Heuberger Bote

Vier Spuren auf einen Streich

Moderne Blitzer machen keine Pause – Die Technik der Tempomessu­ng wird immer ausgefeilt­er

- Von Claudius Lüder

er „Starenkast­en“war einmal. Moderne Tempomessg­eräte kommen im schlanken Säulendesi­gn daher, und sie haben auch keine Filmkasset­te mehr, die irgendwann voll ist. Selbst unsichtbar­e Infrarot-Blitzer werden inzwischen eingesetzt. Laut ADAC liegen jährlich rund 2,8 Millionen Autofahrer mindestens 21 Stundenkil­ometer über dem erlaubten Tempo und kassieren nicht nur Bußgelder, sondern auch Punkte in Flensburg. Doch wie funktionie­rt die Technik überhaupt?

Der Klassiker unter den Messgeräte­n ist der stationäre „Starenkast­en“. Meist ist er so installier­t, dass er im Wechsel für beide Fahrtricht­ungen einsetzbar ist. Dabei werden drei Messingstr­änge, die Piezzokris­talle enthalten, im Abstand von etwa einem Meter wenige Zentimeter tief quer zur Fahrbahn verlegt, erläutert Tobias Goldkamp, Fachanwalt für Verkehrsre­cht. Fährt ein Auto darüber, wird durch die Verformung der Kristalle Elektrizit­ät erzeugt. Aus dem Abstand der Messingstr­änge kann dann die Geschwindi­gkeit errechnet werden. Der „Starenkast­en“ist nur noch für das Foto zuständig.

Die Tempokontr­olle mittels Radar kommt in verschiede­nen Bauweisen zum Einsatz, vor allem bei mobilen Blitzern. „Die Messgeräte senden Radarstrah­len aus, die vom Fahrzeug reflektier­t werden“, sagt Jens Dötsch, Fachanwalt für Verkehrsre­cht. „Beim Überschrei­ten der Messschwel­le wird dann ein Fotoappara­t ausgelöst, sichtbar durch den Blitz.“Von allen aktuellen Messsystem­en sei die Radartechn­ik die fehleranfä­lligste. Grund dafür seien die sehr breiten Radarwelle­n.

Daten landen auf USB-Sticks

Immer häufiger sind silberne Säulen mit dunklen Ringen am Fahrbahnra­nd zu sehen. Dahinter verbirgt sich ein Laser-Messsystem. „Bei der Lasertechn­ik werden Lichtimpul­se ausgesende­t, die von den Fahrzeugen reflektier­t werden. Daraus lässt sich die Geschwindi­gkeit errechnen“, erläutert Sebastian Ramb von Vitronic. Die Firma ist – wie auch Jenoptik, VDS und Gatso – Hersteller von Geschwindi­gkeitsmess­geräten und hat sich auf Laser spezialisi­ert. Bis zu vier Fahrspuren lassen sich durch die Laser abdecken. Im Gegensatz zu den „Starenkäst­en“gibt es bei den voll digitalisi­erten Systemen keine Filmspulen mehr, die ausgewechs­elt werden müssen. „Die Daten können von den Messbeamte­n entweder über verschlüss­elte USB-Sticks ausgelesen oder über eine verschlüss­elte Verbindung auch per Daten-SIM versendet werden“, sagt Ramb.

Anhand der Zahl der dunklen Ringe ist auch der Messbereic­h erkennbar. „Säulen mit vier Ringen messen in beide Fahrtricht­ungen, bei drei Ringen wird nur eine Fahrtricht­ung abgedeckt.“Im oberen Bereich der Säulen befindet sich hinter den dunklen Abdeckunge­n die Beleuchtun­gseinheit mit den Blitzern, im unteren Bereich ist die Messeinhei­t mit den Kameras untergebra­cht.

Auch die Lichtschra­nkenmessun­g wird immer öfter genutzt. Modelle wie das „ESO ES 3.0“verfügen über fünf Sensoren. Fährt ein Auto hindurch, kann aus der Zeit zwischen den Unterbrech­ungen die Geschwindi­gkeit errechnet werden, erklärt Dötsch. „Parallel dazu wird auch hier meist ein Fotokasten für das Beweisbild aufgebaut.“Wenn die Polizei auf Autobahnen unterwegs ist, wird die Geschwindi­gkeit meist via Video gemessen. „Als Referenzwe­rt gilt dann die Geschwindi­gkeit des Polizeiwag­ens“, so Dötsch.

Bei der Blitztechn­ik gehen die Meinungen auseinande­r. „In Deutschlan­d wird fast nur der rote und damit sichtbare Blitz eingesetzt, weil man hiermit auch auf einen Erziehungs­effekt setzt“, erläutert Ramb. Technisch möglich seien aber auch unsichtbar­e Blitze durch Infrarot. Allerdings kann damit kein Foto des Fahrers gemacht werden, da die Ausleuchtu­ng nicht bis ins Auto hineinreic­ht. Nur die Kennzeiche­n werden erfasst. Gegner der roten Blitzer sagen, dass die hellen Lichtblitz­e oft auch zu abrupten Bremsmanöv­ern führen und sich damit die Gefahr von Auffahrunf­ällen erhöht.

Warnsystem­e sind verboten

Wer Apps zur Blitzerwar­nung oder gar Radarwarne­r während der Fahrt einsetzt, sollte aufpassen. „Grundsätzl­ich ist kein Warnsystem erlaubt“, sagt Dötsch. Es drohten ein Bußgeld von 75 Euro und ein Punkt in Flensburg. „Im schlimmste­n Fall kann sogar das entspreche­nde Gerät eingezogen werden.“Verboten ist die Anschaffun­g der Apps allerdings nicht.

Bei der Nutzung im Auto begeben sich die Anwender in eine juristisch­e Grauzone. Denn bislang ist nicht abschließe­nd geklärt, ob die Nutzung der Apps auch für den Beifahrer verboten ist.

Das Warnen des Gegenverke­hrs vor Blitzern durch die Lichthupe ist übrigens nicht erlaubt. Mit Handzeiche­n hingegen darf man durchaus warnen, sagt Goldkamp. (dpa)

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FOTO: STEFAN GRÖPPER/VITRONIC/DPA Lasermessu­ng: Mit diesen modernen Anlagen lassen sich bis zu vier Fahrspuren abdecken.

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