„Die Zusammenarbeit war kollegial“
Georg Hiller zu Anfangsjahren der VG und Höhlen der Eiszeitkunst als Unesco-Weltkulturerbe
- Georg Hiller hat nach der Gründung der Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen 1972 bis zu seiner Wahl zum Bürgermeister in Blaubeuren 1978 in der Spaichinger Stadtverwaltung das Amt für Verwaltungsgemeinschaft geleitet. In den vergangenen Jahren hatte er großen Anteil daran, dass die Höhlen der Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb in diesem Juli als Unesco-Weltkulturerbe anerkannt wurden. Redakteur Michael Hochheuser befragte ihn zu beiden Themen.
Welches waren die wichtigsten Aufgaben, die in den ersten Jahren der Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen anstanden? Auf welche Schwierigkeiten sind Sie gestoßen?
In der Gemeindereform konnten Eingemeindungen vermieden werden, wenn es freiwillige Zusammenschlüsse zu vereinbarten Verwaltungsgemeinschaften oder Verwaltungsverbänden gab. Es gab im Raum Spaichingen den politischen Willen zur Zusammenarbeit und eine Vereinbarung. Die Praxis kannte noch niemand, da es eine neue Form der kommunalen Zusammenarbeit war. Ein erstes Ziel war für mich, das Amt für Verwaltungsgemeinschaft in der Stadtverwaltung Spaichingen einzurichten und die Kontakte zu den Rathäusern auszubauen. In der Sacharbeit war vorrangig die Einrichtung einer gemeinsamen Finanzverwaltung. Die gemeinsame Bauleitplanung und bautechnische Betreuung war vorgesehen, wurde aber noch nicht intensiv wahrgenommen. Die Aufgabe als Untere Verwaltungsbehörde wurde erst nach meiner Zeit übernommen.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit der Gemeinden - gab es, wie in den vergangenen Jahren, häufiger Konflikte, oder war es in den Anfangsjahren harmonischer?
Die Zusammenarbeit unter den BürBlaubeuren, germeistern war kollegial. Ich bin als erster Mitarbeiter der Verwaltungsgemeinschaft auf keine Vorbehalte gestoßen. Die Zusammenarbeit war gut. Es gab keine Konflikte, sondern sachorientierte Zusammenarbeit.
Sie sagen, dass Ihre Zeit in Spaichingen für Sie und Ihre Familie eine „ganz wichtige Zeit“war. Inwiefern?
Ich war bei der Übernahme der Aufgabe als Amtsleiter erst vier Jahre im Beruf als Beamter des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes. Die neue Aufgabe war sehr vielseitig und fordernd, und ich musste neben den Sachaufgaben auch in der Kommunalpolitik noch viel lernen. Von den beiden Bürgermeistern Erwin und Albert Teufel, aber auch von denen der Mitgliedsgemeinden konnte ich viel lernen. Zwei unserer drei Kinder sind in Spaichingen geboren. Wir fanden Freunde. Die Zeit in Spaichingen war für meine Familie und für mich sehr ereignisreich und prägend.
Haben Sie heute noch Verbindungen zum Raum Spaichingen? Verfolgen Sie die hiesigen Entwicklungen?
Mein späterer Bürgermeister-Beruf in Blaubeuren ließ uns leider keine Zeit, über die große Entfernung hinweg die Verbindungen zu halten. Die kommunalpolitischen Entwicklungen konnte ich nur über Zeitungsberichte verfolgen.
Sie setzen sich seit Jahren für die Erforschung der Urgeschichte der Schwäbischen Alb ein. Warum tun Sie dies und was haben Sie erreichen können?
Bei meinem Dienstantritt 1978 fand ich ein kommunales Urgeschichtliches Museum mit zwei Räumen vor. Die Bedeutung der Urgeschichtsforschung in der Region war 1978 zwar Fachleuten bekannt, aber kaum der breiten Öffentlichkeit. Die Stadt Firmen und Privatpersonen unterstützen die Forschung mit Geldmitteln, auch dank meiner Vermittlung. Weitere Unterstützer gibt es im Landratsamt, in Schelklingen und im Lonetal. Für einen Ausbau des Museums suchte ich Unterstützer. Bis zum heutigen Stand des Museums, das Schwerpunktmuseum für Urgeschichte in BadenWütttemberg wurde und den Status eines Zweigmuseums des Ärchäologischen Landesmuseums erhalten hat, waren drei Ausbaustufen notwendig. Es ist das zentrale Schaufenster der Urgeschichtsforschung und Eiszeitkunst in der Fundregion. Wir können zehn der wichtigsten und ältesten Funde der Eiszeitkunst, darunter die Venus vom Hohle Fels, die älteste Abbildung eines Menschen und die ältesten Flöten, zeigen. Mein zuerst berufliches und jetzt ehrenamtliches Engagement wurde aus drei Quellen gespeist: Ich wollte, dass unsere Stadt aus dem großartigen kulturgeschichtlichen Hintergrund Nutzen ziehen kann. Und, die Urgeschichtsforschung erschließt viele Fragen, wo wir herkommen und warum wir so geworden sind, wie wir heute sind. Das finde ich spannend und lehrreich. Und nicht zuletzt kann ich mit meinem Einsatz Vieles mitgestalten. Das ist eine schöne Fortsetzung des Bürgermeisterberufs, den ich bis 2002 ausüben konnte.
An erster Stelle der Erfolge steht sicherlich die Ausweisung der Höhlen der Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb als Weltkulturerbe der Unesco in diesem Sommer. Welchen Anteil haben Sie daran?
Die Unesco hat im Juli 2017 sechs Höhlen im Lonetal östlich von Ulm und im Achtal westlich von Blaubeuren zu Weltkulturerbe-Stätten erklärt. Sie tragen die Namen Vogelherd, Hohle Stein und Bockstein (im Lonetal) und Geißenklösterle, Sirgenstein und Hohle Fels (im Achtal). In ihnen wurden die älteste figürliche Kunst und die ältesten Musikinstrumente gefunden, viele davon in der Zeit, in der ich Bürgermeister war und wenige Jahre danach. Die Arbeit für die Forschung und das Urgeschichtliche Museum lässt sich nicht von den Vorbereitungen des Welterbeantrags trennen. Es war eine kontinuierliche Entwicklung, die sich immer mehr ausdehnte. 2010 begann das Land, den Antrag für die Unesco vorzubereiten, der 2016 eingereicht wurde. Basis des Antrags ist die Forschungsarbeit der Universität Tübingen. Diese wurde ergänzt durch Forschungsarbeit des Landesdenkmalamts. 2014 gründete sich die Arbeitsgemeinschaft Eiszeitkunst, die die Akteure der Fundregion aus Forschung, Verwaltung und Museen zusammenführte. Für den vom Landesdenkmalamt federführend erarbeiteten Antrag brachte die Arbeitsgemeinschaft seit 2014 den Nachweis der Zusammenarbeit und das Urgeschichtliche Museum das Tourismuskonzept ein. Als Vorsitzender des Koordinierungsausschusses der Arbeitsgemeinschaft war ich an vielen Entscheidungen beteiligt. Außerdem war ich Vorsitzender der Arbeitsgruppe Tourismus zur Vorbereitung des Welterbeantrags. Die Anerkennung der Forschungsplätze und Täler als Welterbe ist eine großartige Belohnung der Arbeit vieler Beteiligter.