„Gottfroh, drei Tage genießen zu können“
Die Geschäfte in Tuttlingen bleiben am Sonntag, 24. Dezember, weitgehend geschlossen
- Stille Nacht, heilige Nacht? In Tuttlingen wird die vorweihnachtliche Ruhe am Heiligen Abend (24. Dezember) nur durch wenige geöffnete Geschäfte durchbrochen. Davon geht Bettina Fillinger aus. „Es werden so gut wie keine Geschäfte aufmachen“, sagt das Vorstandsmitglied und die Ressortleiterin Handel und Gastronomie beim Handels- und Gewerbeverein ProTuT.
Obwohl der 24. Dezember in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt, wären einige Händler berechtigt, ihre Waren vor Beginn des Weihnachtsfestes noch zum Kauf anzubieten. Paragraph 15 des Ladenschlussgesetzes erlaubt Lebens- und Genussmittelhändlern sowie Verkaufsständen von Weihnachtsbäumen die Öffnung an einem Heiligabend-Sonntag für drei Stunden – längstens aber bis 14 Uhr.
Die meisten Lebensmitteldiscounter wie Aldi, Lidl, Penny oder Kaufland hatten schon mitgeteilt, dass sie in diesem Jahr an Heiligabend ihr Geschäft geschlossen lassen. „So können unsere Mitarbeiter nach einer verkaufsintensiven Woche Heiligabend in Ruhe im Kreis ihrer Familien und Freunde begehen“, erklärte Richard Lohmiller, Vorstand Deutschland von Kaufland.
„Tage vor dem Fest sind die Hölle für Mitarbeiter“
Edeka will die Entscheidung den selbstständigen Filialleitern überlassen. „Wir lassen zu. Mir war gar nicht bewusst, dass wir öffnen dürften“, sagt Oliver Siedler, der zusammen mit seiner Frau Angelika den Edeka Aktiv Markt Siedler in der Neuhauser Straße betreibt. Er sei „gottfroh“, dass Inhaber wie Mitarbeiter „mal drei Tage in Ruhe genießen können.“Schließlich wären die Tage vor Weihnachten und Neujahr die „Hölle“für Mitarbeiter im Handel. „Alle sind angestrengt und überlastet.“
Auch das E-Center in der Weimarstraße wird die Türen nicht öffnen. Dies liege, so Marktleiter Benjamin Pal, aber daran, dass sein Geschäft ein „Regiebetrieb“sei. Die Edeka-Zentrale in Hamburg habe für die eigenen Läden bereits mitgeteilt, dass nicht geöffnet werde, sagte Pal. Er könne zwar eine Sonderregelung anfordern. Das werde er aber nicht machen und habe auch noch von keinem anderen in Eigenregie geführten Edeka-Laden ähnliches gehört. „Jeder freut sich doch, wenn er mal Ruhe hat.“
Mit ihrer Entscheidung liegen die Lebensmittel-Großhändler auf einer Linie mit den Kirchen in BadenWürttemberg. Die katholischen Bischöfe Gebhard Fürst (Rottenburg) und Erzbischof Stephan Burger (Freiburg) sowie die evangelischen Landesbischöfe Frank Otfried July (Stuttgart) und Jochen CorneliusBundschuh (Karlsruhe) hatten sich in einer Stellungnahme für die Einhaltung der Sonntagsruhe am 24. Dezember ausgesprochen.
„Es ist wohltuend, dass der Heiligabend in diesem Jahr mit der Sonntagsruhe zusammenfällt“, sagten die Kirchenvertreter. Dies sei „ein hohes kulturelles Gut und wichtiges Kennzeichen für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt.“Es sei gut, wenn sich die Menschen in Ruhe auf Weihnachten vorbereiten könnten, ohne sich dem Druck des Einkaufens in wirklich letzter Minute noch aussetzen zu müssen.
Aus Sicht der Bischöfe hätten die Menschen ohnehin kein Interesse an einem verkaufsoffenen Sonntag am 24. Dezember. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für das Internetangebot der überregionalen Tageszeitung „Welt“hatten 87,2 Prozent der Befragten sich für geschlossene Geschäfte an Heiligabend ausgesprochen, teilten die Seelsorger mit.
Einen verkaufsoffenen Sonntag am 24. Dezember schließt Fillinger für die Stadt Tuttlingen aus. „Der Heilige Abend ist den Familien überlassen“, sagt das Vorstandsmitglied von ProTuT. Der Handels- und Gewerbeverein wird es bei zwei verkaufsoffenen Sonntagen – jeweils einer im Frühjahr und einer im Herbst – belassen.
Zum einen sei es nicht unbedingt im Interesse der Händler, noch häufiger ihr Geschäft zu öffnen. Zum anderen werde es schwieriger, die Anforderungen zu erfüllen. Ein verkaufsoffenener Sonntag müsse sich immer an eine Veranstaltung anschließen – wie die Jobbörse oder der Gesundheitstag –, die mehr Leute anzieht, als die Öffnung der Geschäfte für sich. Eine andere Sache wäre die längere Öffnung der Geschäfte an den vier Samstagen im Advent. Es wäre toll, so Fillinger, wenn sich viele Händler anschließen würden und die Passanten lange in der Innenstadt bummeln könnten.