Solarcomplex will Verträge anpassen
Ölpreisgarantie bringt Unternehmen in Bedrängnis – Meßkircher Kunden sind betroffen
- Seit 2011 betreibt das Singener Unternehmen Solarcomplex ein Nahwärmenetz in Meßkirch. Die Kunden hatten damals eine Ölpreisgarantie vertraglich zugesagt bekommen: Das heißt, dass der Wärmepreis stets unter dem des aktuellen Ölpreises liegt. Diese Klausel war damals als Absicherung gegen steigende Hackschnitzelpreise gedacht, doch genau diese Preisgarantie bringt das Bürgerunternehmen jetzt in Bedrängnis.
„Die Situation ist in eine andere Richtung gegangen: Die Hackschnitzelpreise sind gleich geblieben, der Ölpreis ist massiv gesunken“, sagt Bene Müller vom Vorstand von Solarcomplex. Die Folge sei, dass die Firma ihre Wärmelieferungen weit unter dem eigentlich fälligen Preis verkaufen müsse. Bei Vertragsabschluss 2011 betrug der vereinbarte Wärmepreis in Meßkirch 85 Euro pro Megawattstunde. Aufgrund der gesunkenen Ölpreise lag der abgerechnete Wärmepreis 2016 wegen der Preisgarantie bei 52 Euro pro Megawattstunde – anstatt dem eigentlich fälligen Preis von 83,45 Euro. Für 2017 wird sich der abgerechnete Preis zwischen 60 bis 65 Euro bewegen. Der eigentlich fällige würde bei 82 Euro liegen. Betroffen sind in der Region neben dem Netz in Meßkirch noch die Anlagen in Randegg, Weiterdingen, Schlatt, Grosselfingen und Lippertsreute – auch hier gilt die Ölpreisgarantie im Vertrag.
Die Verluste durch die Ölpreisgarantie addierten sich 2015 auf rund 300 000 Euro für alle sechs Kommunen. Für 2016 waren es bereits etwa 560 000 Euro, berichtet Müller. Die Verluste allein für Meßkirch beliefen sich 2016 auf knapp 108 000 Euro. Der Preisverfall bei Heizöl seit dem Herbst 2014 wurde von Solarcomplex zunächst ausgeblendet, weil man davon ausging, dass dies eine vorübergehende Erscheinung sei, berichtet Müller. „In den vergangenen drei Jahren ist eine Situation entstanden, die zu einer extremen und einseitigen Belastung geführt hat und die wir betriebswirtschaftlich nicht dauerhaft tragen können“, sagt der Unternehmer. Die Kunden wurden daher gebeten, einer Vertragsergänzung zuzustimmen. Demnach darf ungeachtet der Ölpreisgarantie ab 2018 zumindest ein Preis von mindestens 80 Euro pro Megawattstunde abgerechnet werden. Dies sei weniger als der damalige Startpreis von 85 Euro. Soweit die Deckelung des Preises nach unten, die Obergrenze des Preises beträgt künftig 100 Euro pro Megawattstunde – teurer wird es für die Kunden nicht. „Für eine kurzfristige Entlastung von Solarcomplex gibt es eine langfristige Absicherung der Kunden“, sagt Müller. Der Kunde sei durch die Obergrenze nämlich bei steigenden Wärmepreisen abgesichert. „Wir sind der Meinung, das ist ein durchaus faires Angebot.“Bei Informationsveranstaltungen in den betreffenden Orten wurden die Kunden informiert.
Solarcomplex hofft auf ein Entgegenkommen: „Es ist ein Appell an eine gewisse Solidarität. Es bringt nichts, wenn der eigene Versorger am Ende kaputt geht“, sagt Müller. „Stand heute hat etwa die Hälfte aller Kunden die von uns angebotene Vertragsergänzung unterschrieben. Darüber sind wir erfreut und erleichtert. Wir stehen noch mit einigen Kunden im Gespräch.“Er gehe davon aus, dass rund zwei Drittel der Kunden mitziehen werden. „Das verbleibende Drittel hat dann nicht die Absicherung durch die Preisobergrenze und wird mit einem Schreiben darüber informiert, dass wir uns die Kündigung nach den ersten zehn Jahren Lieferdauer vorbehalten.“Ob man mit der Vertragsergänzung insgesamt besser oder schlechter fahre, werde man erst im Nachhinein sagen können. „Wesentlich ist die zukünftige Entwicklung der Energiepreise. Diese hängt vor allem von globalen Entwicklungen ab und ist nicht vorhersagbar“, sagt Müller.
Nicht alle Kunden sind begeistert: Ein Engener schreibt der „Schwäbischen Zeitung“, dass er es unfair findet, dass die Kunden für die Verluste von Solarcomplex herangezogen werden. „Wenn hier jemand zur Rechenschaft gezogen werden muss, dann sind es die Vorstandschaft und der Aufsichtsrat von Solarcomplex sowie im Notfall auch die Aktionäre“, so der Mann.