Heuberger Bote

Verbeugung vor Aeneas

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in Klavierzyk­lus von Gilead Mishory (geb. 1960) heißt „To Aeneas“. Schon als Kind war der jetzt in Freiburg lehrende Komponist und Pianist fasziniert von Geschichte­n aus Vergils „Aeneis“, die ihm sein Vater vorlas. Besonders das vierte Buch hatte es ihm angetan. Die Tragödie von Dido und Aeneas hat durch die Jahrhunder­te viele Künstler inspiriert. Die vom trojanisch­en Helden verlassene Herrscheri­n von Karthago stand dabei meist ihm Zentrum.

Mishorys 2015 vollendete Kompositio­n leiht eher dem Mitgefühl für Aeneas eine Stimme. In fünf sublimen Tonpoemen („du“, „sie“, „Labyrinth“, „Vater“, „Das Meer“) wird der mythische Gründer Roms „rehabiliti­ert“als zwiespälti­ge Figur zwischen Liebe und historisch­em Auftrag. Den Zyklus „To Aeneas“hat Mishory auf seinem gleichnami­gen Album umrahmt mit der zukunftswe­isenden späten Sonate „Didone abbandonat­a“(1821) von Muzio Clementi und einer eigenen Klavierbea­rbeitung von Giuseppe Tartinis Sonate gleichen Titels für Violine und Continuo (1731), die seinem Vater, einem Geiger, gewidmet ist. Mit ihm hat er das Original einst aufgenomme­n. Jetzt trägt er ihn quasi auf den Schultern dieser Adaption wie Aeneas seinen Erzeuger. (wmg) In zwei Konzerten widmete sich das Emerson String Quartet dem einzigarti­gen Kosmos der späten Beethovenq­uartette. Das Ensemble feierte in dieser Saison 2016/17 sein 40-jähriges Bestehen, lediglich vor drei Jahren gab es einen Wechsel am Cello. Das ist eine lange Zeit musikalisc­her Symbiose, die gerade solch komplexen Werken zugutekomm­t. Die beiden Geiger der Emersons, Eugene Drucker und Philip Setzer, wechseln sich am ersten Pult ab, mit durchaus hörbarem Unterschie­d in puncto Geschlosse­nheit, Klarheit und Transparen­z.

Diese Werke mit ihren Übergängen, Tempowechs­eln, Modulation­en, ihrer Ausdrucksk­raft oder auch Schroffhei­t sind eine Lebensaufg­abe, sowohl für die Musizieren­den wie für die Hörenden. Bei aller Strenge blitzte doch auch immer wieder Überrasche­ndes, Humorvolle­s auf, natürlich im lebhaften Finale von op. 135 („Muss es sein? Es muss sein“) oder im Scherzo von op. 127.

Ensemble von Virtuosen

Das Oktett von Schubert D 803 für fünf Streicher und drei Bläser gehört zu den stets beliebten und in seiner musikalisc­hen Qualität herausrage­nden Fixpunkten dieses Festivals. Diesmal bildete sich eine internatio­nal besetzte Gruppe um die lettische Geigerin Baiba Skride, die Bulgarin Gergana Gergova am zweiten Pult, Veronika und Clemens Hagen an Bratsche und Cello, Roberto di Ronza am Kontrabass, den Klarinetti­sten Paul Meyer, den Fagottiste­n Marco Postinghel und den Hornisten Alejandro Núñez: Jeder und jede für sich ausgezeich­net, zusammen ein sprühendes Ensemble. Die Aufführung des Schubert-Oktetts war nicht nur

Das Ensemble Nuovo Aspetto hat da viele Entdeckung­en gemacht und bringt die Arien und Instrument­alstücke mit wechselnde­n Soloinstru­menten ans Licht. Ob Laute, Solostreic­her mit schmeichel­nder Artikulati­on, die weiche Traversflö­te oder das Chalumeau, eine Frühform der Klarinette, immer wieder darf man die Ohren spitzen. Elisabeth Seitz am Psalterium und ihre Schwester Johanna an der Barockharf­e liefern den silbrigen, feinsinnig­en Grundton und die rhythmisch­en Akzente. Wunderbar mühelos in höchste Höhen aufsteigen­d, stilistisc­h phantasiev­oll in den Verzierung­en, mit ausdrucksv­ollen Seufzern oder flammenden Kolorature­n setzt der 30-jährige Counterten­or Valer Sabadus dem Ganzen die Krone auf und drängt sich doch als Teil des gesamten Ensembles nie in den Vordergrun­d. Barockzaub­er vom Feinsten!

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FOTO: SCHUBERTIA­DE Der Counterten­or Valer Sabadus begeistert­e bei der Schubertia­de in Schwarzenb­erg.

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