Der letzte Weg der Grabsteine
Nach Ablauf der Ruhezeit werden die Andenken entsorgt, wie zur Zeit in Seitingen-Oberflacht
- Ein Grab ist eine der letzten Erinnerungen, die Angehörige an einen gestorbenen Menschen haben. Für immer ist die Gedenkstätte aber nicht. In Seitingen-Oberflacht räumen derzeit zwei Mitarbeiter des Bauhofs Grabstellen ab, deren Ruhezeit abgelaufen ist.
Wie lange diese dauert, legt die Gemeinde fest. In Seitingen-Oberflacht haben Erdbestattungsgräber eine Ruhezeit von 30 Jahren, Urnengräber eine von 15 Jahren. Bei insgesamt 16 Erdgräbern und sechs Urnengräbern ist nach Angaben der Gemeinde dieses Jahr die Ruhezeit abgelaufen – mehr als sonst, meint Hubert Bacher, der Leiter des Bauhofs.
Er erinnert sich, dass es auch Jahre gab, in denen es lediglich vier oder sechs Gräber waren. Am Donnerstag haben er und ein Mitarbeiter begonnen, die Granitplatten um die Gräber im Bauhof zu stapeln, um sie vielleicht wieder verwenden zu können. Außerdem haben die beiden Grabpflanzen sowie die ersten Grabsteine und Fundamente abgeräumt. Die Pflanzen werden zur Grünschnittannahmestelle nach Aldingen gebracht, die Grabsteine nach Tuttlingen zu einem Entsorgungsunternehmen.
Die Angehörigen würden zwar vor Ablauf der Ruhezeit informiert, doch die wenigsten würden den Grabstein behalten wollen, hat Seitingen-Oberflachts Bürgermeister Bernhard Flad die Erfahrung gemacht. Die Mehrheit überlasse die Abräumarbeiten dem Bauhof. Bei dem Entsorgungsunternehmen würden die Grabsteine „vermutlich geschreddert und in irgendeiner Form wieder verwertet“, meint Flad. Aus Gründen der Pietät sei das schwer vorstellbar, aber die Grenzen heutzutage seien weiter. Früher, erinnert sich Flad, war das anders: „Man hat die Grabsteine aufgehoben. Steinmetze haben diese wieder aufbereitet.“Seiner Einschätzung nach sei das heutzutage weniger rentabel. Und er wirft die Frage auf, was Angehörige mit dem Stein machen, wenn sie beispielsweise keinen Garten besitzen.
Der Tuttlinger Bildhauer Frank Teufel erinnert sich, dass er aus Grabsteinen bereits eine Skulptur und eine Sitzbank gefertigt sowie zu einem Stein für den Garten umgearbeitet hat. „Das kommt aber höchstens einmal im Jahr vor“, schätzt Teufel.
Kosten richten sich nach dem Aufwand und dem Gewicht
Der Bauhofleiter Hubert Bacher und sein Mitarbeiter sind noch lange nicht fertig mit den Arbeiten auf dem Friedhof: Sie müssen beispielsweise noch weitere Erd- sowie die Urnengräber entsorgen, Erde und Humus auf die freien Grabstellen aufschütten und – sofern es das Wetter zulässt – Gras ansäen. Für die nächsten fünf bis zehn Jahre wird die abgeräumte Stelle nach Angaben von Flad nicht belegt.
Die Kosten für die Abräumarbeiten übernehmen die Angehörigen. Wie viel letztlich zusammenkommt, kann der Bürgermeister schlecht abschätzen. „Die Kosten richten sich nach dem Aufwand“, erklärt er. Außerdem würde bei der Entsorgung das Gewicht mit ausschlaggebend sein.