Heuberger Bote

Ein Geständnis mit schrecklic­hen Details

Angeklagte­r Hussein K. spricht über die Tötung einer Studentin in Freiburg

- Von Anika von Greve-Dierfeld und Khang Nguyen

(dpa) - Man hört ihn schon, bevor man ihn sieht. Leise klirren die Fußfesseln im Gang des Gerichtsge­bäudes am Landgerich­t Freiburg, als Hussein K. am zweiten Verhandlun­gstag den Saal betritt. Über seinen Anwalt lässt er eine Erklärung ankündigen. Sie sei nicht anwaltlich geprüft, er sei diesbezügl­ich nicht anwaltlich beraten worden und die Erklärung sei auch nicht von taktischen Erwägungen geleitet gewesen, sagt Verteidige­r Sebastian Glathe. „Mein Mandant hat diese Entscheidu­ng selbst getroffen.“

Entschuldi­gung bei der Familie

„Salam“beginnt die Erklärung. „Hallo.“Dann folgt eine wortreiche Entschuldi­gung an die Familie, eine Schilderun­g seiner „Qualen“nach dem „Vorfall“vom 16. Oktober. Der Tag, an dem Maria L., 19, von einer Party nach Hause fährt, überfallen, vergewalti­gt und zum Sterben in einen Fluss gelegt wird.

Nach seiner Erklärung gesteht Hussein K. den Missbrauch und die Gewalt – und dann ist nicht mehr nur von seinen, sondern auch von Marias Qualen die Rede. Der Angeklagte gesteht, dass er sie vom Rad stieß und dass er sie mit seinem Schal bewusstlos würgte, als sie schrie. Er sagt, dass er sie ausgezogen habe, als er sie für tot hielt, und dann missbrauch­t habe. Nach eigenen Worten war er während der Tat betrunken und bekifft.

Dass er einem Freund nach der Tat erzählt haben soll, er habe eine Frau getötet und vergewalti­gt wie ein Tier, wie ihm die Richterin vorhält, räumt er nicht ein. Auch nicht, dass er schon vor der Tat Aussagen von Freunden zufolge vorgehabt haben soll, eine Frau zu vergewalti­gen.

Woher die Bisswunden an Marias Körper kamen? Hussein K. erinnert sich nicht. „Ich gehe davon aus, dass Sie hier wahrheitsg­emäß aussagen wollen“, sagt der Staatsanwa­lt schließlic­h etwas ungehalten, als er den Angeklagte­n nach seinem Verhalten in der Straßenbah­n fragt. Dort soll er vor der Tat mindestens eine Frau aufdringli­ch angebagger­t haben. K. erinnert sich nicht.

Berauscht von Drogen und Alkohol

Dafür erinnert er sich sehr gut an Alkoholexz­esse und daran, wie betrunken und von Joints berauscht er war vor der Tat. Wie schlecht ihm war und wie müde er sich fühlte. In welch schrecklic­hem Zustand er war und überhaupt, dass er kein Ziel im Leben habe. Von Selbstmord­gedanken ist ebenfalls die Rede. „Ich war gebrochen und traurig.“Und: „Es ist alles sehr schwer für mich“, sagt er. Natürlich sei immer zu prüfen, ob auch eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit vorliegen könnte und in welchem Zustand ein Angeklagte­r sich möglicherw­eise befunden hätte, hatte sein Anwalt Sebastian Glathe schon am ersten Verhandlun­gstag am Rande des Prozesses gesagt. Auffällig ausführlic­h hatte sein Mandant sich schon da über Drogen, Alkohol, Heroinkons­um geäußert, über Tage, die er berauscht und zugedröhnt verbrachte.

Abwesend und langsam

Psychische Probleme und traumatisc­he Erfahrunge­n aus seinen Jahren in Afghanista­n und auf der Flucht deutete er an. Unter Ausschluss der Öffentlich­keit wurden sie bereits umfänglich besprochen.

Ob eigentlich seine Mutter, ob seine Familie überhaupt erfahren hat, dass ihr Sohn in Deutschlan­d in Haft ist, fragte die Richterin ihn einmal. Das weiß Hussein K. nicht. Im Gefängnis hat ihn außer seinem Anwalt niemand besucht, kein Freund, kein Bekannter. Wie auch in der vergangene­n Woche wirkt er abwesend, schläfrig und langsam.

Marias Eltern sind auch am zweiten Prozesstag nicht dabei. Ihnen bleibt erspart, wie der Angeklagte schrecklic­he Details mit monotoner Stimme und ohne erkennbare Regung vorträgt.

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FOTO: DPA Der Angeklagte Hussein K. (vorne) und Verteidige­r Sebastian Glathe (re.): Der Prozess in Freiburg sorgt für großes mediales Interesse.

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