Für und wider die Volksentscheide
„Mehr Demokratie“fühlt Bundestagskandidaten auf dem Marktplatz auf den Zahn
- Der bundesweite Verein „Mehr Demokratie“zieht anlässlich der Bundestagswahl mit einem 2,60 Meter hohen und vier Meter breiten Spiegel durch Deutschland, um für die Einführung bundesweiter Volksentscheide zu werben. Ziel ist es, mit den regionalen Kandidaten zur Bundestagswahl, aber auch mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen: So auch am Montag auf dem Marktplatz in Tuttlingen.
Zum Gespräch vor dem Demokratie-Spiegel hatten sich die Tuttlinger CDU-Kreisvorsitzende und Listenkandidatin für die Bundestagswahl, Maria-Lena Weiss als Vertreterin von Volker Kauder (MdB) , Georg Sattler (SPD), Hubert Nowack (Bündnis90/Die Grünen) und Laura Halding-Hoppenheit (Die Linke) eingefunden, um mit Christian König, dem Vertreter von „Mehr Demokratie“des Landesbüros Stuttgart, über die Einführung der Volksentscheide zu diskutieren.
Die CDU will nicht so richtig auf den Zug aufspringen
„Fakt ist“, stellte König fest, „dass die SPD und die Grünen bereits 2002 eigene Gesetzesentwürfe zu den Volksentscheiden vorgelegt haben. In der Zwischenzeit auch die Linke, und die CSU hat das Thema in den Bayernplan, das Sonderwahlprogramm, aufgenommen. Nur die CDU unterstützt das Vorhaben nicht.“Um es aber durchsetzen zu können benötige es einer Grundgesetzänderung, wofür eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat notwendig sei. Von Maria-Lena Weiss wollte er wissen, warum die CDU sich dem verweigert.
Die Mühlheimerin verwies darauf, dass die Bürgerbeteiligung auf kommunaler und Landesebene funktioniere, die Durchführung und Beteiligung für alle Schichten, für Jüngere oder Migranten, jedoch noch optimiert werden müsse. „Die Einführung des Volksentscheides auf Bundesebene will ich nicht ausschließen“, erklärte sie. Es sei aber Vorsicht notwendig, denn die „Welt mit ihren Problemen und Anforderungen ist nicht mehr so einfach, und viele Entscheidungen können nicht einfach mit Ja oder Nein beantwortet werden“, bemerkte Weiss – und hinterfragte, „Wer entscheidet denn, ob ein Thema es überhaupt wert ist?“
Der Bundestagskandidat der SPD für den Wahlkreis RottweilTuttlingen, Georg Sattler, sah dies ähnlich. „Erstens ist nicht jedes Thema für einen Volksentscheid geeignet, die Durchführbarkeit und Machbarkeit – auch in finanzieller Hinsicht – müssen überprüft werden. Zweitens müssen die Menschen im Vorfeld über das Thema ausführlich informiert werden, so dass eine gute Wahlbeteiligung da ist, um auch ein repräsentatives Ergebnis erzielen zu können.“Er verwies auf Stuttgart 21, bei dem eine Mehrheit für den Bau gestimmt habe, die Wahlbeteiligung aber so schlecht gewesen sei, dass im Grunde genommen kein echtes Ergebnis aller berechtigten Wähler gegeben war.
Dass sicherlich nicht alle Fragen über einen Volksentscheid entschieden werden können, das stellte auch die linke Bundestagskandidatin Laura Holding-Hoppenheit fest. Sie sei aber grundsätzlich für mehr direkte Bürgerbeteiligung, mehr direkte Wahl durch die Bürger. „Die Menschen sollten in allen Fragen mitreden dürfen. Wir sind auf dem besten Weg dahin. Wir müssen die Bürger voranbringen und von ihnen aber auch mehr Wahlbeteiligung einfordern.“
Der grüne Bundestagskandidat, Hubert Nowack, betonte: „Wir sind schon lange für bundesweite Volksabstimmungen. Die größte Volksabstimmung ist in zwei Wochen, und wir hoffen, dass möglichst viele zum Wählen gehen. Der Bürger wählt die Gremien und gibt so einen Teil seiner Entscheidung weiter.“Einerseits finde er persönlich Volksentscheide gut, und verweist auf die regionalen Bürgerentscheide in Rottweil. Er stellt aber auch fest, dass sich die Bürger meist nur daran beteiligen, wenn sie selbst betroffen sind. Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer darin, dass bezüglich der Themen und der daraus resultierenden Volksentscheide eine verfassungsrechtliche Kontrolle stattfinden müsse.
Glyphosat, Waffen, Datenschutz und Familien
Und wofür würden die Politiker selbst per Volksentscheid abstimmen lassen, wollte Christian König von den Politikern noch wissen. „Über das Glyphosat-Verbot“erklärte Nowack sofort. Für Laura HaldingHoppenheit sind es die Waffenexporte, „sie sorgen nicht für Frieden, sondern für Krieg“. Die bundesweite Datenüberwachung, auch mittels Kameras an bestimmten Orten und Plätzen, ist für Sattler ein wichtiges Thema zur direkten Bürgerbeteiligung. Weiss fiel die Entscheidung schwer: „In der Welt gibt es so viele wichtige Punkte“, bemerkte sie und erklärte abschließend, „verschiedene aktuelle Themen, die die Familien betreffen, könnte ich mir sehr gut vorstellen“.