Händler dürfen an Heiligabend öffnen – wollen aber nicht
Handelsverbände und DStGB fordern Änderung für Ladenöffnungsgesetz
- Heiligabend, das bedeutet für viele ein umfassendes Weihnachtsmenü und natürlich Geschenke. Wer kurzfristig noch etwas besorgen muss, steht ziemlich sicher vor verschlossenen Türen. In diesem Jahr fällt der 24. Dezember auf einen Sonntag, die meisten Geschäfte werden geschlossen sein. Doch Händler, die überwiegend Lebens- oder Genussmittel anbieten, dürfen in Bayern und Baden-Württemberg drei Stunden lang bis 14 Uhr ihre Geschäfte öffnen. Sie dürfen – wollen aber nicht.
So manches Warenhaus könnte noch all diejenigen ins Haus locken, für die Weihnachten überraschend gekommen ist und noch kein Geschenk haben. Denn alle Artikel aus dem Sortiment dürfen verkauft werden, also auch Elektronik, Bücher, Haushaltswaren oder Kosmetik.
„Die Kaufhäuser werden auf gar keinen Fall offen haben“, weiß Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, Sabine Hagmann. „Auch sonst kenne ich keinen Händler, der öffnen wird.“Es lohne sich schlicht und ergreifend nicht. Logistisch wäre es zudem schwierig, die frische Ware ranzubekommen. „Dazu noch Personal, der ganze Aufwand mit Auf- und Abbau in den Theken. Die kommen alle gar nicht auf die Idee“, sagt sie.
Höchstens kleinere Händler, wo es die Kundenstruktur erfordere, die würden darüber nachdenken. „Bekannt ist mir aber auch da keiner“, so Hagmann. „Wenn einer öffnen will, kann er es tun. Aber die meisten verschonen auch ihre Mitarbeiter.“
In Bayern ist der Fall ähnlich, aber mit einem entscheidenden Unterschied: Zwar dürfen die Läden, die überwiegend Lebens- oder Genussmittel anbieten, öffnen. Allerdings dürfen sie auch nur genau diese Artikel verkaufen. „Alles andere muss rausgeräumt oder abgedeckt werden und darf nicht verkauft werden“, sagt der Pressesprecher des Handelsverbands Bayern, Bernd Ohlmann. Auch ihm ist kein Fall bekannt, der sein Geschäft an Heiligabend öffnen will. „Alles ist zu, außer die Läden an Bahnhöfen und Flughäfen.“Diese hätten bis 17 Uhr geöffnet. Auch für Bayerns Händler sei der Aufwand zu groß, die Verkaufszeit zu kurz und der logistische Rahmen kaum stemmbar.
Auch der Bayerische Handelsverband erachtet die Entscheidungen der Händler als sinnvoll. „Die sollen sich auf ihre Familien konzentrieren, die Zeit davor reicht völlig aus“, so Ohlmann. Und das obwohl in diesem Jahr sechs Tage weniger Verkaufszeit sei als im vergangenen. Dennoch: „Was die Einkaufskraft angeht, ist der Knoten bislang noch nicht geplatzt. Das meiste läuft online.“Allerdings komme es auch immer drauf an, wo man wohnt. „Online ist doch bequemer, als nach München in die Innenstadt zu fahren.“
Woher das „hochemotional von Kirchen und Gewerkschaften geführte“Thema komme, wisse sie nicht, sagt Sabine Hagmann. „Ich weiß nur, dass wir es nicht waren, die das angestoßen haben. Zu unserer Kultur gehört der freie Sonntag.“Eine beschränkte Zahl für verkaufsoffene Sonntage sei okay, aber nicht in der Masse.
Genau für diese Tage fordert der Verband mehr Flexibilität für Städte und Kommunen. Der sogenannte Anlassbezug müsse aus dem Gesetz genommen werden. Handel und Kommunen könnten damit besser und flexibler offene Sonntage planen. Der Anlassbezug besagt, dass verkaufsoffene Sonntage detailliert begründet werden und mit Festen, Messen oder anderen Events in Verbindung stehen müssen.
Ausschlaggebend für die neu aufflammende Diskussion ist ein Umsatzminus von zwei Prozent im Einzelhandel, das das statistische Landesamt für Oktober errechnet hat. Attraktive Innenstädte mit gestärktem Einzelhandel müssten das Ziel sein.
Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) unterstützt diese Position. „Der Sonntag soll im Grundsatz gegeben sein, aber flexibler werden. Der Anlassbezug muss aus dem Gesetz gestrichen werden“, sagt Bernd Düsterdiek, Referatsleiter Stadtentwicklung beim DStGB. Schließlich wüssten die Städte, Kommunen und ihr Einzelhandel selbst am besten, wann es sinnvoll ist, zu öffnen. Mehr Sonntage sollten es gar nicht werden, nur flexibler.