Etappensieg für Kleinbauer gegen RWE
Peruanischer Landwirt will Energiekonzern verklagen – Gericht ordnet Beweisaufnahme an
(epd) - Der juristische Streit zwischen einem peruanischen Kleinbauern und dem Energiekonzern RWE geht in die nächste Runde. Das Oberlandesgericht Hamm ordnete am Donnerstag die Beweisaufnahme an, für die nun ein Sachverständiger bestimmt werden soll (AZ: 5 U 15/17 OLG Hamm).
Die Umweltorganisation Germanwatch nannte die Entscheidung einen „historischen Durchbruch mit weltweiter Relevanz“. Erstmals befasse sich nun ein deutsches Gericht mit dem Zusammenhang zwischen CO2- Emissionen und der Erderwärmung. RWE hält die Klage weiterhin für unbegründet.
Der Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya will erreichen, dass RWE als Betreiber von Kohlekraftwerken Schutzmaßnahmen gegen den Klimawandel in seiner Heimat bezahlt. Sein Haus steht in der Andenstadt Huaraz, die an einem Bergsee liegt. Weil der Wasserpegel durch die Schmelze eines Gletschers gestiegen sei, drohe eine Überflutung, argumentiert er. In erster Instanz war er im Dezember 2016 vor dem Landgericht Essen gescheitert. Dagegen hatte er Berufung eingelegt.
Klage schlüssig begründet
Das Oberlandesgericht entschied nun, die Klage sei zulässig und schlüssig begründet. Auch wer rechtmäßig handele, könne für von ihm verursachte Beeinträchtigungen von Eigentum haftbar gemacht werden. Das Gutachten soll nun untersuchen, ob das zweitgrößte deutsche Energieunternehmen RWE den Anstieg der Temperatur und die damit verbundene Gletscherschmelze mitverursacht hat. Für das Gutachten soll der Kläger einen Auslagenvorschuss von 20 000 Euro zahlen.
Die Umweltorganisation Germanwatch, die die Klage unterstützt, erklärte, die Entscheidung habe ab sofort erhebliche Auswirkungen für die Rechtspflichten der großen Emittenten weltweit. Energieunternehmen müssten ihren Aktieninhabern das Klagerisiko mitteilen und Rücklagen bilden. Lliuya habe durch diesen Präzedenzfall schon jetzt vielen vom Klimawandel betroffenen Menschen Hoffnung gemacht, sagte der Germanwatch-Vorsitzende Klaus Milke. Zugleich forderte er eine politische Lösung zum Schutz der von Klimawandel betroffenen Menschen. Es sei keine Dauerlösung, wenn sie nun alle ihr Recht mit Einzelklagen einfordern müssten.
Ein Stück Rechtsgeschichte
Die Anwältin des Klägers, Roda Verheyen, erklärte, schon der Einstieg in die Beweisaufnahme schreibe ein Stück Rechtsgeschichte. „Jetzt können wir endlich im konkreten Fall beweisen, dass RWE das Risiko der Gletscherflut vor Ort mitverursacht hat und weiter mitverursacht“, sagte sie nach Mitteilung von Germanwatch. Der Kläger Saúl Luciano Lliuya, der telefonisch in Peru informiert wurde, erklärte laut Germanwatch: „Das ist wirklich ein großer Erfolg nicht nur für mich, sondern für alle Menschen hier in Huaraz und anderswo in der Welt, wo Klimarisiken drohen.“Die Linkspartei nannte die Entscheidung „eine schallende Ohrfeige für RWE und einen wichtigen Meilenstein für künftige Klimaklagen gegen Konzerne“.
RWE teilte am Donnerstag mit, man bleibe bei der Auffassung, dass nach deutschem Zivilrecht ein einzelner Emittent nicht für den allgemein verursachten und global wirkenden Klimawandel haftbar gemacht werden könne. „Der Grund liegt in der Vielzahl der weltweiten Emissionen von Treibhausgasen aus natürlichen wie anthropogenen Quellen, in der Komplexität des Klimas sowie in dessen natürlicher Variabilität.“
Der Konzern verwies darauf, dass RWE zur Senkung der CO2-Emissionen seinen Kraftwerkspark modernisiert und zudem Milliarden in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert habe.