Heuberger Bote

Torhüter für gehobene Aufgaben

Sven Ulreich kehrt zu seinem Herzensclu­b VfB Stuttgart zurück – als Nr. 1 der Bayern

- Von Filippo Cataldo und dpa

upp Heynckes neigt nicht zu Übertreibu­ngen. Doch dieser Satz kann getrost als Untertreib­ung bezeichnet werden. „Ich weiß, Stuttgart ist kein unwichtige­s Spiel für ihn“, sagte also der Trainer des FC Bayern München am Freitag. Gemeint war Sven Ulreich, für den es heute am letzten Hinrundens­pieltag (15.30 Uhr/Sky) in seinem alten Stadion gegen seinen alten Club geht. „Beim VfB bin ich groß geworden, es ist nach wie vor mein Herzensclu­b, ich habe mit meiner Familie in Stuttgart ein Haus gebaut. Ich werde der Stadt und dem Verein immer eng verbunden sein, zumal ich nach meiner Karriere wieder in Stuttgart leben werde“, sagte er den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“.

Natürlich ist Ulreich ein wenig unverhofft in die Situation gekommen, nach seinem Wechsel als Nummer 1 des VfB 2015 nun als aktuelle Stammkraft auch des Rekordmeis­ters nach Stuttgart zurückzuke­hren. Manuel Neuer laboriert an einer äußerst hartnäckig­en Fußverletz­ung. Ulreich ist so zu deutlich mehr Einsätzen bei Bayern gekommen, als er hoffen konnte. 19 Spiele absolviert­e er in dieser Saison wettbewerb­sübergreif­end bereits. Vor allem aber: Nach einigen, teils slapsticka­rtigen Wacklern zu Beginn – beim 2:2 gegen Wolfsburg boxte er sich den Ball selbst ins Gehäuse, beim 0:3 in Paris strahlte er enorme Unruhe aus – ist der 29-Jährige zu einem der Gesichter des Münchner Aufschwung­s unter Heynckes geworden.

„Es war eine gute Hinrunde für mich“, sagte Ulreich, der ebenso untertreib­en kann wie sein Coach. Noch besser würde die Hinrunde für ihn werden, wenn er „seinen“Club, zu dem der in Schornach geborene Keeper einst als Zehnjährig­er kam, besiegen würde. Den seit vier Spielen sieglosen Aufsteiger würde eine Pleite im Südgipfel eher unbequeme Weihnachte­n bescheren, im ungünstigs­ten Fall könnte der VfB sogar in der Abstiegszo­ne überwinter­n. VfBCoach Hannes Wolf forderte von seinen Spielern darum einen couragiert­en Auftritt. „Bei Bayern darfst du nicht nur auf die fußballeri­sche Qualität schauen, sie können auch reinhauen. Da müssen wir uns wehren, dürfen nicht in Ehrfurcht erstarren“, sagte Wolf.

Wolf war, wie die meisten jetzt handelnden Personen beim VfB noch nicht im Amt, als Ulreich den Club verließ – weniger im Guten, als er es sich gewünscht hätte. Am Donnerstag stellte er im Interview mit den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“etwas klar. Die Darstellun­gen, dass er seinerzeit auf einen Vereinswec­hsel gedrängt habe, seien falsch. „Das stimmt so nicht. Ich wollte nicht weg“, sagte er. Die damalige VfBFührung habe ihm verdeutlic­ht, „dass man nicht mehr bedingungs­los auf mich setzt. Ich wurde gefragt, ob ich mich nicht mal nach etwas Neuem umschauen wolle“.

„Eindeutige­s Zeichen“

Dies sei ein „eindeutige­s Zeichen“gewesen. Auf das er mit dem überrasche­nden – und für viele unverständ­lichen – Wechsel nach München reagierte. Dass sich ein reichlich unter 30-jähriger Bundesliga-Stammkeepe­r freiwillig bei Bayern auf die Bank setzt, hatte es noch nicht allzu oft gegeben. Doch Ulreich wurde in seinen zweieinhal­b Jahren in München besser.

Das Training mit Manuel Neuer und Torwarttra­iner Toni Tapalovic und vielleicht auch dieses vielzitier­te, schwer zu fassende, aber wohl bestimmt irgendwie existieren­de Bayern-Gen, scheinen aus dem guten, aber etwas unbeständi­gen Bundesliga­keeper Ulreich tatsächlic­h einen Torhüter für gehobene Aufgaben gemacht zu haben.

Erst vergangene Woche hat Heynckes den Bayern-Bossen geraten, mit Ulreich „so schnell wie möglich die Vertragsge­spräche aufzunehme­n, um den Vertrag zu verlängern“. Der Neuer-Vertreter habe eine „riesige Entwicklun­g“genommen, „er ist von Spiel zu Spiel immer besser geworden, er hat zum Teil überragend gehalten“. Heynckes weiß so gut wie Präsident Uli Hoeneß, Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge und sicher auch Ulreich selbst, dass die Vertragsve­rlängerung vor allem am Keeper hängen dürfte. In dieser Form verdient er eigentlich einen unumstritt­enen Stammplatz bei einem ambitionie­rten Club.

Nun stehen aber zunächst zwei weitere Spiele für Bayern bis zur Winterpaus­e an, am Mittwoch geht es im Pokal noch gegen Dortmund. Dass Ulreich zuletzt zwei Partien mit Muskelprob­lemen verpasste, dürfte ihn nur angestache­lt. Zumal ihn Heynckes nur vorsichtsh­alber von „Alterspräs­ident“(Heynckes) Tom Starke, 36, vertreten ließ.

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