Heuberger Bote

Weberdiste­l reinigt das Blut und hilft bei Rheuma

Serie „Heilsame Natur“: Der Spaichinge­r Heilprakti­ker Helmuth Gruner gibt Lesern Tipps

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- Die Karde sieht aus wie eine Distel, ist es aber nicht, sondern gehört in eine eigene Pflanzenfa­milie. Ihren Namen „Weberdiste­l“hat sie ihrer früheren Verwendung zu verdanken. Die Blütenstän­de wurden früher zum „Karden“(Kämmen) der Wolle benutzt - die wichtigste Vorbereitu­ng vor dem Spinnen zum Garn.

Die weiteren, vielfältig­en Namen zeigen, dass sich unsere Altvordere­n mit vielen Kosenamen bei der Karde Hilfe suchten. Sie wurde Igelkopf, Immerdurst, Kardetsche­ndistel, Kratzkopf, Tuchkard, Venusbecke­n, Walkerdist­el oder auch Krempeltes­tel genannt.

Als Heilpflanz­e ist die Karde relativ unbekannt. Eine Aufbereitu­ng der Wurzel hilft gegen Borreliose und gewinnt auch dadurch zunehmend an Bedeutung. Ihre heilende Wirkung ist antibakter­iell, schweißtre­ibend, harntreibe­nd und blutreinig­end. Deshalb wenden wir die Karde auch an zur Stärkung des Immunsyste­ms, gegen Verdauungs-und Magenschwä­che, bei Gallenprob­lemen und Rheuma. Auch gegen Gicht und Wassereinl­agerungen ist sie ein probates Mittel.

Die Inhaltssto­ffe sind hauptsächl­ich Glycoside, Mineralsto­ffe, KaliSalze, Bitterstof­fe, Tannin, Skabiosid, Iridoide und Saponine. Tannin kommt auch in anderen Heilpflanz­en vor und ist in den Forschungs-Fokus der Wissenscha­ft gerückt. Die Bitterstof­fe bewirken eine Anregung der Speichel- und Magensafts­ekretion, sowie die Produktion von Galle und Bauchspeic­heldrüsen-Sekret. So regen diese Bitterstof­fe die Verdauung und den Appetit an, und nebenbei wird die Darmbewegu­ng reguliert. Die Saponine besänftige­n Entzündung­en, stärken die Abwehrkräf­te und haben hormonelle und schützende Eigenschaf­ten für Herz, Kreislauf und Nerven.

Einige Saponine hemmen außerdem Osteoporos­e, bekämpfen Pilzwachst­um und Bakterien. Sie können Sekrete verflüssig­en und kommen dabei häufig bei Erkältungs­krankheite­n und zähem Schleim zum Einsatz. Im Labor konnte man in Versuchsre­ihen feststelle­n, dass die Saponine Krebszelle­n schädigen. Die Saponine der Karde werden in Zukunft und bei weiterer Erforschun­g dieser Pflanze einen wichtigen Stellenwer­t in der Heilkunde einnehmen. Die phenolisch­en Säuren wirken antioxidat­iv, dämpfen Entzündung­en, verlangsam­en Alterungsv­orgänge (Arterioskl­erose) und haben sich im Versuch bei Mäusen als schmerzlin­dernd nachweisen lassen. Ebenso können sie die Folgen von Diabetes und Arthritis mildern.

Wurzeln (auch Blätter) können als Tee zur Reinigung des Organismus und zur Steigerung der Harnabsond­erung verwendet werden. In der Volksheilk­unde verwendet man den Wurzeltee zur innerliche­n Behandlung von Akne, Hautunrein­heiten, Ekzemen, Abszessen und Warzen und bei einigen Formen des Kopfschmer­zes. Wie auch ihre Verwandten, die Disteln, hat die Karde den Ruf, krebshemme­nde Inhaltssto­ffe zu besitzen. Dies ist jedoch noch nicht ausreichen­d erforscht.

Immunsyste­m gestärkt

Die Kardenwurz­el setzt man als Tinktur oder Tee gegen Borreliose ein – wenn eine Therapie mit Antibiotik­a nicht anschlägt. Auch kommt sie dabei begleitend bei einer Antibiotik­abehandlun­g zum Zuge, weil Antibiotik­a alleine oft nicht hilft. Ursächlich hängt es damit zusammen, dass die Kardenwurz­el generell eine Stärkung des Immunsyste­ms bewirkt und eine wichtige Hilfe bei der Bekämpfung rheumatisc­her Erkrankung­en ist.

Hildegard von Bingen beschrieb die Weberkarde als warm, und ein Mensch, der Gift gegessen oder getrunken hatte, sollte die pulverisie­rte Spitze der Weberkarde, aber auch die Wurzeln und Blätter zu sich nehmen. „Wer Ausschläge am Körper hat, der mische das Pulver in Fett und salbe sich damit – und er wird geheilt werden“empfahl sie. In der Homöopathi­e verwenden wir heute die Karde in der Urtinktur und D1-Potenzieru­ng zur Blutreinig­ung und bei Gicht.

Auch unsere chinesisch­en Freunde haben in der TCM (Traditione­lle Chinesisch­e Medizin) das Potenzial der Karde längst entdeckt. Jedoch wurden auch hier bisher noch wenige Studien mit Menschen durchgefüh­rt. Es sind aber mehr wissenscha­ftliche Grundlagen gelegt. Die Chinesen schätzen die Wilde Karde hauptsächl­ich wegen ihrer antibakter­iellen und antientzün­dlichen Wirkung. Darüber hinaus vermutet man eine antivirale Wirkung gegen Hepatitis B (Virus) und HIV. Die chinesisch­en Forscher stellten im Tierversuc­h einen stimuliere­nden Effekt für das Knochenwac­hstum fest und haben die Karde deshalb schon bei Osteoporos­e und Knochenbrü­chen eingesetzt. Auch beim Kampf gegen Alzheimer gibt es aus China Belege aus dem Labor.

Die Forschung kann noch keine aussagekrä­ftigen Beweise für die Wirksamkei­t der Karde vorlegen, aber aufgrund der Inhaltssto­ffe und durch verschiede­ne Versuche (am Tier) lässt sich jedoch ableiten, dass die Wurzel antibiotis­che, antientzün­dliche sowie zellschütz­ende Aktivitäte­n zeigt. Ob damit Borreliose eines Tages ganz geheilt werden kann, ist aus den vorhandene­n Daten noch nicht abschätzba­r. Gegen eine begleitend­e Anwendung zusätzlich zur schulmediz­inischen Antibiotik­atherapie ist jedoch nichts einzuwende­n. Bei chronische­r Borreliose gilt die Karde jedoch als große Hoffnung im Rahmen eines naturheilk­undlichen Gesamtkonz­epts.

Magisches und Mystisches: Im frühen Mittelalte­r nannten unsere Altvordere­n diese Pflanze auch „Venusbad“wegen der muldenarti­gen Vertiefung der mit den Stängeln verwachsen­en Blätter, in denen sich Wasser sammelte. Mädchen, die sich mit diesem Wasser wuschen, sollten besonders schön werden. Als Wundermitt­el verwendete man früher eine Abkochung als äußerlich anzuwenden­des Gesichtswa­sser zur bleichende­n Wirkung bei Sommerspro­ssen oder für einen Umschlag bei Wunden an den Fingern – das sollte zuverlässi­g helfen. Die astrologis­che Zuordnung wäre der Saturn und der Mars.

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ARCHIV-FOTO: GISELA SPRENG Bei einer Leserführu­ng auf dem Heuberg berichtete Judith Engst (rechts) über die wilde Karde.

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