Harmonie im Spiel
Klavierduo Shalamov begeistert bei Auftritt in Wangen
WANGEN - Im Rahmen der Wangener Altstadtkonzerte konnte man das symbiotische Zusammenspiel von Alina und Nikolay Shalamov erleben: Die aus Bulgarien stammende Pianistin und ihr russischer Ehemann schlossen sich im Jahr 2009 zum Klavierduo zusammen und studierten gemeinsam an den Musikhochschulen in Sofia, Barcelona und Rostock. Der selten vergebene erste Preis beim ARD-Wettbewerb 2015 und zahlreiche weitere Auszeichnungen begleiten den Weg des jungen Musikerpaars. Mit Werken von Schubert, Brahms, Kurtág, Debussy und Ravel zeigten sie zudem ihre stilistische Vielseitigkeit und Überzeugungskraft.
Klavierduos sind meistens Geschwister oder Paare, erfordert doch das vierhändige Spiel an einem Flügel oder an zwei Klavieren ein hohes Maß an Vertrautheit in der klingenden Kommunikation. Bei Alina und Nikolay Shalamov harmoniert auch die Aufteilung in „oben“(primo) und „unten“(secondo), indem sie sich von Stück zu Stück in dieser Position abwechseln. Pianistische Individualität und kammermusikalisches Miteinander passen also bestens zusammen. Die Variationen von Schubert oder die ungarischen Tänze von Brahms belassen die beiden auf wunderbar natürliche Weise in ihrer Schlichtheit, bei der französischen Musik lassen sie die Funken sprühen.
Franz Schubert komponierte seine Variationen über ein eigenes Thema für die Comtessen Esterházy, die er während der Sommerferien auf Schloss Zseliz unterrichtete – dass er eine der beiden verehrte, ist bekannt. Das Klavierduo Shalamov entwickelte die Variationen aus dem marschähnlichen Thema heraus mit großer Anmut und in einem feinen Geben und Nehmen. Der Variantenreichtum der Figuren und Charaktere, die emotionale Tiefe der Adagio-Variation und das heiter schnurrende Finale ließen eintauchen in dieses häusliche Musizieren. Wie man Bekanntes immer wieder neu beleuchten und gestalten kann, erlebte man in der Interpretation der beliebten ungarischen Tänze von Brahms.
Leuchtende Klangfarben
Wer den ungarischen Komponisten György Kurtág vor einigen Jahren bei den internationalen Weingartener Tagen für Neue Musik im gemeinsamen Klavierspiel mit seiner Frau erlebt hat, wird es nicht mehr vergessen haben. „Jatekok“(Spiele) heißen seine Miniaturen für Klavier vierhändig, die das spielerische Ausprobieren von kleinen Kindern am Instrument spiegeln und dabei ganz exakt notiert sind. Bei aller Einfachheit erfordern sie höchste Konzentration und Anschlagskultur, die Alina und Nikolay Shalamov mit großer Achtsamkeit und Behutsamkeit gestalteten.
In den Six Épigraphes antiques beschwört Claude Debussy die griechische Antike herauf. Intensive Steigerungen in einem runden, satten Klang oder geheimnisvolle Nachtstimmungen waren hier eingefangen. Mit Ravels „Daphnis und Chloé“blieben die Künstler in dieser archaischen Welt und vermittelten auf 88 Tasten und mit vier Händen jene Urkraft, die der französische Komponist ursprünglich in Ballettsuiten für großes Orchester gefasst hatte. Klangrausch, rhythmische Ekstase und wohldosierte Dynamik brachten nochmals die Vorzüge dieses ausgezeichneten Duos zum Leuchten.