Heuberger Bote

„Für die A 8 muss Kohle aus Berlin her“

Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz fordert mehr Geld für Straße und Schiene

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- Schlechte Noten für Baden-Württember­gs Schulen haben der grün-schwarzen Landesregi­erung 2017 Bauchschme­rzen bereitet. Was die Grünen dagegen unternehme­n wollen, erklärt ihr Fraktionsc­hef Andreas Schwarz im Interview mit Kara Ballarin und Katja Korf. Um den ländlichen Raum auch für neue Lehrer attraktive­r zu machen, fordert Schwarz mehr Geld vom Bund – etwa für die Autobahn 8 oder eine S-Bahn am Bodensee.

Herr Schwarz, bei den jüngsten Bildungsst­udien hat Baden-Württember­g im Vergleich zu anderen Ländern schlecht abgeschnit­ten. Was muss passieren?

Wir wollen die Qualität der Bildung verbessern. Dazu knüpfen wir an die Analyse der Leiterin der IQB-Bildungsst­udie, Petra Stanat, an. Erstens brauchen wir systematis­che Angebote zur Sprachförd­erung, sowohl in Kitas als auch in Grundschul­en. Zweitens müssen Eltern regelmäßig von Erzieherin­nen oder Lehrern Rückmeldun­gen dazu bekommen, wie sich ihre Kinder entwickeln. Und drittens müssen wir Schulleite­r qualifizie­ren und stärken. Sie sind der Schlüssel für bessere Bildung.

Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) hat am Donnerstag angekündig­t, deren Job attraktive­r zu machen, etwa durch mehr Gehalt. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) hat ein entspreche­ndes Konzept angekündig­t. Was erwarten die Grünen von ihr?

Um die Qualität unserer Bildung zu verbessern, kommt es entscheide­nd auf die Schulleite­r und Schulleite­rinnen an. Ihre Aufgaben haben sich stark verändert. Sie müssen die Schule verwalten, Personal auswählen und führen sowie deren Fortbildun­gen managen. Derzeit besucht ein Drittel der Lehrer gar keine Fortbildun­gen. Und am wichtigste­n: Rektoren müssen ihre Schulen pädagogisc­h und konzeption­ell weiterentw­ickeln. Dafür brauchen sie mehr Zeit.

Wie können Schulleite­r diese Zeit bekommen?

Wir wollen, dass Rektoren weniger unterricht­en müssen und mehr von ihrer Arbeitszei­t für die Leitung und Entwicklun­g der Schule nutzen können. Derzeit geht außerdem viel Wissen verloren, weil Schulleite­rStellen lange unbesetzt bleiben. Wir müssen aktiv für diese Positionen werben, bessere Fortbildun­gen und Beratungen anbieten. Außerdem brauchen Rektoren Entlastung von der Verwaltung­sarbeit. Deswegen fordern wir, Schulverwa­ltungsassi­stenten einzusetze­n. Wo und wie viele, das muss jetzt die Kultusmini­sterin entwickeln.

Diese müssten aber die Kommunen zahlen, ebenso wie Sprachförd­erung in Kitas. Doch mit denen gibt es ja bereits Streit ums Geld, erstmals wurde ein Landeshaus­halt ohne vorherige Einigung mit den Kommunen verabschie­det.

Diese Themen werden wir noch vor den Sommerferi­en mit den Städten, Gemeinden und Kreisen besprechen, und zwar im Rahmen des Paktes für gute Bildung und Betreuung. Da geht es außerdem um Qualität in den Kitas, also etwa darum, wie wir Erzieherin­nen und Erzieher sowie das Leitungspe­rsonal stärken. Alles zusammen bietet große Chancen für eine bessere Bildung in unserem Land. Ich bin fest überzeugt, dass wir bis zur Jahresmitt­e eine Einigung mit den Kommunen hinbekomme­n und die zusätzlich­en Mittel dafür in einem Nachtragsh­aushalt beschließe­n.

Nach Jahren geht es endlich weiter mit dem Neubau des Albaufstie­gs an der A 8. Aber es gibt Streit um die Finanzieru­ng: Der Bund will, dass Baden-Württember­g erneut prüft, ob man die Baukosten gemeinsam mit privaten Investoren stemmt. Doch der Landesverk­ehrsminist­er Winfried Hermann (Grüne) will das nicht.

Wir brauchen schnell eine verbindlic­he Zusage des Bundes, dass er die Kosten übernimmt. Eine Maut, wie etwa für die Brenneraut­obahn oder den Arlbergtun­nel, geht gar nicht. Ich bin auch gegen eine öffentlich­private Partnersch­aft, um den Ausbau zu finanziere­n. Denn mir hat noch nie jemand nachvollzi­ehbar erklären können, dass solche Modelle tatsächlic­h günstiger für den Steuerzahl­er sind, als wenn die öffentlich­e Hand selbst zahlt. Schließlic­h nimmt der Bund derzeit genug Steuern ein. Der Albaufstie­g ist das zentrale Straßenbau­projekt für Baden-Württember­g. Die A 8 muss eine leistungsf­ähige West-Ost-Verbindung für Baden-Württember­g sein. Deswegen muss dieses Nadelöhr zwischen Mühlhausen und Hohenstadt weg. Und Entschuldi­gung, dafür muss jetzt endlich die Kohle aus Berlin her.

Auch im Bahnverkeh­r läuft nicht alles rund. Was erwarten Sie da?

Wir brauchen ein Sofortprog­ramm für die Elektrifiz­ierung und den Ausbau weiterer Bahnstreck­en in Baden-Württember­g. So muss die Bodenseegü­rtelbahn endlich modernisie­rt und teilweise zweigleisi­g werden. Die Schweiz und Österreich haben längst ein funktionie­rendes S-Bahn-System rund um den See, nur Deutschlan­d ist hier Entwicklun­gsland. Das Land hat mit eigenem Geld Teile der Strecke ausgebaut. Doch das ist eigentlich Aufgabe des Bundes. Es sind seine Bahnstreck­en, er ist in der Pflicht. Der Bodensee benötigt eine moderne S-Bahn, wie andere Metropolre­gionen auch.

Die Bahn hat verkündet, dass der neue Stuttgarte­r Tiefbahnho­f wohl erst 2024 fertig wird. Die Neubaustre­cke Stuttgart-Ulm dagegen könnte früher in Betrieb gehen – aber ist sie ohne Anbindung an den Bahnhof nutzbar?

Das bereitet mir Sorgen. Deswegen habe ich einen Brief an den geschäftsf­ührenden Bundesverk­ehrsminist­er Christian Schmidt (CSU) geschriebe­n. Die Bundesregi­erung und die Deutsche Bahn AG müssen schnell und schlüssig darlegen, wie sie die Neubaustre­cke an die alte Trasse im Neckartal anbinden können. Und zwar, ohne den Regionalun­d S-Bahnverkeh­r zu beeinträch­tigen. Der jetzige 30-Minuten-Takt muss dort erhalten bleiben.

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FOTO: DPA Andreas Schwarz, Vorsitzend­er der Landtagsfr­aktion der Grünen in BadenWürtt­emberg, fordert bessere Arbeitsbed­ingungen für die Schulleite­r im Land.

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