Der Verkehr ist Dreh- und Angelpunkt
Dorfentwicklungskonzept: Verkehr schränkt Gestaltungsmöglichkeiten der Ortsmitte ein
- Schura stolpert bei der Zukunftsplanung über ein ewiges Problem: Das Verkehrsaufkommen in der Langen Straße und Espachstraße. „Das ist der Dreh- und Angelpunkt“, fasste Wolfgang Schoch die Diskussionen zum Integrierten Dorfentwicklungskonzept in der Sitzung am Donnerstagabend zusammen.
Bei dem Konzept geht es darum, „vorzugeben, wo Schuras Reise hingeht“, erläuterte Ortsvorsteher Dieter Kohler. Dazu gehört die Entwicklung in Bereichen wie Wohnen, Arbeit, Verkehr, Versorgung und Soziale Infrastruktur. Den Entwurf dafür stellte Matthias Sacher, verantwortlich für Wirtschaftsförderung, Standort- und Immobilienentwicklung der Stadt Trossingen, am Donnerstag vor.
Der Entwurf konzentriert sich auf die Ortsmitte und die Entwicklungsbereiche, wobei das Gewerbegebiet „Neuen“ausgeklammert wird. Auf der Grundlage des bisherigen Bevölkerungswachstums - Schura wuchs von 600 Einwohnern nach dem Krieg auf aktuell rund 1700 Einwohner an schätzte Sacher, dass die vorhandenen Flächen 15 bis 20 Jahre reichen könnten. Dazu zählte er sowohl unbebaute wie auch baulich nachverdichtbare Grundstücke. 14 Potenzialflächen von insgesamt rund 60 000 Quadratmeter machte er aus, von denen sich viele in Privatbesitz befinden. Darunter sind drei große, zusammenhängende: Wetteäcker, Brühl 4 und Obere Breite. „Wir werden uns nochmal Gedanken machen, wie wir die Eigentümer überzeugen können, dass es gut ist, wenn diese Flächen Baugebiet werden“, sagte Kohler.
Sorge um den Dorfcharakter
Bauchweh hatte Wolfgang Schoch eigenen Aussagen zufolge hinsichtlich weiterer Entwicklung, die mit Flächenverbrauch verbunden sei - der dörfliche Charakter würde so ganz verschwinden.
Auch Dieter Kohler vertrat die Meinung, Schura solle „nicht den Ehrgeiz haben, in den nächsten 20, 30 Jahren auf 2000 Einwohner zu kommen“. Ohnehin könne der Ort wenig Potenzial für tolle Baugebiete bieten, da fast alle geeigneten Flächen in Privatbesitz seien. Derzeit seien aber zwei Projekte mehrgeschossigen Wohnungsbaus in Arbeit: „Das ist auch eine Möglichkeit.“
Richard Fisel hingegen fand: „Wir können nicht sagen, wir wollen nicht wachsen, wenn wir ein großes Gewerbegebiet wie Neuen haben.“Viele, die dort arbeiteten, würden sicher auch gerne in Schura wohnen. Dadurch würde sich vielleicht auch der Pendlerverkehr reduzieren. Raimund Kornacker indessen wies darauf hin, dass man sich die Leute, die Baufläche benötigten, ja auch aussuchen könne - und bevorzugen, wer schon in Schura wohne.
Als mehr Fluch als Segen sah Sacher die stark frequentierte Ortsdurchfahrt an, die zwar einerseits für die Nahversorgung positiv sein sollte, andererseits mindere der Verkehr die Aufenthaltsqualität in der Ortsmitte. Es gebe kaum Freibereiche, kaum Sitzgelegenheiten, kaum Treffpunkte. „Bei meinen Begehungen ist mir auch aufgefallen, dass kaum Fußgänger unterwegs sind“, sagte Sacher, der dies auf den Verkehr zurückführte. Er schlug gestalterische Möglichkeiten, beispielsweise Bäume, vor, um den Verkehr zu kanalisieren.
„Ich sehe da nicht viele Möglichkeiten“, sagte Willi Link. Neue Sitzund Treffpunkte würden aufgrund des Verkehrslärms kaum Sinn ergeben. „Wir haben wirkliche Probleme, in der Ortsmitte etwas auf die Beine zu stellen. Der Verkehr ist so stark, dass sich ältere Leute oft nicht mal aufs Fahrrad trauen.“
Wolfgang Schoch stimmte dem zu: In den 50er- und 60er-Jahren sei Schura noch idyllisch gewesen. „Wir hatten aktive Vereine, dörfliches Leben, Geschäfte. Davon sind wir aufgrund der Verkehrssituation heute weit weg. Wenn wir den Verkehr nicht hätten, wäre die Ortsmitte kurortmäßig - und wenn wir ihn nicht rauskriegen, werden wir keine große Entwicklung hinbekommen.“Er war der Ansicht, dieses Problem müsse überregional gelöst werden: Der Verkehr könne über die Bundesstraße und die Südost-Umgehung gelenkt werden - wofür das Regierungspräsidium zuständig wäre. Kohler schlug vor, ins Konzept den Punkt aufzunehmen, dass der Transitverkehr aus Schura verschwinden müsse.