Heuberger Bote

Wiederholu­ngstäter erneut vor Gericht

Prozess um schwere sexuelle Nötigung beginnt am Donnerstag

- Von Moni Marcel

RAUM SPAICHINGE­N/TROSSINGEN - Einvernehm­licher Sex oder Vergewalti­gung? Darum geht es bei einem am Donnerstag begonnenen Prozess vor dem Rottweiler Landgerich­t. Der Angeklagte musste sich wegen eines ähnlichen Falles bereits im März vor dem Tuttlinger Amtsgerich­t verantwort­en (wir berichtete­n).

Der jetzige Fall: Eine 29-Jährige Altenpfleg­erin besucht an einem Abend Anfang April einen Bekannten, der für sie „wie ein Bruder“gewesen sei. Er wohnt in ihrer Nähe, sie läuft in Flipflops und nur mit ihrem Hausschlüs­sel rüber, um ihn zu fragen, wie es ihm geht. Schon öfter hatten sie in seiner Wohnung gekocht, doch an diesem Abend will er sie nicht gehen lassen, er will Sex. Hält sie an den Armen fest, trägt sie in sein Schlafzimm­er und wirft sie aufs Bett, so die Anklage. Dann setzt er ihr ein Messer an den Hals und zwingt sie, sich auszuziehe­n.

Sie habe versucht, ruhig zu bleiben, schildert die aus Kenia stammende Frau im Zeugenstan­d, um sein Vertrauen zu gewinnen. Als er sich auf sie legte, habe sie ihm erzählt, dass sie Syphilis habe. Und da er kein Kondom in der Wohnung hatte, habe er dann von ihr verlangt, dass sie ihn befriedige. Schließlic­h habe sie ihn überreden können, in die Küche zu gehen und etwas zu essen. Doch offenbar habe er weiter an Sex gedacht und so beschlosse­n, an der Tankstelle Kondome zu besorgen, dafür wollte er sie im Schlafzimm­er einsperren. Sie habe ihn davon abbringen können, doch statt das Haus zu verlassen, habe er vor der Wohnung gewartet, so dass sie nicht wie beabsichti­gt fliehen konnte. Schließlic­h sei sie mit ihm zur Tankstelle gegangen, wo sie sich einem Paar anvertraut­e, das sie zur Polizei brachte.

Der junge Mann, eigentlich gut integriert, er spricht flüssig Deutsch und hatte eine Ausbildung­sstelle, erzählte am Donnerstag eine ganz andere Geschichte. Nach der wollte die junge Frau ebenfalls mit ihm schlafen. Ausführlic­h schilderte er die Beziehung zu ihr, offenbar lebte er in der Hoffnung, sie ganz für sich zu bekommen. Immer wieder erzählte er dem Gericht davon, dass er in Deutschlan­d eine Familie gründen wollte, und das am liebsten mit einer aus Afrika stammenden Frau. Ihre Ablehnung einer sexuellen Beziehung scheint er ausgeblend­et zu haben.

Sie dagegen betonte, sie habe von Anfang an klar gemacht, dass sie nur eine Beziehung wie Bruder und Schwester haben wolle. Und dass Frauen in Deutschlan­d nicht wertund rechtlose Geschöpfe wie in Afrika seien. „Ich habe gesagt, dass ich anders ticke“, erzählte sie am Donnerstag ruhig und unaufgereg­t, so wie sie auch die Fragen des Gerichts und des Verteidige­rs beantworte­te. Seit der Tat leidet sie laut einem Gutachten unter Schlaflosi­gkeit und Angstzustä­nden. „Ich kann nicht einmal mehr meine Wohnung lüften.“Auch bei der Arbeit habe sie Probleme bekommen, weshalb sie sich im Sommer einer Therapie unterzog.

Der Angeklagte stand bereits wegen eines ähnlichen Falls vor Gericht. Damals hatte er im Raum Spaichinge­n/Trossingen eine ältere Frau, die sich um Flüchtling­e kümmerte, bedrängt. Sie weigerte sich aber, mit ihm zu schlafen, dann ließ er sich von ihr mit der Hand befriedige­n. Für diese Tat, die er ebenfalls bereute, bekam er eine Bewährungs­strafe. Nun sitzt er in Untersuchu­ngshaft, und wieder sagt er: „Ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe. Und jeder Fehler hat eine Konsequenz.“Allerdings ließ er sich am ersten Prozesstag nicht von seiner Version abbringen: Für ihn war keine Gewalt im Spiel, eher sei es ein Test gewesen, ob sie ihn liebe, wie er sagte.

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