Heiter bis stürmisch
Bayerns Neue überzeugen beim 3:1 – Unwetter und Leverkusen kann sie nicht stoppen
MÜNCHEN - Ob Heiko Herrlich am Freitagabend irgendwann das Wörtchen „Mist!“durch den Kopf gegangen ist? Der neue Trainer von Bayer Leverkusen hatte sich ja vor diesem für ihn und seine Mannschaft so ernüchternden Aufgalopp in die 55. Bundesligasaison gewünscht, dass es beim Gegner „Mist, Bayer!“heißen sollte beim Denken ans Spiel.
Doch beim FC Bayern dürfte man nach dem 3:1 (2:0) gegen Leverkusen vor allem über das Sauwetter schimpfen, das Mitte der ersten Halbzeit hereinbrach. Und ein bisschen vielleicht auch über das euigene Spiel danach. Denn das war nicht allzu gut. Andererseits war die Partie da eigentlich schon entschieden. Auch dank der Neuen. Niklas Süle, Sebastian Rudy, die beiden Zugänge aus Hoffenheim, und Corentin Tolisso, der 41,5-Millionen-Euro-Rekordmann aus Lyon, standen in der Startelf; Süle auf Vorlage Rudys (9.) und Tolisso (18.) entschieden die Partie durch zwei Kopfballtreffer im Grunde schon vor dem Unwetter.
„Bevor es angefangen hat zu regnen, haben wir sogar ganz gut Fußball gespiel. Wir sind noch nicht im siebten Himmel, wir müssen dieses Spiel sachlich analysieren. Aber 3:1 zum Auftakt ist ganz gut“, sagte dann auch Thomas Müller.
Noch in brüllender Hitze durften dagegen die Fans ihren Unmut kundtun. „Fußball-Mafia DFB!“, skandierten die Fans der Münchner in der Südkurve. Auch Transparente hatten sie dabei. „Was uns an euch stört“, stand auf einem. Und dann, unter anderem: „Sportgerichtsbarkeit“, „Halbzeitshows“, „Korruption“. All die Dinge, die tatsächlich zumindest diskussionswürdig sind. Die Leverkusener hatten nur ein Banner dabei, kurz und prägnant „Scheiß DFB stand da drauf“. Als sie es entrollten, entspann sich ein Wechselgesang. „Scheiß DFB“skandierten die Bayern, „Scheiß DFB“, antworteten die Leverkusener. 1:25 Minuten lang ging das so. Laut. Deutlich. Friedlich.
Dann widmeten sich die Fans dem Spiel – das sie auch auf den neuen, supergroßen Anzeigentafeln in der Münchner Arena anschauen konnten, inklusive Zeitlupen. Weil das Bild nicht zeitverzögert war, konnte man es sich quasi aussuchen, wie und wo man den Kopfball zum 1:0 verfolgen wollte. Oben auf der Videowand, wo das Gras – HD und Flutlicht sei Dank – wirklich sehr grün war. Oder unten, wo die Wiese etwas matter und stumpfer schien, aber wo Niklas Süles wuchtiger Kopfball vielleicht nochh ein wenig wuchtiger aussah. Live ist eben live.
18 Minuten nach Anpfiff bekam dann auch Tolisso seinen Traumeinstand. Joshua Kimmich fand mit seiner Ecke Torwart Bernd Leno, der den Ball Arturo Vidal vor die Füße faustete. Der visierte den zweiten Pfosten an, schoss, doch bevor der Ball sich entscheiden konnte, ob er die Linie überqueren würde, köpfelte Tolisso ihn einfach selbst ins Tor.
„Ihr werdet nie Deutscher Meister“, sangen die Bayernfans Richtung Leverkusen, wo wahrscheinlich alle ziemlich zufrieden wären, wenn sie sich heute noch Vizekusen nennen dürften.
Dann begann es zu Stürmen. Auf der Tribüne zog sich der rekonvaleszente Jerome Boateng einen Pullover im Leopardenlook über die goldbebrillte Nase. Die ersten Spielerfrauen eilten die Treppen der Haupttribüne hoch in den VIP-Bereich. Dann auch die Spielerkinder, -kumpels und sonstige Adabeis. Schließlich flohen auf der Gegentribüne auch die Otto Normalfans.
Auf dem Rasen begann die Regenschlacht. Die Pause wurde fast verdopelt. Ob sich einige im Stadion da insgeheim nach einen Auftritt von Anastacia oder wenigstens Helene Fischer sehnten? Spaß beiseite. Als es weiterging, kamen die Leverkusener, die plötzlich viel Platz hatten, zu einigen Chancen. 19 Torschüsse waren es am Schluss. Doch ihnen fehlte, wie so oft, der letzte Punch. „Frustrierend“, beschied Herrlich.
So traf erst einmal Bayern per Elfmeter zum 3:0. Bevor Robert Lewandowski antreten und jubeln durfte, wurde zum dritten Mal der Videoschiedsrichter bemüht. Das 1:3 durch Mehmedis Gewaltschuss in der 65. war eindeutig. Aber zu wenig für die Werkself.