Heuberger Bote

Das Schweigen der Lady

- Von Ulrich Mendelin

Noch vor wenigen Jahren war Myanmar ein abgeschott­eter Staat. Die gesellscha­ftliche Öffnung ist verbunden mit der Per- son Aung San Suu Kyi. Als die „Lady“, wie sie anerkennen­d genannt wird, 1991 den Friedensno­belpreis erhielt, standen ihr noch viele Jahre Hausarrest bevor. Nun, da sie als inoffiziel­le Staatschef­in gilt, schweigt sie zur Gewalt gegen die Rohingya-Minderheit in ihrem Land. Deswegen fordern mehr als 400 000 Menschen, ihr den Friedensno­belpreis abzuerkenn­en.

Dabei ist fraglich, wie viel Macht Suu Kyi tatsächlic­h hat. Zunächst einmal hat sie die Liberalisi­erung des Landes nicht aus eigener Kraft erkämpft. Die Junta der Generäle, die das Land über Jahrzehnte kontrollie­rt hat, hat nach 2010 Reformen eingeleite­t, die Suu Kyi und ihre Partei letztlich an die Regierung brachten – wobei die Militärs darauf achteten, dass ihre Pfründe nicht angetastet werden. Das ist bis heute so. Mit der Liberalisi­erung bekamen auch buddhistis­che Ultranatio­nalisten mehr Spielraum. Dass unter diesen auch viele Mönche sind, verwundert nur im Westen, wo der Buddhismus gerne als friedferti­ge Lifestyle-Religion missversta­nden wird.

Das dem Rohingya-Konflikt zugrunde liegende Staatsange­hörigkeits­problem ist eine Altlast, an der die Junta nie etwas geändert hat. Dieselben Generäle profitiere­n jetzt von der Gewalt: So können sie ihre eigene Unersetzba­rkeit dokumentie­ren. Dass sich in den Reihen der Rohingya tatsächlic­h Rebellengr­uppen formiert haben, kommt ihnen nur gelegen – anders als der angeblich starken Frau Aung San Suu Kyi.

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