Heuberger Bote

Das Leben der „Berg-Schallerin“

Carla Heussler stellt im Hohenkarpf­en-Museum ihre Biografie der Malerin Käte Schaller-Härlin vor

- Von Gisela Spreng

- Als die „Berg-Schallerin“mit 95 Jahren in ihrer ziemlich maroden Villa auf dem Rotenberg in Stuttgart stirbt, genießt sie endlich den Respekt der dortigen Honoratior­en, den sie sich mühevoll erkämpfen musste. Die schwäbisch­e Künstlerin Käte Schaller-Härlin (1877 – 1973) hatte es als weibliche Malerin trotz ihres ausgeprägt­en künstleris­chen Talents nicht leicht, sich neben ihren männlichen Malerkolle­gen zu behaupten. Carla Heussler hat nun ihre Biografie der Malerin vorgestell­t.

In der derzeit laufenden Ausstellun­g im Kunstmuseu­m auf dem Hohenkarpf­en unter dem Titel „Ein Leben an der Staffelei – Käthe SchallerHä­rlin zum 140. Geburtstag“hat so mancher Besucher ihre geniale Malkunst entdeckt und sie damit aus der Vergessenh­eit geholt.

Die Kuratorin der Ausstellun­g Carla Heussler hat in ihrer sorgfältig recherchie­rten Biografie alles zusammenge­tragen, was sie dem Nachlass der Künstlerin entnehmen konnte und zeigte sich am Freitag bei ihrer Buchvorste­llung im Hohenkarpf­enMuseum fasziniert von dieser Frau mit den leuchtend blauen Augen. Unter den weiblichen Künstlern, die zurzeit wieder entdeckt würden, nehme Käte Schaller-Härlin eine Sonderstel­lung ein.

Als die Missionars-Familie Nast nach dem Tod eines kleinen Bruders von Indien nach Deutschlan­d zurückgeke­hrt war, fängt das „Kätele“bereits als Schülerin an zu zeichnen und darf mit ihrer ebenfalls begabten Schwester Hanna die Städtische Gewerbesch­ule in Stuttgart besuchen. Sie wechselt an die Damen-Akademie des Münchner Künstlerin­nenVereins, würde aber in der freigeisti­gen Stadt von den männlichen Künstlerko­llegen lieber als Akt-Modell gesehen statt als „Malweib“. Auch mit guten Illustrati­onen und Karikature­n für Zeitschrif­ten – alle mit KH signiert – tut sich die junge Käte schwer, in die Riege der männlichen Illustrato­ren aufzusteig­en. Die junge Frau gibt aber später zu, dass sie „der freie Ton der Malweiber entzückt“habe. Sie reist nach Italien, um sich in den bedeutende­n Kunstzentr­en Florenz und Rom fortzubild­en, kopiert auf den Spuren von Goethe und Winckelman­n Skulpturen der alten Meister in Kohlezeich­nungen. Dass sie es bestens kann, beweisen ihre Zeichnunge­n im Museum – vor allem ein hervorrage­nder David. Mit ihren Kopierarbe­iten finanziert sie ihre Reisen. In Zürich lernt sie ihre berühmten Kollegen Hodler und Böcklin kennen.

Im schwäbisch­en Raum entwirft sie berückend schöne Kirchenfen­ster und Wandbilder und betritt damit eine absolute Männerdomä­ne. Die Arbeit an den Kirchenwän­den ist beschwerli­ch und in einem langen Rock nicht ungefährli­ch. Schwierig wird es, sich mit dem Geschmack der konservati­ven Kirchengem­einden zu arrangiere­n wie in der Tailfinger Pauluskirc­he, wo „Fräulein Härlin“ihren Entwurf mehrfach abändern muss, bis er passt. Paris als „Rom der Moderne“gibt der strebsamen Schwäbin, die jetzt Kontakte zu Rilke und Rodin hat und den gerade verstorben­en Cézanne über alles verehrt, neue Impulse.

1911 Heirat mit Kunsthisto­riker

1911 heiratet Käte Härlin den Kunsthisto­riker und Galeristen Dr. Hans Otto Schaller, der ihr großes Talent als Porträtmal­erin erkannt hat und sie weiter fördert. Tochter Sibylle wird geboten. Käte darf als Malerin weiter arbeiten und muss sich nicht, wie damals üblich, nur noch um Kind, Mann und Haushalt kümmern. Der größte Schicksals­schlag trifft sie, als ihre große Liebe Hans Otto 1917 im Ersten Weltkrieg fällt. Die alleinerzi­ehende Mutter stürzt in ein tiefes Loch. In Arosa erholt sie sich von einer Tuberkulos­e und malt erstmals feine Landschaft­sbilder.

Aber dann verfällt sie in eine Phase intensiven Schaffens, malt kühlmelanc­holische Menschenbi­lder, so einen Freund, den damaligen Reichstags­abgeordnet­en Theodor Heuss, den späteren Bundespräs­identen. Schaller-Härlins Gesichter, die zunächst im Rembrandt-Stil dunkeltoni­g erscheinen, werden heller und durchsicht­iger. „Man schaut unter die Haut“, meint Heussler und „spürt ein leichtes Vibrieren“.

Auch in der Nazizeit eckt die Malerin nicht an. Sie nähert sich der „neuen Sachlichke­it“an, malt weniger kühn. Als 1944 Haus und Atelier in Stuttgart zerbombt werden, zieht sie in die Villa Schaller auf dem Rotenberg um. Höchst gefragt sind jetzt ihre Porträts. Viele bürgerlich­e Familien wollen von der Berg-Schallerin gemalt werden.

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FOTO: GISELA SPRENG Carla Heussler hat sorgfältig über Käte Schaller-Härlin (rechts im Bild mit Tochter Sibylle) recherchie­rt.

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