene Geschäftsj­ahr vorlegen, doch immer wieder hat das Traditions­unternehme­n aus Pfullendor­f die Präsentati­on verschoben. Zuletzt riss sogar dem Bundesamt für Justiz die Geduld, und die Behörde verhängte ein Ordnungsge­ld gegen den Konzern wegen „fehlender Einreichun­g der Rechnungsl­egungsunte­rlagen hinsichtli­ch des Geschäftsj­ahrs 2016“.

Doch was lange währt, ist nicht wirklich gut: Die Daten und die Bilanz, die Alno am Freitag vorgelegt hat, sind verheerend. Nach diesen „vorläufige­n und ungeprüfte­n“Zahlen sank der Umsatz der Alno-Gruppe im Jahr 2016 um 5,4 Prozent auf rund 493,2 Millionen Euro. Im Jahr zuvor hatte Alno noch 28,3 Millionen Euro mehr umgesetzt.

Der operative Verlust betrug 2016 rund 28 Millionen Euro. Auch das war in der Vergangenh­eit besser gewesen: Ein Jahr vorher hatte Alno noch einen Gewinn von rund 15 Millionen Euro ausgewiese­n. Das lag aber auch daran, dass Alno im Sommer 2015 die Tochter Impuls an die Steinhoff-Gruppe verkauft hatte. Unterm Strich vergrößert­e sich damit der Nettoverlu­st von 4,4 Millionen Euro 2015 auf rund 67,2 Millionen Euro im Jahr 2016.

Die Liquidität – also die Geldmittel, die der Konzern zur Verfügung hatte und mit denen Alno wirtschaft­en konnte – verbessert­e sich nur leicht: Der sogenannte Cashflow belief sich 2015 auf minus 28,5 Millionen Euro, im Jahr 2016 betrug er nur noch minus 20,2 Millionen Euro.

Ende 2016 betrugen die langfristi­gen Schulden 153 Millionen Euro, die kurzfristi­gen Verbindlic­hkeiten beliefen sich auf mehr als 241 Millionen Euro. Dem gegenüber standen Vermögensw­erte in Höhe von 296 Millionen Euro – was eine Überschuld­ung und ein negatives Eigenkapit­al von fast 100 Millionen Euro ergibt.

Ende Juni veröffentl­ichte das Unternehme­n jedoch Zahlen, die kurzzeitig Hoffnung machten. Demnach habe die neue Alno-Führung, die der im zweiten Halbjahr 2016 ans Ruder gekommene Großinvest­or Tahoe in Pfullendor­f installier­t hat, die operativen Verluste in den ersten fünf Monaten 2017 reduziert. Sie betrugen nicht mehr zehn Millionen Euro wie im Jahr zuvor, sondern nur noch 1,3 Millionen Euro. Der neue Vorstandsc­hef Christian Brenner führte das auf die Anfang des Jahres „eingeleite­te Restruktur­ierung“zurück. Diese Zahlen konnten die Insolvenz in Eigenverwa­ltung, die Alno am 12. Juli beantragte, aber auch nicht verhindern.

Große Lieferprob­leme

Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Kundenkrei­sen kann das Unternehme­n seit Monaten kaum Küchen mehr ohne fehlende Teile ausliefern, nachdem viele Lieferante­n ihre Lieferunge­n eingestell­t haben. Zudem tobt um das Unternehme­n ein Machtkampf: Die früheren Vorstände Max Müller und Ipek Demirtas versuchen, die Kontrolle zurückzuge­winnen, nachdem sie durch Tahoe rausgedrän­gt wurden. Hinter Tahoe steht der Automobilz­ulieferer Prevent der bosnischen Unternehme­rfamilie Hastor.

Der neue Vorstandsc­hef Christian Brenner wollte auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“weder den Machtkampf, die Lieferschw­ierigkeite­n, die Zahlen noch den Stand der Insolvenz kommentier­en. Klar ist nach Konzernang­aben, dass am Montag der Verkaufspr­ozess für die gesamte AlnoGruppe beginnen soll. In Pfullendor­f sind zurzeit Betriebsfe­rien, die auch noch die kommende Woche andauern.

„Wir haben viel Vertrauen bei Handelspar­tnern und Verbänden verspielt“, sagt Alno-Sprecher Markus Gögele. „Wir versuchen, das Vertrauen wiederzuer­langen, indem wir die Küchen komplettie­ren, die schon im Markt sind.“Aus diesem Grund arbeiten die Abteilunge­n auch während der Betriebsfe­rien weiter, die für Nachliefer­ungen zuständig sind. Hoffnung macht nach Gögeles Angaben, dass zuletzt „zwei Kunden Alno wieder beauftrage­n, bei denen es zuletzt sehr kritisch gewesen ist“.

Wie kritisch sich die Kundenbezi­ehungen gestalten und wie es bei Alno weitergeht, sollte Thema der Hauptversa­mmlung des Küchenbaue­rs sein. Ursprüngli­ch war sie für den 28. September terminiert. Seit der Insolvenz gilt aber auch das nicht mehr. Der Termin ist aufgehoben, einen neuen gibt es bislang nicht.

„Wir haben viel Vertrauen verspielt.“ Alno-Sprecher Markus Gögele

 ?? FOTO: THOMAS WARNACK ?? Alno-Container vor dem Stammsitz in Pfullendor­f im Linzgau: Der Umsatz des Küchenbaue­rs ging im vergangene­n Jahr um 5,4 Prozent auf rund 493 Millionen Euro zurück. Der Verlust belief sich unterm Strich auf mehr als 67 Millionen Euro.
FOTO: THOMAS WARNACK Alno-Container vor dem Stammsitz in Pfullendor­f im Linzgau: Der Umsatz des Küchenbaue­rs ging im vergangene­n Jahr um 5,4 Prozent auf rund 493 Millionen Euro zurück. Der Verlust belief sich unterm Strich auf mehr als 67 Millionen Euro.

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