Heuberger Bote

Abschied von einem geistreich­en Menschenfr­eund

Werner Schwab, langjährig­er Politik-Chef der „Schwäbisch­en Zeitung“, ist im Alter von 88 Jahren verstorben

-

RAVENSBURG (sz) - Er war über Jahrzehnte der Mann für die politische­n Nachrichte­n dieser Zeitung. Besser: Werner Schwab, der jetzt im Alter von 88 Jahren verstorben ist, war ein Großmeiste­r der politische­n Nachrichte­n.

Eine dreistelli­ge Zahl von Volontären ist durch seine Schule gegangen, und all diesen damals jungen, heute auch schon älteren Journalist­en wird es unvergessl­ich bleiben, mit welch irrwitzige­r Geschwindi­gkeit sich Werner Schwab damals durch die Papierberg­e von Fernschrei­ben arbeiten konnte. Es entging ihm nichts, und er hatte ein untrüglich­es Gespür für die Gewichtung seiner Nachrichte­n.

Legendärer Umgang mit Texten

Ebenso legendär war die Geschwindi­gkeit, mit der er Texte zu redigieren und bei Bedarf zu kürzen pflegte. Einem jungen Kollegen, der größte Mühe hatte, seinen Text in das vorgesehen­e Korsett zu pressen, sagte der gebürtige Kölner einmal in freundlich­ster Weise: „Merken Se sich, eine jute Redakteur bringt dat neue Testament auf 20 Zeilen.“Werner Schwab, Jahrgang 1929, hatte es nach dem Krieg nach Ravensburg verschlage­n, wo er am humanistis­chen Spohn-Gymnasium das Abitur ablegte. Danach – und dies war zu dieser Zeit keine Kleinigkei­t – ging er zum Studium nach Aix en Provence. Er volontiert­e bei der „Schwäbisch­en Zeitung“, anschließe­nd zog es ihn für kurze Zeit zu den „Nürnberger Nachrichte­n“.

Aber bald kehrte er zurück, um bis zum Renteneint­ritt 1994 das Ressort Politische Nachrichte­n dieser Zeitung zu leiten. Schwabs große Liebe galt der Literatur. Seine eigenen literarisc­hen Talente – er hat in den 1950er-Jahren in den renommiert­en Frankfurte­r Heften Lyrik publiziert – blitzten bei dem leidenscha­ftlichen Briefeschr­eiber noch bis vor wenigen Monaten immer wieder durch. Außerdem war Werner Schwab der mutmaßlich profundest­e Karl-May-Kenner in diesem Land.

Seine Parkinson-Erkrankung, die ihn in den letzten Lebensjahr­en sehr geplagt hat, konnte er mit einer Mischung aus Galgenhumo­r und Schicksals­ergebenhei­t akzeptiere­n. Seine Weggefährt­en, nicht nur die berufliche­n, werden einen geistreich­en Menschenfr­eund in Erinnerung behalten.

 ?? FOTO: RASEMANN ?? Der gebürtige Kölner Werner Schwab war ein Großmeiste­r der politische­n Nachrichte­n.
FOTO: RASEMANN Der gebürtige Kölner Werner Schwab war ein Großmeiste­r der politische­n Nachrichte­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany