Das Evangelium zum Leuchten gebracht ...
Pfarrer Matthias Vosseler aus Stuttgart erklärt, warum er seinen Luther liebt
- Mit den Mitarbeitern aus dem Bezirksjugendwerk, den Bläsern der Bläserkantorei des Evangelischen Kirchenbezirks Tuttlingen unter der Leitung von Ilja von Grünigen und dem gebürtiger Aldinger Pfarrer Matthias Vosseler von der Stiftskirche in Stuttgart ist der Freitagabend zu einem richtig festlichen Abend in der Stephanuskirche geworden. Musik und singen sowie drei „Blitzlichter“aus der Arbeit des Bezirksjugendwerkes 2018 umrahmten den Vortrag „Warum ich meinen Luther liebe...“.
In seiner Begrüßung der vielen Besucher nannte Vorsitzender Christoph Glaser das vergangene Jubiläumsjahr die „Ouvertüre der Reformation“, denn sie gehe weiter. Auf die Frage, was dies für das Bezirksjugendwerk bedeutet, gaben die Mitarbeiter Annette Reif, Ingrid Klingler und Christoph Glaser Einblick in geplante Projekte mit dem JungscharCamp in Irndorf, einem Beach-Camp auf Korsika, einem Schweden-Camp, über das Konfirmandenjahr zur christlichen Jugendarbeit und der Sommerkirche in Hausen. Denn Reformation gehe weiter, damit Menschen Gemeinschaft erlebten und das Evangelium die Herzen erreiche, sind sich die Verantwortlichen des Jugendwerks sicher.
Im Mittelpunkt des festlichen Abends stand indessen der Vortrag „Warum ich meinen Luther liebe ...“von Pfarrer Matthias Vosseler, Stiftskirche in Stuttgart. Facettenreich, differenziert, mit allen Höhen und Tiefen stellte er Luthers Leben dar. Auf die Frage: „Warum ich meinen Luther liebe?“, lautete die Antwort: Weil er das Evangelium wieder zum Leuchten gebracht hat, weil er die Bibel ins Deutsche übersetzt hat, weil er mit seinen Überzeugungen vor nichts zurückgeschreckt ist und weil er kein Heiliger war, sondern ein fehlbarer Mensch mit Stärken und Schwächen.
„Wäre er mir sympathisch gewesen?“
„Wie wäre ich ihm indessen begegnet, wenn wir uns einmal getroffen hätten, bei ihm zuhause am Tisch, im großen ehemaligen Schwarzen Kloster: Wäre er mir sympathisch gewesen?“, stellte der Redner in den Raum. In vielen Bildern zeigt Vosseler Martin Luther auf: Als sprachbegabter junger Student, gewissenhafter, sich aufreibender Mönch, als völlig abgemagerter, aber mit einer reformatorischen Einsicht versehener Theologe, der auf der Bühne der Welt steht, mit den großen Theologen diskutiert und sogar zwei Mal dem Kaiser gegenübersteht. Als aufbrausender Choleriker, vogelfreier Theologe, der um sein Leben fürchten muss. Der Junker Jörg auf der Wartburg mit seiner zunächst großen Anfechtung, dann mit Monaten der stärksten Produktivität. Der liebevolle Familienvater und zuletzt der alte Mann mit manchen Altersmakeln.
Der Schwerpunkt liege auf den Jahren bis 1521, in denen das theologisch Entscheidende passiert ist, vor allen in den Jahren 1516-1521, so Vosseler. Luther hat keine gesammelte Theologie hinterlassen, keine christliche Dogmatik geschrieben, kein System entworfen. Er war in erster Linie Bibelausleger. Seine Theologie war eingebettet in seinen Tageslauf.
In den 500 Jahren seitdem habe sich sehr vieles verändert. Man könne nicht alle Worte und Sätze Luthers an derzeitigen Weltsichten messen, sondern müsse sie immer im Kontext seiner Welt und Zeit verstehen. So auch seine Sätze zu Papst Leo X. als Antichrist oder zum Umgang mit den Juden, brachte Pfarrer Vosseler zwei oft diskutierte Bereiche ein. Auch von der schwierigen Seite Luthers war die Rede, sein aufbrausender Charakter und manche Verhärtungen in den letzten Jahren seines Lebens.
Mit „Eine feste Burg“, bearbeitet von Johann Pachelbel, mit den Bläsern der Bläserkantorei und einem Ständerling im Gemeindesaal schloss der festliche Abend.