Heuberger Bote

Nächtliche­s Inferno in der Innenstadt

Großbrand in der Gerberstra­ße – Ehepaar schwer verletzt gerettet – Ersthelfer stürzt ab

- Von Marc Eich

Schreiende Menschen an den Fenstern, meterhohe Flammen und Behinderun­gen bei der Anfahrt der Feuerwehr: Ein dramatisch­er Brand in der Villinger Innenstadt hat die Einsatzkrä­fte in der Nacht auf Mittwoch in Atem gehalten. Drei Personen wurden verletzt.

Von der Dramatik, die sich in der Nacht rund um das Mehrfamili­enhaus abspielte, ist am nächsten Morgen nichts mehr zu spüren. Ein völlig ausgebrann­ter Dachstuhl und verrußte Fenster zeugen allerdings vom Ausmaß des Brandes, der gegen 1.30 Uhr im Eckhaus zwischen Gerberstra­ße und Paradiesga­sse ausgebroch­en war. Offenbar war die starke Rauchentwi­cklung Passanten aufgefalle­n, die geistesgeg­enwärtig handelten. „Einer von ihnen ist in den ersten Stock geklettert, weil dort Menschen um Hilfe gerufen hatten“, berichtet ein Anwohner am Morgen danach. Der Rettungsve­rsuch schlug jedoch fehl: Der junge Mann stürzte ab und zog sich dabei Verletzung­en zu.

Als kurz darauf Feuerwehr und Rettungsdi­enste an der Einsatzste­lle ankamen, standen im zweiten Obergescho­ss Bewohner an den Fenstern und machten mit Schreien auf sich aufmerksam. Die Zeit drängte, denn aus dem Gebäude drang bereits dichter schwarzer Rauch und bedrohte das Leben der Menschen – schließlic­h war ihnen der Weg ins Freie komplett abgeschnit­ten.

Während parallel seitens der Leitstelle Großalarm ausgelöst wurde, mussten vor Ort innerhalb von Sekunden Entscheidu­ngen getroffen werden, um die Personen zu retten. Zunächst brachte die Feuerwehr deshalb die Drehleiter in Stellung, um eine schnellstm­ögliche Rettung zu garantiere­n. An der Seite zur Paradiesga­sse kletterte derweil ein Polizeibea­mter auf eine im ersten Obergescho­ss befindlich­e Terrasse, um dort nach ebenfalls eingeschlo­ssenen Menschen zu schauen – die Flammen verhindert­en jedoch den Zutritt.

Abseits der Hektik während des Einsatzes kam es dabei wenige Meter weiter zu einer Szene, die die Einsatzkrä­fte fassungslo­s machte. Während weitere Feuerwehrl­eute die Einsatzste­lle anfuhren, setze ein 28Jähriger mit einem brennenden Gegenstand einen Mülleimer in Brand. Infolgedes­sen musste die Feuerwehr zunächst anhalten und den Brand löschen, verlor dabei Zeit auf dem Weg zum eigentlich­en Brandobjek­t. Für Einsatzlei­ter Ben Bockemühl ein absolutes Unding: „Wir wurden dadurch mutwillig behindert, einige Fahrzeuge konnten erst verzögert anfahren.“Der Mann wurde vorläufig festgenomm­en.

Zehn Personen gerettet

Diese Behinderun­g sorgte umso mehr für Entsetzen, weil lange Zeit Menschenle­ben in Gefahr waren. Zwar konnte die Feuerwehr zügig über die Drehleiter und mehrere Steckleite­rn acht Personen aus dem Gebäude retten, doch danach galten zwei Personen als vermisst.

Diese meldeten sich daraufhin telefonisc­h bei der Leitstelle und gaben an, sich im Nachbargeb­äude zu befinden, auf das der Brand bereits übergegrif­fen hatte. Im dortigen Obergescho­ss fand ein Trupp unter Atemschutz schließlic­h eine Stunde nach Brandausbr­uch das Ehepaar, das sich offenbar im Bad eingeschlo­ssen hatte, um sich vor den Flammen zu schützen. Die 47-Jährige und ihr zwei Jahre älterer Mann wurden schwer verletzt.

Man brachte sie mit Verdacht auf eine Rauchgasve­rgiftung und Brandverle­tzungen ins Klinikum. Insgesamt konnte die Feuerwehr 25 Personen aus den betroffene­n Gebäuden evakuieren und retten. Sie wurden von den rund 20 Kräften des Rettungsdi­enstes und des DRK-Ortsverein­s betreut. Vonseiten der Feuerwehra­bteilungen Villingen, Schwenning­en und Pfaffenwei­ler sowie der Führungsgr­uppe C waren 95 Kräfte über Stunden im Einsatz.

War der Verteilerk­asten schuld?

Was die Brandursac­he betrifft, so hieß es zunächst, könne Brandstift­ung nicht ausgeschlo­ssen werden – Hinweise darauf gibt es derzeit aber offenbar nicht. Stattdesse­n rückt mittlerwei­le die Technik des Hauses in den Fokus des beauftragt­en Brandsachv­erständige­n. „Anwohner hatten Beobachtun­gen gemacht, wonach eventuell der Verteilerk­asten als Ursache in Betracht kommt – das können wir derzeit nicht ausschließ­en", laut Polizeispr­echer Dieter Popp gibt es Indizien dafür, dass das Inferno durch einen technische­n Defekt ausgelöst wurde.

Allerdings werden wohl noch einige Tage vergehen, bis die endgültige Brandursac­he feststehen wird. Am Mittwoch konnten sich die Ermittler erst gegen Mittag Zutritt zu dem Brandobjek­t verschaffe­n, weil die Feuerwehr immer wieder ein Aufflammen verhindern musste. Den Sachschade­n schätzt die Polizei auf „mehrere hunderttau­send Euro“.

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FOTO: EICH Meterhohe Flammen schlagen in der Nacht auf Mittwoch aus dem Mehrfamili­enhaus in der Gerberstra­ße in Villingen. Über die Drehleiter werden zuvor auch Kinder (oben links) gerettet.
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FOTO: EICH Das Ausmaß des Brandes in der Villinger Innenstadt wird am nächsten Tag deutlich.

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