„Wir haben nur uns beide“
Musikstudenten veranstalten Benefizkonzert für krebskranke Mutter ihrer Kommilitonin
- Weil ihre Mutter schwer an Krebs erkrankt ist, muss Fanya Berger ihr Oboe-Studium an der Trossinger Musikhochschule abbrechen. Denn zur Finanzierung der Medikamente und Reha benötigt die 23-Jährige einen Vollzeitjob. Mehrere ihrer Kommilitonen organisieren nun am 16. November ein Benefizkonzert, um Geld für die Krebsrehabilitation ihrer Mutter zu sammeln.
Fanya Berger stammt aus Minsk in Weißrussland, wo sie von ihrer Mutter alleine aufgezogen wurde. „Wir haben nur uns beide“, sagt die 23Jährige. Geschwister oder andere Verwandte gibt es keine. Als bei ihrer Mutter vor fünf Jahren zum ersten Mal Darmkrebs diagnostiziert wurde, absolvierte Fanya Berger gerade ihr Abschlussjahr am Prager Konservatorium - mit 15 Jahren war sie nach Tschechien gezogen, um Musikerin zu werden.
Mit Hilfe von Freunden sammelte sie damals Geld, um Medikamente aus der Schweiz kaufen zu können. „Es war unglaublich herzerwärmend, als Hilfe aus den unerwartetsten Orten kam“, erzählt Fanya Berger. Ein Prager Kommilitone, Flüchtling aus Palästina, schenkte ihr beispielsweise Geld, von dem sie vermutet, dass es ein Wettbewerbspreis war - „obwohl er wusste, dass wir jüdisch sind“.
Dieselbe Erfahrung macht sie jetzt wieder: Im Sommer wurde bei einem routinemäßigen Check eine Metastase im Lymphknoten ihrer Mutter diagnostiziert. Es folgte eine sechsstündige Operation, bei der sieben Lymphknoten entfernt wurden, sechs davon hatten Metastasen. Um Geld für die Medikamente und eine anschließende Krebsrehabilitation zusammenzubekommen und sich um ihre Mutter zu kümmern, wird Fanya Berger nach Minsk zurückkehren. „Ich hoffe wirklich, dass wir dieses Mal nicht Geld für eine weitere Chemotherapie sparen müssen, sondern in der Lage sein werden, ein gutes Rehaprogramm für meine Mutter zu finden und zu finanzieren“, sagt Fanya Berger. Rund 9000 Euro kostet die Reha.
Masterstudium muss warten
Ein Jahr lang plant Fanya Berger, als Übersetzerin in Belarus zu arbeiten. Die 23-Jährige spricht fünf Sprachen: Englisch, deutsch, russisch, weißrussisch und tschechisch. Ihr Masterstudium in Trossingen, das sie nach Ende des Bachelors eigentlich beginnen wollte, muss warten.
„Als ich mitbekam, dass Fanyas Mutter wieder Krebs hat und sie ihr Studium abbricht, um Vollzeit zu arbeiten, wollte ich ihr gerne helfen“, erzählt ihr Kommilitone Henry van Engen. „Dann kam mir die Idee mit dem Benefizkonzert.“Innerhalb kurzer Zeit fanden sich mehr als 15 Musiker, die mitwirken wollten, auch die beiden Professoren Abbie Conant (Fagott) und Nicholas Daniel (Oboe) beteiligen sich. Henry van Engen hat bereits bei der Organisation der Benefizkonzerte zugunsten eines sozialen Projekts in Peru der Posaunenklasse von Abbie Conant mitgewirkt und weiß, wie man ein solches Vorhaben anpackt.
Fanya und ihre Mutter sind von dem Engagement überrascht und bewegt: „Ich bin sehr dankbar, dass ich soviele Freunde habe, die helfen wollen“, sagt die Studentin. Ihre beste Freundin, Neuseeländerin Gemma Price, erklärt: „Wir kommen aus der ganzen Welt und haben hier in Trossingen keine Familie. Auch wenn es sich vielleicht kitschig anhört: Hier sind wir füreinander unsere Familie.“
Ein Video zum Thema finden Sie unter http:// szo.de/_vidid,131592