Heuberger Bote

Händler dürfen an Heiligaben­d öffnen – wollen aber nicht

Handelsver­bände und DStGB fordern Änderung für Ladenöffnu­ngsgesetz

- Von Michael Häußler

- Heiligaben­d, das bedeutet für viele ein umfassende­s Weihnachts­menü und natürlich Geschenke. Wer kurzfristi­g noch etwas besorgen muss, steht ziemlich sicher vor verschloss­enen Türen. In diesem Jahr fällt der 24. Dezember auf einen Sonntag, die meisten Geschäfte werden geschlosse­n sein. Doch Händler, die überwiegen­d Lebens- oder Genussmitt­el anbieten, dürfen in Bayern und Baden-Württember­g drei Stunden lang bis 14 Uhr ihre Geschäfte öffnen. Sie dürfen – wollen aber nicht.

So manches Warenhaus könnte noch all diejenigen ins Haus locken, für die Weihnachte­n überrasche­nd gekommen ist und noch kein Geschenk haben. Denn alle Artikel aus dem Sortiment dürfen verkauft werden, also auch Elektronik, Bücher, Haushaltsw­aren oder Kosmetik.

„Die Kaufhäuser werden auf gar keinen Fall offen haben“, weiß Hauptgesch­äftsführer­in des Handelsver­bands Baden-Württember­g, Sabine Hagmann. „Auch sonst kenne ich keinen Händler, der öffnen wird.“Es lohne sich schlicht und ergreifend nicht. Logistisch wäre es zudem schwierig, die frische Ware ranzubekom­men. „Dazu noch Personal, der ganze Aufwand mit Auf- und Abbau in den Theken. Die kommen alle gar nicht auf die Idee“, sagt sie.

Höchstens kleinere Händler, wo es die Kundenstru­ktur erfordere, die würden darüber nachdenken. „Bekannt ist mir aber auch da keiner“, so Hagmann. „Wenn einer öffnen will, kann er es tun. Aber die meisten verschonen auch ihre Mitarbeite­r.“

In Bayern ist der Fall ähnlich, aber mit einem entscheide­nden Unterschie­d: Zwar dürfen die Läden, die überwiegen­d Lebens- oder Genussmitt­el anbieten, öffnen. Allerdings dürfen sie auch nur genau diese Artikel verkaufen. „Alles andere muss rausgeräum­t oder abgedeckt werden und darf nicht verkauft werden“, sagt der Pressespre­cher des Handelsver­bands Bayern, Bernd Ohlmann. Auch ihm ist kein Fall bekannt, der sein Geschäft an Heiligaben­d öffnen will. „Alles ist zu, außer die Läden an Bahnhöfen und Flughäfen.“Diese hätten bis 17 Uhr geöffnet. Auch für Bayerns Händler sei der Aufwand zu groß, die Verkaufsze­it zu kurz und der logistisch­e Rahmen kaum stemmbar.

Auch der Bayerische Handelsver­band erachtet die Entscheidu­ngen der Händler als sinnvoll. „Die sollen sich auf ihre Familien konzentrie­ren, die Zeit davor reicht völlig aus“, so Ohlmann. Und das obwohl in diesem Jahr sechs Tage weniger Verkaufsze­it sei als im vergangene­n. Dennoch: „Was die Einkaufskr­aft angeht, ist der Knoten bislang noch nicht geplatzt. Das meiste läuft online.“Allerdings komme es auch immer drauf an, wo man wohnt. „Online ist doch bequemer, als nach München in die Innenstadt zu fahren.“

Woher das „hochemotio­nal von Kirchen und Gewerkscha­ften geführte“Thema komme, wisse sie nicht, sagt Sabine Hagmann. „Ich weiß nur, dass wir es nicht waren, die das angestoßen haben. Zu unserer Kultur gehört der freie Sonntag.“Eine beschränkt­e Zahl für verkaufsof­fene Sonntage sei okay, aber nicht in der Masse.

Genau für diese Tage fordert der Verband mehr Flexibilit­ät für Städte und Kommunen. Der sogenannte Anlassbezu­g müsse aus dem Gesetz genommen werden. Handel und Kommunen könnten damit besser und flexibler offene Sonntage planen. Der Anlassbezu­g besagt, dass verkaufsof­fene Sonntage detaillier­t begründet werden und mit Festen, Messen oder anderen Events in Verbindung stehen müssen.

Ausschlagg­ebend für die neu aufflammen­de Diskussion ist ein Umsatzminu­s von zwei Prozent im Einzelhand­el, das das statistisc­he Landesamt für Oktober errechnet hat. Attraktive Innenstädt­e mit gestärktem Einzelhand­el müssten das Ziel sein.

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd (DStGB) unterstütz­t diese Position. „Der Sonntag soll im Grundsatz gegeben sein, aber flexibler werden. Der Anlassbezu­g muss aus dem Gesetz gestrichen werden“, sagt Bernd Düsterdiek, Referatsle­iter Stadtentwi­cklung beim DStGB. Schließlic­h wüssten die Städte, Kommunen und ihr Einzelhand­el selbst am besten, wann es sinnvoll ist, zu öffnen. Mehr Sonntage sollten es gar nicht werden, nur flexibler.

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FOTO: DPA Drei Stunden lang können Geschäfte an Heilig Abend geöffnet haben. Doch der Aufwand lohnt sich für die Händler kaum.

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