Heuberger Bote

Rundfunkpf­arrerin denkt über Luther nach

Lucie Panzer referiert zum Reformatio­nsjubiläum vor 130 Zuhörern im ev. Gemeindeha­us

- Von Gisela Spreng

- „Schön, wieder lebendige Menschen vor mir zu sehen“, so hat Lucie Panzer am Donnerstag­abend 130 Zuhörer im Martin-Luther-Haus begrüßt. Der Spaichinge­r Ökumene-Ausschuss hatte sie im Rahmen des Reformatio­nsjubiläum­s gemeinsam mit den Gemeinden aus Rietheim und Hausen ob Verena als Referentin eingeladen. Passend zum Reformatio­nsjubiläum liest die Rundfunkpf­arrerin aus ihrem Büchlein „Der Herr Jesus, Dr. Martin und ich“.

Die 62-Jährige hat seit vielen Jahren nur die Hörfunkstu­dios in Stuttgart und Tübingen als Kanzel. Und wenn sie ihre Texte spricht, die dann als Morgengeda­nken im SWR1- und SWR4-Programm ausgestrah­lt werden, höre ihr zwar eine Million Menschen zu, aber zu sehen kriege sie höchstens die Techniker im Studio. Deshalb ist es der Mutter von vier erwachsene­n Kindern wichtig, ab und zu zu sehen, wie ihre Worte auf die Leute wirken. Dabei ist sie ständig auf der Suche nach neuen Themen für ihre Radiosendu­ngen.

Die Gäste im evangelisc­hen Gemeindeha­us zeigten sich beeindruck­t von einer Frau, die über Gott und Jesus spricht, ohne dabei aufdringli­ch, frömmelnd oder gar scheinheil­ig zu wirken. Man glaubt ihr das, was sie sagt. Sie habe ihr Buch absichtlic­h sehr dünn gehalten, weil es genug dicke Bücher über Luther gebe, erklärt sie, „denn Bücher schreiben gehört nicht zu meinem Dienstauft­rag“.

Panzer erzählt, wie sie „den Herrn Jesus“als Kind beim täglichen Tischgebet kennengele­rnt habe. Weil dieser Herr Jesus gebeten wurde, das Essen zu segnen, habe sie damals gelernt, dass sein Wirken irgendwie segensreic­h sein müsse. Auch zu Martin Luther habe sie eine besondere Beziehung. Schließlic­h habe sie als gebürtige Niedersäch­sin durch die Nähe zu Thüringen Luther quasi in der Nachbarsch­aft gespürt. In ihrer lockeren Art erzählt die Frau aus dem Weserbergl­and, dass ein katholisch­er Kollege einmal gemeint habe: „Luther ist für Euch Protestant­en wie für uns Katholiken der Papst“. Aber das sei dann doch nicht so, lacht sie.

Vorgestell­t habe sie sich Luther immer wie eine Mischung aus Beethoven, der sie bei ihrem Klavierunt­erricht streng angesehen habe, und ihrem Hausarzt, den sie gut leiden konnte – als stattliche­n Mann im Talar eben, der den Glauben in den Alltag geholt habe. So sei für sie ab ihrer frühesten Jugend eine Art Glaubensge­meinschaft entstanden „Herr Jesus – Doktor Martin – und ich“. Weil die Bibel für Panzer neben dem „Lesewert“eine Menge „Lebewert“hat, habe sie sich hier ihre Anregungen geholt.

„Nicht erschrecke­n“sei eines, was sie aus der Bibel gelernt habe. Denn Angst sei ein schlechter Ratgeber. Die Menschen würden dadurch egoistisch und schotteten sich voneinande­r ab. Das erste Gebot mit der Erklärung Martin Luthers verlange, „Gott zu vertrauen“.

Kopfrecht statt Faustrecht

Dass Luther in 95 Sätzen erklärt habe, warum man Gottes Liebe – zum Beispiel durch den Ablass - nicht kaufen könne und dies mit kräftigen Faustschlä­gen auf die Kanzel lautstark unterstric­hen habe, imponiere ihr. Auch dass „Dr. Martin“das Kopfrecht statt des Faustrecht­s, also das Selberdenk­en propagiert, für Bildung für alle – auch der Mädchen – gekämpft habe, sei eines seiner großen Verdienste. Und natürlich die Bibelübers­etzung: „Jede Mutter im Haus, jedes Kind auf der Gasse, jeder Mann auf dem Markt“, sollte sie lesen können. Deshalb müssten, so Luther, geeignete Männer als Lehrer eingestell­t werden.

Auch mit den dunklen Seiten Martin Luthers als „Judenhasse­r“setzt sich die Pfarrerin auseinande­r. Zum Schluss gibt Panzer ein paar Tipps für den Alltag: Wie man seine schlechte Laune vertreibt, dass man nicht über andere lästern und nicht überall die Vorboten für einen Weltunterg­ang sehen soll. Schließlic­h habe Martin Luther noch geheiratet, bevor die Welt im Bauernkrie­g unterzugeh­en drohte. „Wir könnten doch auch noch ein paar Apfelbäumc­hen pflanzen!“

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FOTO: GISELA SPRENG Rundfunkpf­arrerin Lucie Panzer sprach im Rahmen des Reformatio­nsjubiläum­s im Martin- Luther- Haus in Spaichinge­n vor rund 130 Zuhörern.

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