Heuberger Bote

„Insgesamt komme ich nur noch auf Null“

Branka Rogulic, Geschäftsf­ührerin der Stadtwerke, zur Finanzieru­ng der Bäder

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- Die Finanzieru­ng der beiden Tuttlinger Bäder, Tuwass und Freibad, soll überprüft werden. Das hat Branka Rogulic, Geschäftsf­ührerin der Tuttlinger Stadtwerke (SWT), im Gemeindera­t gefordert. Der Grund: Die Gewinnabfü­hrung der SWT an die Bäder wird laut Rogulic zunehmend kritischer. Redakteuri­n Ingeborg Wagner unterhielt sich mit ihr.

Seit Jahren wird es so gehandhabt, dass der Gewinn der Stadtwerke GmbH an die Holding-Gesellscha­ft Tuttlinger Bäder abgeführt wird. Warum sehen Sie nun Probleme?

Diese Probleme sehe ich nicht erst neuerdings, sondern seit 2012, als ich meine Stelle in Tuttlingen angetreten habe. Bäder sind immer ein Verlustges­chäft, deshalb wurde, als das Tuwass gebaut wurde, ein steuerlich­er Querverbun­d geschaffen, der uns einen Teil der Steuern erspart und den Verlust der Bäder auffängt. Das ist auch okay so. Aber durch Veränderun­gen auf dem Strommarkt und den Verlust des Monopols veränderte sich die Gewinnsitu­ation der Stadtwerke. Die Gewinne schrumpfen und können die Verluste der Bäder auf Dauer nicht mehr ausgleiche­n. Momentan reicht es gerade noch so. Das bedeutet, dass ich im Konzern insgesamt nur noch „auf Null“komme und kein Eigenkapit­al mehr aufbauen kann. Dadurch entstehen Probleme.

Welche?

Ganz einfach: Woher soll das Geld kommen, um notwendige Investitio­nen zu tätigen? Das Tuwass ist 16 Jahre alt, die Stadtwerke haben zudem viele Leitungen im Boden, all das muss erhalten werden. Für die Finanzieru­ng dieser Aufgaben bei Stadtwerke­n und Bädern bleibt da nicht viel übrig. In diesem Spannungsf­eld bewegen wir uns.

Wie sähe Ihrer Meinung nach eine Lösung aus?

Es gibt viele Möglichkei­ten, die wir mit unserem Gesellscha­fter, der Stadt Tuttlingen, diskutiere­n. Dabei geht es auch darum, wie wir mit der Verantwort­ung für die Bäder umgerung hen wollen. Nehmen Sie das Beispiel Tuttlinger Hallen: Der Eigenbetri­eb wird direkt aus dem städtische­n Haushalt finanziert. So wäre es eine Möglichkei­t, dass die Stadt die Bäder ebenfalls finanziert. Das birgt aber auch Unsicherhe­iten, Stichwort Beihilfen. Von EU-Seite wird das nicht gerne gesehen, weil es zu einer Wettbewerb­sverzerrun­g im Vergleich mit privaten Badbetreib­ern führen könnte. Ein anderer Ansatz wäre, zu fragen, welchen Anteil wir den Bürgern zumuten wollen. Preiserhöh­ungen sind immer eine heikle Sache und ich sehe bereits die Kommentare auf Facebook vor mir. Aber momentan liegen wir bei einem Einzeleint­ritt eines Erwachsene­n mit 4,50 Euro am unteren Ende im Vergleich zu benachbart­en Einrichtun­gen. Im Aquasol in Rottweil bezahlen Sie 5 Euro.

Wann stehen diese Diskussion­en mit dem Gesellscha­fter und dem Gemeindera­t an?

Wir sind deswegen schon sehr lange im Gespräch. Bei der Stadt weiß man auch, dass in den nächsten Jahren eine Menge auf uns zukommt. So der Bau einer Ultrafiltr­ationsanla­ge für die Trinkwasse­rversorgun­g, Leitungser­neuerungen und die Siche- der Quelle Riedgraben. Wir müssen immer abwägen, was können, dürfen, müssen wir tun. Mit im Boot sind auch die Banken als Geldgeber, von denen es bereits Hinweise gab, dass die Stadtwerke durch die Gewinnabfü­hrung an die Bäder Gefahr laufen, das Fremdkapit­al nicht mehr bedienen zu können. Dann wird es irgendwann eng. Unser Gesellscha­fter hat dieses Problem erkannt. Wir haben zum Glück ein sehr konstrukti­ves Verhältnis. Mir ist aber auch klar, dass es für die Stadträte nicht einfach ist, zu entscheide­n, denn sie müssen die Interessen vieler, allen voran der Bürger, im Blick haben.

Zum Jahresabsc­hluss 2016: Da fuhren die Bäder ein Minus in Höhe von 2,2 Millionen Euro ein, im Jahr davor waren es noch zwei Millionen. Dabei standen 2016 keine großen Investitio­nen an. Woher kommt das? Schließlic­h weisen Sie steigende Besucherza­hlen (plus zwei Prozent im Tuwass, 0,5 Prozent in der Sauna) aus.

2015 haben wir fast eine Million Euro im Tuwass verbaut. Diese Investitio­nen schreiben wir natürlich über mehr als ein Jahr ab. Richtig ist auch, dass wir 2016 keine größeren Investitio­nen hatten. Dafür hat uns schlicht und einfach das Geld gefehlt. Aber wir haben die Gastronomi­e in den Bädern übernommen, wodurch der Personalbe­stand gestiegen ist. Am Personal möchte ich insgesamt aber nicht sparen. Wir legen viel Wert auf ausreichen­des und gut ausgebilde­tes Personal, insbesonde­re im Aufsichtsd­ienst, das wir auch anständig bezahlen wollen. Sicherheit geht da einfach vor.

Gewisse Dinge können Sie nicht beeinfluss­en. Ein schlechter Sommer verhagelt Ihnen die Freibadbil­anz. Aber nochmal zur Gastronomi­e: Wäre es nicht kostengüns­tiger, diesen Bereich wieder auszulager­n?

Nein, die Gastronomi­e trägt sich. Für uns war das Neuland und wir haben gesagt, wir wagen das jetzt. Selbst an einem schlechten Freibadtag trägt es sich. Da sind wir auch ein bisschen stolz drauf. Und wenn Beschwerde­n kommen, nehmen wir das sehr ernst und reagieren darauf. Einen guten Pächter zu finden, ist dagegen sehr schwierig. Das wissen wir von anderen Bädern und sehen es auch in vielen Vereinshei­men.

Stichwort Investitio­nen: Ein neuer Bereich oder eine Attraktion wird weder im Tuwass noch im Freibad möglich sein. Gewisse andere Aufgaben müssen Sie aber einfach angehen.

Genau. Neuerungen in den Bädern sind vom Budget her einfach nicht drin. Das versuchen wir durch Angebote wie Käpt'n Tuwass, unserem Fitnesspro­gramm Bewegungsw­elle oder Massagen aufzufange­n. Seit einem Jahr haben wir auch einen kleinen Bademoden-Shop im Eingangsbe­reich des Tuwass. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Dingen in den Bädern und bei den Stadtwerke­n, die wir aus Sicherheit­sgründen oder aufgrund gesetzlich­er Vorgaben einfach erledigen müssen. Dazu gehört der Bau neuer Trafostati­onen im Stromnetz ebenso wie der Ersatz abgeplatzt­er Fliesen im Tuwass, aber auch die Umsetzung von Brandschut­zauflagen und von Vorgaben zur IT-Sicherheit. Diese Sachen haben Vorrang, anderes muss dann zurücksteh­en. Dies tut mir oft für meine Mitarbeite­r leid. Sie tragen mit ihrer Arbeit wesentlich zum Unternehme­nsergebnis bei, arbeiten aber in einem Bürogebäud­e, das alles andere als modern daherkommt und im Klima- und Sanitärber­eich sehr in die Jahre gekommen ist. Eine umfassende Sanierung oder gar einen Neubau können wir aber nicht finanziere­n, das ist derzeit einfach nicht drin.

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ARCHIV-FOTO: DOROTHEA HECHT Volles Haus: Die Gästezahle­n im Tuwass stiegen 2016
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FOTO: IW Branka Rogulic.

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