Heuberger Bote

50 Jahre Farbfernse­hen – immer noch ein buntes Vergnügen?

- ●» barbara.waldvogel@schwaebisc­he.de ●» p.lawrenz@schwaebisc­he.de

Ja, wirklich. Ich habe das Fernsehen noch Schwarz-Weiß erlebt. Dazu gehörten auch die graugetönt­en Abenteuer mit „Lassie“und „Fury“, auf die wir Kinder abfuhren. Aber das Fernsehen diente doch viel mehr der Bildung als der grenzenlos­en Unterhaltu­ng. Ver- mutlich ist es dieser frühen öffentlich­rechtliche­n Sozialisat­ion geschuldet, dass ich heute noch Fernsehen primär als Informatio­nsmedium verstehe und darauf nicht verzichten will. Für seriös gemachte Nachrichte­n oder Magazine nehme ich mir stets Zeit, und wenn nach der Sommerpaus­e die Talk-Runden wieder starten, schaue ich mir zwischendu­rch den Schlagabta­usch der Größen aus Politik, Wirtschaft und Gesellscha­ft gerne an. Dabei fühle ich mich in der Regel auch gut bedient. Da wir in postfaktis­chen Zeiten leben und der mächtigste Mann der Welt seine Politik auf hirnlose Tweets schrumpft, ist der verantwort­ungsvolle Umgang mit Nachrichte­n und Meinung ein Pfund, mit dem unser hiesiges Fernsehen zu Recht wuchert.

Und wenn der Konservens­ommer zu Ende ist, freue ich mich auf gutgemacht­e Unterhaltu­ngsfilme. Stimmen die Quoten, hasie auch eine Chance. Mit anderen Worten: Wer Qualitätsf­ernsehen will, muss auch Qualitätsf­ernsehen schauen. Das Niveau bestimmen letztendli­ch die Zuschauer.

Neulich Abend war’s soweit. Am Ende bin ich bei „Visite“hängengebl­ieben, erschöpft von der Flucht vor kieksenden Shopping-Queens, depressive­n Kommissare­n und Florian Silbereise­n. Dann lieber Tinnitus im Gesundheit­s-TV. Thema weiß ich aber nicht mehr, vermutlich Alzheimer. Und das Schlimmste war, dass mich nach einer Weile das Gefühl beschlich, alles schon mal gesehen zu haben.

100 Kanäle und nur Schrott?! Vielleicht liegt es bloß an mir, aber hey, war Fernsehen nicht schon mal glamouröse­r, frecher, witziger? Gefährlich­er auch! All die Diskussion­en über die Verrohung und Verdummung der Leute durch Fernsehkon­sum muten heute ziemlich gestrig an. Selbst die Sittenwäch­ter scheinen längst weitergezo­gen zu sein, den Online-Junkies hinterher in den virtuellen Dschungel.

Der größte Quotenhit des ZDF dagegen ist derzeit „Bares für Rares“– zur besten Sendezeit. Wohlgemerk­t: Wir reden von einer Trödelshow. Der größte Thrill besteht hier darin, ob Tante Waltrauts alte Brosche nun 250 oder 320 Euro bringt. Sie sind der Meinung, das ist spitze?! Nein, gar nicht. Der amerikanis­che Medienkrit­iker Neil Postman prophezeit­e in den 1980ern unheilschw­anger: „Wir amüsieren uns zu Tode“. Nun ja. Wenn wir vorher nicht schon vor Langeweile gestorben sind.

Auf seriös gemachte Informatio­n will ich nicht verzichten. Von Barbara Waldvogel Behaltet euren alten TV-Trödel! Von Petra Lawrenz

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