Gegenbild zu den Italopolitikern
In Rom sähe manch einer die Kanzlerin gern als Bürgermeisterin, die Sparpolitik wird Schäuble angekreidet
Die deutsche Bundestagswahl beschäftigt auch die Italiener. Das liegt vor allem daran, dass Angela Merkel in Italien ungemein populär ist. Als Deutscher, der in Rom lebt und beispielsweise von einem Taxifahrer oder Bahnschaffner als solcher erkannt wird, hört man nicht selten den Satz: „Ach hätten doch auch wir eine solche Merkel!“
Gerade in Rom, wo der Unmut über die amtierende und anscheinend chronisch unfähige Bürgermeisterin Virginia Raggi lauter wird, heißt es immer öfter, dass doch die Merkel Roms Rathaus übernehmen sollte.
Die Bundeskanzlerin steht in Italien für politische Beständigkeit, für Bilanzen, die in Ordnung sind, für gesamtgesellschaftlichen Wohlstand, für Vollbeschäftigung und eine Wirtschaft auf Volldampf. Sie steht also für all das, was in Italien fehlt.
Sie ist zu einem Sinnbild für eine Politik geworden, die als erfolgreich interpretiert wird. Als „weiblicher Bismarck“, so die Tageszeitung „la Repubblica“, und als Italienurlauberin, die ganz ohne sichtbare Bodyguards auf Ischia und in Südtirol urlaubt, die sogar Eintrittskarten in die Oper und in Museen aus eigener Tasche zahlt, wird sie als Gegenbild zum typischen Italopolitiker, der immer nur auf seine Privilegien bedacht ist und diese demonstrativ zur Schau stellt, hoch verehrt.
Dass Merkel am Sonntag die Wahlen gewinnen wird, ist für Italiener so klar wie die tägliche Sonne am Himmel. Sie wird als Bollwerk gegen die Populisten begriffen, die auch in Italien immer stärker werden. Und somit auch als mögliche Retterin Italiens vor einer Regierungsübernahme durch Parteien wie der des Ex-Komikers Beppe Grillo oder der ausländerfeindlichen Lega Nord im kommenden Frühjahr nach den Parlamentswahlen. Wie Merkel Italien retten soll, auf diese Frage gibt es keine klaren Antworten. „Ach, sie wird es schon richten“, heißt es nur.
Der amtierende italienische Regierungschef Paolo Gentiloni, der von der Bundeskanzlerin geschätzt wird, hofft ebenfalls auf einen Merkel-Sieg. „Wir alle in Europa“, sagte er schon öfter, „brauchen sie unbedingt.“Weniger beliebt ist hingegen Wolfgang Schäuble. Der Bundesfinanzminister wird in Italien nur als „Sparzuchtmeister“verunglimpft.