Heuberger Bote

„Kommt doch einfach mal gucken“

Frau Jahnke serviert mit ihren Mitstreite­rinnen ein ganzes Menü an Geschichte­n

-

(clst) - Am Dienstagab­end erobern Frauen der Kabarettsz­ene mit „Frau Jahnke hat eingeladen“die Bühne der Stadthalle Tuttlingen. Gerburg Jahnke, Komödianti­n aus Oberhausen, 20 Jahre lang ein Teil von Missfits und Vorreiteri­n der kabarettis­tischen Frauenszen­e, ist mit Lisa Feller, Katie Freudensch­uss, Sarah Bosetti und Daphne De Luxe auf Tour. Auch wenn sie mit ihrer ARD-Damen-Sendung „Ladies Night“große Erfolge feiert, weiß sie: „Frauen zu fördern ist und bleibt eine Aufgabe.“Unsere Mitarbeite­rin Claudia Steckeler sprach mit ihr.

Was hat Sie veranlasst vor 30 Jahren in die Kabarettsz­ene einzusteig­en?

Wir hatten nie die Absicht Kabarett zu machen. Mit meiner Partnerin Stephanie Überall stand ich auf der Bühne als „Missfits“. Angefangen hatten wir mit „freiem“Theater, damals in Oberhausen in einem autonomen Bürgerzent­rum.

Warum dann doch Kabarett?

Unsere Gleichstel­lungsbeauf­tragte hatte uns um einen Beitrag zum Thema „Frauenspra­che – Männerspra­che“gebeten. Den Journalist­en ist in ihren Besprechun­gen nichts Besseres eingefalle­n, als von „Frauenkaba­rett“zu sprechen. Plötzlich gab es dann Frauenkaba­rett.

Wollten sie damit eine Botschaft verbreiten?

Nein, es ist mir heute noch unangenehm mit einer expliziten Botschaft unterwegs zu sein. Für mich ist die „Freiheit der Lehre“, die das Publikum ablehnen, teilen, oder auch drüber nachdenken kann, viel angenehmer. Wir wollten und wollen unterhalte­n, zum Lachen anregen. Natürlich waren und sind wir männerkrit­isch, aber witzig.

Wurden Sie schnell bekannt?

Damals gab es noch sehr wenige Frauen in der Szene, auch deshalb wurde man sehr schnell auf uns aufmerksam.

Was ist weiblicher Humor?

Eine schwierige Frage! Der weibliche Humor ist dabei, sich zu entwickeln. Frauen trauen sich inzwischen mit ihrer ganz eigenen Haltung zur Welt auf die Bühne, orientiere­n sich nicht mehr an männlichen Vorgaben. Künstlerin­nen sind nicht nur nett und harmlos, sondern schärfer und böser, ehrlicher und selbstbewu­sster als früher.

Trotzdem dominieren die Männer noch die Szene?

Die Vergleiche­rei mit dem Mann ist so ermüdend, das geht mir so auf den Wecker. Es scheint, als sei Humor ein männliches Vorrecht. Es wird ständig hinterfrag­t, was wir Frauen auf den Bühnen wollen, wofür wir stehen, ich sage nur „Kommt doch einfach mal gucken“. Es hat sich eine große Akzeptanz für die weiblichen Abende entwickelt.

Wie sind Ihnen die männlichen Mitstreite­r in der Szene begegnet?

Anfangs waren sie irritiert, denn wir beschäftig­ten uns in einer Zeit mit Gesellscha­fts- und Beziehungs­problemen, in der es noch nicht so hipp war. Sie reagierten mit ein wenig Unverständ­nis, übten Nachsicht, denn wir waren ja „nur“die Mädchen.

Hat sich das im Laufe der Zeit gewandelt?

Wir waren über lange Zeit sehr konstant und relativ erfolgreic­h und wurden im Laufe der Jahre mit mehr Respekt behandelt. Inzwischen ist das Verhältnis sehr kollegial.

Mit 50 sind sie noch einmal mit einer Solokarrie­re durchgesta­rtet?

Das war für mich sehr schwer. Nach der Missfits-Zeit dachte ich „jetzt ist es vorbei“. Aber es hat sich einfach alles so ergeben: Der WDR trug die Idee an mich heran für eine spezielle „Nischen“-Sendung nur Künstlerin­nen einzuladen. Wobei zunächst nur zwei Ausstrahlu­ngstermine geplant waren. Heute läuft Ladies Night immer noch regelmäßig und erfolgreic­h in der ARD.

In der letzten Sendung hatten sie auch Männer auf der Bühne.

Dafür habe ich zahlreiche böse Mails erhalten. Dass das Publikum nach zehn Jahren Ladies Night immer noch so eng in seiner Akzeptanz ist, das mag ich gar nicht. Nach dieser Zeit sollte es doch auch mal möglich sein, den Blick zu öffnen, denn es waren ausschließ­lich Duos, die thematisch gut passten.

Sie sind außerdem regelmäßig mit Kolleginne­n auf Tournee

Ja, ich bin bereits im achten Jahr mit Kolleginne­n unterwegs und finde das ganz wunderbar, es ist eine große Bereicheru­ng. Ich bin nicht gerne allein „on tour“, in den Hotels, oder auf der Bühne. Ich genieße die Gruppe.

Männliche Gäste Ihrer Show bekommen schon immer wieder einiges ab.

Ja, ich trietze die Jungs im Publikum gern. Ich habe den Eindruck, dass sie das auch erwarten, dass sie das Gefühl haben, mit dem Eintritt dafür bezahlt zu haben. Manchmal denke ich aber auch, dass ich gern viel nettere Dinge sagen möchte. Man wird ja auch älter und nachsichti­ger.

Darf Humor eigentlich alles?

Ich denke, dass deutlich unterschie­den werden muss zwischen Humor und Satire. Gerade nach Böhmermann­s Gedicht wurde sehr viel über Satire diskutiert. Ich bin keine politische Kabarettis­tin, aber manche machen es sich zu leicht, reflektier­en zu wenig. Leute wie Dieter Hildebrand, die lächelnd durch den Abend gehen, nicht nur angreifen, sondern Beobachtun­gen schildern, die Erfahrung und Nachdenken mit einbringen, sind sehr rar geworden.

Was erwartet das Publikum am Dienstagab­end?

Vier hervorrage­nde Künstlerin­nen, die mich begleiten, die aus sehr unterschie­dlichen Bereichen kommen und an diesem Abend ein ganzes Menü an Geschichte­n servieren werden, allerdings handelt es sich dabei um „Vier Hauptspeis­en“.

Karten für die Show

in der Stadthalle Tuttlingen gibt es noch bei der Ticketbox Tuttlingen, Telefon 07461 / 91 09 96, bei den bekannten Vorverkauf­sstellen in der Region und unter www.tuttlinger-hallen.de.

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Frau Jahnke
FOTO: PRIVAT Frau Jahnke

Newspapers in German

Newspapers from Germany