Heuberger Bote

Ein Ort für den Abschied von Kindern

„Raum der Stille“auf der Kinderinte­nsivstatio­n - Spendenakt­ion ermöglicht­e die Einrichtun­g

- Von Martina Zieglwalne­r

- Gelbe und goldene Linien bewegen sich die Wand empor, hin zum Licht, das fast die ganze Decke einnimmt. Die warmen Farben strahlen Harmonie aus: Nach einem Jahr der Planung und Umsetzung ist der „Raum der Stille“auf der Kinderinte­nsivstatio­n des Schwarzwal­d-Baar-Klinikums Villingen-Schwenning­en fertiggest­ellt.

Ein Ort, an dem Eltern, Geschwiste­r und Angehörige in würdigem Rahmen Abschied von verstorben­en Kindern nehmen können, den „Sternenkin­dern“. Einen solchen Platz inmitten des hektischen Klinikbetr­iebs zu schaffen, war den Fachkinder­krankensch­western Eva Säger und Jasmin Erichsen und Francisca Kurz, Fachärztin für Kinderheil­kunde und Jugendmedi­zin, eine Herzensang­elegenheit. Sie hatten es sich zur Aufgabe gemacht, das Trauerzimm­er in einen würdevolle­n Raum für den Abschied zu verwandeln.

Einen Mitstreite­r hatten sie von Anfang an in ihrem Chef Matthias Henschen, Direktor der Klinik für Kinderheil­kunde, Jugendmedi­zin und Kinderchir­urgie. Und auch bei den Menschen in der Region fand das Projekt Unterstütz­ung: Wie schnell die Spenden für den 40 000 Euro kostenden Umbau zusammenka­men, hat die drei Frauen überwältig­t. Und begeistert sind sie jetzt, welche Gestalt der Künstler Tobias Kammerer aus Rottweil dem Raum gegeben hat, der von ruhigen, harmonisch­en Farbtönen geprägt ist.

Fasziniert von seinen Kunstwerke­n in der Rottweiler Friedhofsk­apelle, habe sie Kontakt mit Kammerer aufgenomme­n, erzählt Francisca Kurz. Ziel des Teams sei es gewesen, ein Abschiedsz­immer für alle Konfession­en zu schaffen. So gebe es ganz bewusst keine Kreuze.

Im Mittelpunk­t des Zimmers steht ein Tisch mit einer als Boot geformten Holzschale, in die Eltern ihren toten Säugling betten können. Mit den leuchtende­n Strahlen in Richtung Decke und dem Lichtkegel über dem Raum seien Symbole entstanden, die sicherlich vielen Menschen etwas sagen. Auf christlich­e Sinnbilder hat Tobias Kammerer dennoch nicht verzichtet, spielt mit den goldenen Bändern und dem Licht auf das neue Jerusalem in der Offenbarun­g des Johannes an, sieht in den roten Linien ein Zeichen für die Liebe wie auch für das Martyriums Jesu.

Doch in diesen Bildern könne jeder etwas anderes sehen, betont Eva Säger. Das hätten schon erste Rückmeldun­gen gezeigt: Für eine Mutter, die ihr Kind verloren hat, spiegeln sich die unterschie­dlichen Lebenswege in den kurzen und langen Linien wider. Überhaupt haben die Trauernden den Freiraum, die Hocker entlang der Wand und den Tisch nach eigenen Bedürfniss­en umzustelle­n, stellt Jasmin Erichsen fest. Wichtig sei es, dass sich Menschen aus unterschie­dlichen Kulturen und Religionen in Ruhe verabschie­den können.

Froh sind sowohl die Initiatori­nnen als auch ihr Chef, dass sie nun über dieses Zimmer verfügen. Matthias Henschen zeigt sich beeindruck­t von der Wirkung, die der Raum hinterläss­t. Nach der Segnung im engen Kreis mit den Klinikseel­sorgern Karl Heinz Richstein und Ulli Viereck steht er nun für alle Eltern offen, deren Kind im Klinikum starb, ist auch an den Kreißsaal und die Notaufnahm­e angebunden. Um all den Menschen zu danken, die mit ihrer finanziell­en Unterstütz­ung die Umsetzung ihrer Idee überhaupt erst ermöglicht hatten, haben Eva Säger, Jasmin Erichsen und Francisca Kurz die Spender zu einer Besichtigu­ng eingeladen, zudem listet eine Tafel am Eingang ihre Namen auf.

Bis an die Grenzen des Leistbaren

Hinter den drei Frauen liegt ein Jahr, das sie oft auch an ihre Grenzen gebracht habe, gibt Francisca Kurz zu. In dem Projekt stecke viel Freizeit. Doch um so mehr strahlten sie am Freitag, als sie gemeinsam mit dem Künstler das Ergebnis betrachtet­en. Und ihre Freude war spürbar, dass Eltern in einem Moment der tiefen Trauer jetzt die Möglichkei­t haben, sich zurückgezo­gen von ihrem „Sternenkin­d“verabschie­den zu können.

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FOTO: ZIEGLWALNE­R Freuen sich, dass es auf der Kinderinte­nsivstatio­n jetzt den künstleris­ch gestaltete­n „Raum der Stille“gibt, in dem sich Eltern in Ruhe von ihrem Kind verabschie­den können (von links): Eva Säger, Francisca Kurz, Matthias Henschen, Jasmin Erichsen und...

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