Im Gedenken an die Opfer der NS-Diktatur
(pm) - Zum zweiten Mal werden am kommenden Mittwoch ab 14 Uhr die sogenannten Stolpersteine in Tuttlingen verlegt. Die Kunstaktion „Stolpersteine“wurde vom Kölner Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen und soll an die Opfer der NS-Diktatur erinnern. In Tuttlingen wurden vergangenes Jahr bereits fünf Steine gesetzt.
Die Verlegung beginnt am Haus an der Nendinger Allee 9, das der jüdische Viehhändler Julius Fröhlich erbaute und mit seiner sechsköpfigen Familie bewohnte. Julius und Elise Fröhlich flohen mit ihren vier Kindern vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten nach Palästina und konnten so der Ermordung entgehen.
An der zweiten Station wird am Gebäude Ludwigstaler Straße 11 an Hermann Steck erinnert, der als Schuhmacher oft mit Aceton zu tun hatte, nach einem Unfall 1930 zunehmend von Misswahrnehmungen heimgesucht und schließlich 1932 in die Heilanstalt Zwiefalten eingewiesen wurde. Von dort wurde er am 13. November 1940 in die Tötungsanstalt Grafeneck gebracht und ermordet.
Deportiert, erschossen, verscharrt
An der dritten Station in der Hermannstraße 23 wird an die Familien Kälbermann und Blatt gedacht. Die neunjährige Edith Kälbermann wurde 1941 zusammen mit ihrer Mutter Else nach Riga/Lettland deportiert, kam ins Lager Jungfernhof, wurde in den umliegenden Wäldern erschossen und verscharrt. Ihr Vater, Isidor Kälbermann, konnte in letzter Minute über England in die USA emigrieren. Dorthin war auch schon sein Bruder Ludwig mit seiner Ehefrau Dina und ihrem Sohn Werner ausgewandert. Die Großeltern von Edith Kälbermann, Rosalie und Siegfried Blatt, waren 1937 von Großgerau nach Tuttlingen gezogen. Sie wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert und in Treblinka oder Minsk ermordet.
Verhaftet nach Attentat
Die vierte Station im Flachsweg 2 erinnert an einen politisch Verfolgten: Oskar Heuberger. Er betätigte sich ab den 1930er Jahren zunehmend journalistisch für verschiedene KPDParteizeitungen, agierte im Widerstand gegen Hitler und die Nationalsozialisten. Im März 1933 wurde er verhaftet und kam vom Oberamtsgefängnis, ins KZ Heuberg und ins KZ Oberer Kuhberg. Außerdem saß er im Gefängnis in Rottenburg, da er angeblich Reichspräsident Paul von Hindenburg beleidigt hatte. 1935 wurde Heuberger zwar aus dem KZ entlassen, aber weiterhin beobachtet. 1944 nach dem Attentat auf Hitler wurde er erneut verhaftet.
Die letzte Station am Gebäude Stuttgarter Str. 8 ist Gustav Adolf Hilzinger gewidmet, der 1941 in der Tötungsanstalt Hadamar ermordet wurde. Dort ging das Morden an Behinderten und Kranken weiter, nachdem im Dezember 1940 die Tötungsanstalt Grafeneck geschlossen worden war. Gustav Adolf Hilzinger war der 1886 geborene Sohn des Felsenwirts Jakob Friedrich Hilzinger. Er besuchte in Tuttlingen die Schule, wird aber in späteren Jahren als „schwachsinnig“bezeichnet. 1925 kam er in die Zweiganstalt der Gustav-Werner-Stiftung nach Göttelfingen. Von dort wurde er nach Hadamar gebracht und ermordet.