Heuberger Bote

Politik für die „vierbeinig­en Schätzchen“boomt in Italien

- Von Thomas Migge, Rom

ierliebhab­er vereinigt euch: Das scheint das neue politische Motto Italiens zu sein. Um die Welt gingen vor einiger Zeit Fotografie­n, die Medienzar Silvio Berlusconi mit einem kleinen weißen Pudel zeigen, Dudù genannt, der seiner Lebensgefä­hrtin Francesca Pasquale gehört. Zahllose Male ließ sich der Chef der Mitte-rechts-Partei Forza Italia mit „meinem kleinen Liebling“ablichten und sagte, mit ernstem Gesicht, dass „wir uns auch für unseren vierbeinig­en Mitbewohne­r starkmache­n müssen“.

Stark macht sich Berlusconi seit Längerem auch für Michela Brambilla. Die ehemalige Tourismusm­inisterin der vierten Regierung Berlusconi­s gründete 2016 die „Italienisc­he Vereinigun­g zum Schutz der Tiere und der Umwelt“. Eine Vereinigun­g, die auch Partei ist und bei den kommenden Parlaments­wahlen im Frühjahr 2018 antreten und Stimmen gewinnen will – vor allem der italienisc­hen Tierhalter. Das sind viele. Vorsichtig­en Schätzunge­n zufolge halten sich die rund 60 Millionen Italiener etwa 60 Millionen Hunde und Katzen.

Dass Brambillas Tierschutz­partei enge Beziehunge­n zu Berlusconi­s Forza Italia unterhält, führt zu scharfer Kritik bei den Sozialdemo­kraten. „Das ist eine Art Zuarbeiter­partei des Medienzare­n“, schimpft die Sozialdemo­kratin Bazzoni, „mit dem einzigen Ziel, Forza Italia mehr Stimmen zuzuführen.“Der Kommunist Fausto Bertinotti sprach von einem „geschickte­n Geniestrei­ch“. Klar ist, dass nach den Wahlen Brambillas Tierschutz­partei und Forza Italia eine Koalition eingehen werden. Brambilla wird laut Umfragen die Dreiprozen­thürde für Parteien schaffen und ins Parlament einziehen. „Das abgekartet­e Spiel mit dem vermeintli­chen Tierschutz“, so die Tageszeitu­ng „La Repubblica“, „wird sich wahltaktis­ch auszahlen.“

Tierschutz soll Stimmen bringen

Tatsache ist, dass immer mehr Bürger mehr konkreten Tierschutz im Allgemeine­n und für Haustiere im Besonderen fordern. Darunter ein nationales Verzeichni­s von Haustieren und die deutliche Verbesseru­ng der Bedingunge­n in den oft dramatisch herunterge­kommenen Tierheimen. Brambilla hatte das erkannt. Auf den gleichen Zug springen jetzt auch die Sozialdemo­kraten auf, die fürchten, bei den kommenden Parlaments­wahlen schlecht abzuschnei­den. Im mittelital­ienischen Pescara ist die ANA entstanden – die Allianz für Tiere. Gegründet wurde die neue Tierschutz­partei vom Direktor der städtische­n Kunstakade­mie, von einem Telekomman­ager und einem Unternehme­r. Alle drei sind Mitglieder der sozialdemo­kratischen Partei und erklärten bereits, dass sie mit Matteo Renzis Partei ein Bündnis eingehen würden.

Die ANA will sich ebenfalls verstärkt für Tierheime einsetzen. Auch für die städtische­n Bedienstet­en dieser Einrichtun­gen, die, so Parteigrün­der Eugenio Carlomagno von der ANA, „in den meisten Fällen nur 600 Euro netto im Monat verdienen“. Jüngsten Umfragen zufolge kommt diese neue Politik bei den italienisc­hen Haustierei­gentümern gut an. So gut, dass auch die Protestbew­egung Fünfsterne des Ex-Komikers Beppe Grillo die Gründung einer Tierschutz­partei erwägt.

Italien auf dem politische­n Tierschutz­trip? Anscheinen­d. „Wichtig ist doch vor allem“, meinte Berlusconi auf den Boom angesproch­en, dass „diese Politik unseren vierbeinig­en Schätzchen zugutekomm­t“.

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