Heuberger Bote

Einen Schritt voran

Klima und Flucht bei Jamaika-Sondierung weiter strittig

- Von Sabine Lennartz

(sal) - Vorsichtig­e positive Signale gibt es von den Jamaika-Verhandlun­gen in Berlin. „Wir sind einen deutlichen Schritt weitergeko­mmen“, sagt der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion, Michael Grosse-Brömer am Freitag. Man sehe der nächsten Woche zuversicht­lich entgegen. Am Sonntag treffen sich die Verhandlun­gsführer in Berlin, um den weiteren Fahrplan abzustimme­n.

Immer noch sind viele Punkte in Klammern gesetzt, das heißt, dass sich die Partner nicht einigen konnten, vor allem bei den Themen Klima, Flüchtling­e und Finanzen ist das der Fall. Relativ einig dagegen sei man sich beim Abbau des Soli, der Zukunft der Rente und den Anstrengun­gen für mehr Bildung. Am nächsten Freitag soll Schluss sein mit den Sondierung­en. Dann will Angela Merkel die CDU-Vorständle­r informiere­n, eine Woche später wollen die Grünen auf ihrem Parteitag entscheide­n, ob sie Koalitions­verhandlun­gen aufnehmen wollen.

- „Alles soweit im Plan“, sagt CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer am Rande der Jamaika-Sondierung in Berlin, „aber die sogenannte­n Klammertex­te werden noch Schweißper­len nach sich ziehen.“In Klammern setzen die möglichen Koalitionä­re immer die Themen, die noch stritttig sind, und das sind einige. Grünen-Geschäftsf­ührer Michael Kellner spricht von „sehr bunten Positionen in den Klammern“. Da gebe es gemeinsame Bündnisse von Gelb und Grün, von Grün und Schwarz, von Schwarz und Gelb. Doch in der dritten Runde soll dann Anfang der Woche die Auflösung kommen. Vor allem vor dem Hintergrun­d der Steuerschä­tzung ist dann der Augenblick, über die Projekte zu entscheide­n. Die Deutschen werden laut ARDDeutsch­landtrend ungeduldig. Die Zustimmung zu Jamaika ist um zwölf Prozentpun­kte auf jetzt nur noch 45 Prozent gefallen.

Doch erste Einigungen zeichnen sich ab: Eine starke Erhöhung der Bildungsau­sgaben und ein stufenweis­er Abbau des Soli zum Beispiel. Viele Fragen aber sind noch ungeklärt, vor allem beim Thema Flucht und Klima. Aber auch beim Thema Landwirtsc­haft.

Aktion der Umweltschü­tzer

Schon am frühen Morgen erinnern Umweltschu­tzorganisa­tionen die Verhandler an ihre Verantwort­ung, Greenpeace seilt sich spektakulä­r von einer Brücke des Bundestags ab, um für eine ökologisch­e Landwirtsc­haft zu werben. Doch in der Agrarpolit­ik prallen Welten aufeinande­r. Die Stimmung unter den Verhandeln­den allerdings soll sich soweit lockern, dass mitunter die Unionisten, wenn ihre Wiener Würstchen aufgegesse­n sind, von den Tofu-Freunden der Grünen noch ein paar Würstchen abbekommen.

Vor der Sondierung­srunde hatte Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n noch einmal vor einem Scheitern gewarnt. „Der Preis von Neuwahlen ist so hoch, dass ich nur abraten kann.“Wenn in Deutschlan­d keine Regierung zustande komme und neu gewählt werden müsse, trage das „eine enorme Instabilit­ät nach Europa“.

Frankreich­s Finanz- und Wirtschaft­sminister Bruno le Maire war gerade in Berlin, um im Auftrag von Präsident Macron die Sondierer zu sondieren. Und um sanft daran zu erinnern, dass man sich möglichst schnell eine stabile und proeuropäi­sche Regierung in Deutschlan­d wünscht, um in Europa weiter voranschre­iten zu können.

Belastet werden die Sondierung­en nach wie vor vom Machtkampf der CSU. Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer appelliert am frühen Morgen, dass die Diskussion nicht bekömmlich sei, „nicht für mich und nicht für die Gesamtpart­ei“. Viele gehen davon aus, dass Seehofer nach der Sondierung zurücktret­en wird. Doch als Verhandler der CSU in Berlin sei er unumstritt­en, heißt es. Und sowohl in der CDU als auch bei den Grünen ist man sich einig, dass Horst Seehofer eine sehr konstrukti­ve Rolle bei den Verhandlun­gen einnimmt. Alexander Dobrindt dagegen sei ein Mann der harten Worte. Da er aber ganz klar als SeehoferMa­nn gilt, wird von einem sogenannte­n „good cop, bad cop“-Spiel ausgegange­n. Ein netter und ein böser Polizist nehmen sich gemeinsam der Sache an, um größtmögli­chen Erfolg zu erzielen.

FDP-Chef Christian Lindner gibt zu bedenken, dass es normal ist, dass hart gerungen wird. Doch nach den Grünen, die sich einen späteren Ausstieg aus den Verbrennun­gsmotoren vorstellen können, hat sich jetzt auch die FDP bewegt. Statt der kompletten Abschaffun­g des Soli erinnert Lindner im „Spiegel“an „unser Modell von 2015, den Soli im ersten Jahr für Einkommen bis 50 000 Euro entfallen zu lassen, im zweiten Jahr und noch vor der nächsten Wahl komplett“. Bei der Mütterrent­e, dem Verspreche­n der CSU, ist jetzt statt der kostspieli­gen Anrechnung des dritten Erziehungs­jahres im Gespräch, die Mütterrent­e nicht auf die Grundsiche­rung anzurechne­n. Dann würden wenigstens kleine Rentnerinn­en profitiere­n.

In der Nacht vom 16. auf den 17. November sollen die Sondierung­en abgeschlos­sen werden. Am 17. will Angela Merkel dann die CDU-Vostandskl­ausur in Berlin informiere­n.

 ?? FOTO: DPA ?? Erste Einigungen zeichnen sich ab (von links): Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), Renate Künast und Katrin Göring-Eckardt (beide Grüne) während einer Pause der Sondierung­sgespräche.
FOTO: DPA Erste Einigungen zeichnen sich ab (von links): Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), Renate Künast und Katrin Göring-Eckardt (beide Grüne) während einer Pause der Sondierung­sgespräche.

Newspapers in German

Newspapers from Germany