Mandinka und Paschtu fehlen noch
Stadt Tuttlingen bildet 30 Sprach- und Kulturdolmetscher aus - Neue Kostenregelung
TUTTLINGEN - 30 ehrenamtliche Sprach- und Kulturdolmetscher hat die Stadtverwaltung Tuttlingen von Anfang 2015 bis Oktober 2017 ausgebildet. Sie werden eingesetzt, wenn Migranten ohne oder mit nur geringen Sprachkenntnissen Hilfe brauchen. 28 verschiedene Sprachen werden angeboten, am größten ist die Nachfrage nach arabischen und rumänischen Dolmetschern. Weitere Ehrenamtliche werden dringend gesucht, sagt Claudia Kreller von der Abteilung Integration und Soziales der Stadt Tuttlingen.
Vor allem bei afrikanischen Sprachen, Mandinka und Somali, herrscht ein Mangel. Auch Paschtu (umgangssprachlich als Afghanisch bekannt) und Spanisch wurden bereits nachgefragt, könnten aber derzeit nicht bedient werden.
Niederschwelliges Angebot
Gedacht ist das niederschwellige Angebot, um Migranten Zugang zu Hilfesystemen zu ermöglichen, erklärt der städtische Integrationsbeauftragte Ralf Scharbach. Zum Beispiel bei einem Beratungsgespräch im Frauenhaus oder wenn Kindergärten oder Schulen einen Austausch mit den Eltern wünschen. „Bei solchen Gesprächen ist es unangebracht, wenn ein Nachbar oder ein älteres Kind den Übersetzer spielt“, so Scharbach. Deshalb können sich diese Einrichtungen – auch Schulen, Beratungsstellen oder Ärzte – an die Stadt wenden und nach einem Sprach- und Kulturdolmetscher fragen – kurz SKD. Das Amt gibt die Kontaktdaten der in Frage kommenden Dolmetscher weiter, der Termin wird direkt zwischen Dolmetscher und Nutzer vereinbart.
„Wir mussten auch schon Dolmetscher von der Liste nehmen, die sich als ungeeignet erweisen haben“, sagt Kreller. Jeder Einsatz der SKD wird dokumentiert und ein Feedback eingeholt. Seit Mitte vergangenen Jahres hat sie 25 Einsätze gezählt. Die „Dunkelziffer“sei aber weitaus höher, weil sich viele Einrichtungen nach einem ersten Kontakt direkt an den Übersetzer gewandt hätten. „Nicht gut“, kommentiert die städtische Mitarbeiterin dieses Vorgehen. Die Verwaltung wäre lieber in jeden Vorgang eingebunden. Auch, um Missstände ausräumen zu können. Kreller: „Wir legen Wert auf Qualität.“Die Stadt Tuttlingen hat schließlich Verträge mit den Dolmetschern abgeschlossen, die auch eine Verschwiegenheitspflicht beinhalten.
Beim Honorarsystem hat die Stadt nun nachgebessert. Seit Anfang November übernimmt der städtische Haushalt die Kosten für die Einsätze der Ehrenamtlichen, die eine Aufwandsentschädigung von 15 Euro pro Stunde bekommen. Für kommendes Jahr sollen dafür insgesamt 1000 Euro in den Haushalt eingestellt werden. Bislang blieb die finanzielle Seite den Migranten oder Einrichtungen überlassen. Scharbach: „Man kann aber nicht erwarten, dass ein Arzt 15 Euro ausgibt, damit er seinen Patienten verstehen kann.“
Mit Landesmitteln finanziert
Die Ausbildung der Dolmetscher wurde aus Landesmitteln in Höhe von 50 000 Euro finanziert. Eine externe Firma schulte die Ehrenamtlichen. In den Trainings ging es neben dem Vermitteln der neutralen Rolle eines Übersetzers auch darum, kulturelle Unterschiede herauszuarbeiten.
„Die Stadt hat uns gebeten, das Projekt weiterzuführen und auf den Landkreis auszudehnen“, sagt Nadja Seibert, Sprecherin des Landratsamtes Tuttlingen. Ein Förderantrag sei gestellt worden. Nach Rücksprache mit den Integrationsbeauftragten der Städte und Gemeinden sei allerdings deutlich geworden, dass kein Bedarf gesehen wird.
Gemeinsam wurde daraufhin vereinbart, dass das SKD-Programm trotzdem in und für Tuttlingen unter Regie der Stadt Tuttlingen weiter organisiert wird (insbesondere Schulungen) und die Kosten dafür über den Landkreis durch das Landesprojekt abgedeckt werden.
„Zu den Schulungen in der Stadt Tuttlingen sind dann auch interessierte Bürger aus dem ganzen Landkreis eingeladen“, so Seibert. Momentan befinde sich ein solches Training in Vorbereitung. Wann es stattfindet, ist noch nicht bekannt.