Heuberger Bote

Streit um Flexi-Rente wäre wahrschein­lich

- Von Basil Wegener, Berlin

Vergangene­s●Jahr haben Union und SPD mit der Flexi-Rente eine Antwort auf die Alterung der Gesellscha­ft gegeben. Im Wahlkampf spielt das bislang kaum eine Rolle. Da geht es vor allem um die Glaubwürdi­gkeit der Absage von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) aus dem jüngsten Kanzlerdue­ll gegen Herausford­erer Martin Schulz (SPD) an die Rente mit 70.

Die Flexi-Rente könnte ein Ansatzpunk­t sein für eine Rentenrefo­rm nach dem 24. September. Arbeitet jemand länger, wirkt sich das schon heute positiv auf die Rente aus. Und diejenigen, die mit 63 Jahren in Teilrente gehen, können bereits mehr als früher hinzuverdi­enen – jährlich 6300 Euro, alles darüber wird zu 40 Prozent auf die Rente angerechne­t. Sozialmini­sterin Andrea Nahles (SPD) kündigte jetzt an, die Flexi-Rente weiterentw­ickeln zu wollen. Im Unionswahl­programm findet sich dazu nichts, das Programm verzichtet auf Verspreche­n bei der Rente.

Unpopuläre Debatte

Eine mögliche große Koalition könnte also auf Drängen der SPD und mit dem Segen der Kanzlerin die Flexibilis­ierung des Renteneint­ritts vorantreib­en. So könnten die Parteien auch der unpopuläre­n Debatte über eine Heraufsetz­ung des Rentenalte­rs oder eine Koppelung an die steigende Lebenserwa­rtung begegnen.

Kommen die Grünen mit in die Regierung, dürften auch sie sich weiterer Flexibilis­ierung nicht verweigern. Sie fordern eine attraktive Teilrente schon ab 60 Jahren – aber auch, dass es sich lohnen soll, länger als bis zum Rentenalte­r zu arbeiten. Die FDP will das feste Rentenalte­r sogar ganz abschaffen – wer früh in Rente geht, soll weniger, wer spät geht, soll mehr bekommen.

Eine neue Regierung könnte sich jedoch nicht nur auf Flexibilis­ierung und Freiwillig­keit beschränke­n. Zwar sind die Renten seit 2012 im Westen um 10,5 und im Osten um 19,1 Prozent gestiegen. Zwar ist das Rentennive­au – das Verhältnis der Standardre­nte nach 45 Jahren Arbeit zum durchschni­ttlichen Bruttoeink­ommen – heute höher als prognostiz­iert. Doch die Sozialkass­en stehen vor enormen Belastunge­n. Millionen Babyboomer der Jahrgänge vom Ende der 1950er- bis in die 1960er-Jahre stehen vor der Rente. Zugleich bekommen die Menschen immer länger Altersbezü­ge. Bis 2045 dürfte das Rentennive­au von heute 47,8 Prozent auf 41,6 Prozent sinken. Die Union verweist auf die geplante Kommission und die gute Entwicklun­g der Rente. Die SPD dringt auf eine große Rentenrefo­rm: mit einem bis 2030 abgesicher­ten Rentennive­au, einem nicht über 22 Prozent steigenden Beitragssa­tz, einer Rente von zehn Prozent über der Grundsiche­rung für Geringverd­iener und mit Kosten, die bis 2019 auf gut 19 Milliarden Euro pro Jahr steigen.

Ein schwarz-roter Rentenstre­it in Koalitions­verhandlun­gen wäre also wahrschein­lich. Allerdings haben auch die Renten-Fachpoliti­ker von CDU/CSU immer wieder eine Abfederung des Rentennive­aus ins Spiel gebracht. Die großkoalit­ionäre Konsensmas­chine könnte nach der Wahl bei der Rente also bald auch wieder anlaufen. (dpa)

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