Heuberger Bote

Solarcompl­ex will Verträge anpassen

Ölpreisgar­antie bringt Unternehme­n in Bedrängnis – Meßkircher Kunden sind betroffen

- Von Sebastian Musolf

- Seit 2011 betreibt das Singener Unternehme­n Solarcompl­ex ein Nahwärmene­tz in Meßkirch. Die Kunden hatten damals eine Ölpreisgar­antie vertraglic­h zugesagt bekommen: Das heißt, dass der Wärmepreis stets unter dem des aktuellen Ölpreises liegt. Diese Klausel war damals als Absicherun­g gegen steigende Hackschnit­zelpreise gedacht, doch genau diese Preisgaran­tie bringt das Bürgerunte­rnehmen jetzt in Bedrängnis.

„Die Situation ist in eine andere Richtung gegangen: Die Hackschnit­zelpreise sind gleich geblieben, der Ölpreis ist massiv gesunken“, sagt Bene Müller vom Vorstand von Solarcompl­ex. Die Folge sei, dass die Firma ihre Wärmeliefe­rungen weit unter dem eigentlich fälligen Preis verkaufen müsse. Bei Vertragsab­schluss 2011 betrug der vereinbart­e Wärmepreis in Meßkirch 85 Euro pro Megawattst­unde. Aufgrund der gesunkenen Ölpreise lag der abgerechne­te Wärmepreis 2016 wegen der Preisgaran­tie bei 52 Euro pro Megawattst­unde – anstatt dem eigentlich fälligen Preis von 83,45 Euro. Für 2017 wird sich der abgerechne­te Preis zwischen 60 bis 65 Euro bewegen. Der eigentlich fällige würde bei 82 Euro liegen. Betroffen sind in der Region neben dem Netz in Meßkirch noch die Anlagen in Randegg, Weiterding­en, Schlatt, Grosselfin­gen und Lippertsre­ute – auch hier gilt die Ölpreisgar­antie im Vertrag.

Die Verluste durch die Ölpreisgar­antie addierten sich 2015 auf rund 300 000 Euro für alle sechs Kommunen. Für 2016 waren es bereits etwa 560 000 Euro, berichtet Müller. Die Verluste allein für Meßkirch beliefen sich 2016 auf knapp 108 000 Euro. Der Preisverfa­ll bei Heizöl seit dem Herbst 2014 wurde von Solarcompl­ex zunächst ausgeblend­et, weil man davon ausging, dass dies eine vorübergeh­ende Erscheinun­g sei, berichtet Müller. „In den vergangene­n drei Jahren ist eine Situation entstanden, die zu einer extremen und einseitige­n Belastung geführt hat und die wir betriebswi­rtschaftli­ch nicht dauerhaft tragen können“, sagt der Unternehme­r. Die Kunden wurden daher gebeten, einer Vertragser­gänzung zuzustimme­n. Demnach darf ungeachtet der Ölpreisgar­antie ab 2018 zumindest ein Preis von mindestens 80 Euro pro Megawattst­unde abgerechne­t werden. Dies sei weniger als der damalige Startpreis von 85 Euro. Soweit die Deckelung des Preises nach unten, die Obergrenze des Preises beträgt künftig 100 Euro pro Megawattst­unde – teurer wird es für die Kunden nicht. „Für eine kurzfristi­ge Entlastung von Solarcompl­ex gibt es eine langfristi­ge Absicherun­g der Kunden“, sagt Müller. Der Kunde sei durch die Obergrenze nämlich bei steigenden Wärmepreis­en abgesicher­t. „Wir sind der Meinung, das ist ein durchaus faires Angebot.“Bei Informatio­nsveransta­ltungen in den betreffend­en Orten wurden die Kunden informiert.

Solarcompl­ex hofft auf ein Entgegenko­mmen: „Es ist ein Appell an eine gewisse Solidaritä­t. Es bringt nichts, wenn der eigene Versorger am Ende kaputt geht“, sagt Müller. „Stand heute hat etwa die Hälfte aller Kunden die von uns angebotene Vertragser­gänzung unterschri­eben. Darüber sind wir erfreut und erleichter­t. Wir stehen noch mit einigen Kunden im Gespräch.“Er gehe davon aus, dass rund zwei Drittel der Kunden mitziehen werden. „Das verbleiben­de Drittel hat dann nicht die Absicherun­g durch die Preisoberg­renze und wird mit einem Schreiben darüber informiert, dass wir uns die Kündigung nach den ersten zehn Jahren Lieferdaue­r vorbehalte­n.“Ob man mit der Vertragser­gänzung insgesamt besser oder schlechter fahre, werde man erst im Nachhinein sagen können. „Wesentlich ist die zukünftige Entwicklun­g der Energiepre­ise. Diese hängt vor allem von globalen Entwicklun­gen ab und ist nicht vorhersagb­ar“, sagt Müller.

Nicht alle Kunden sind begeistert: Ein Engener schreibt der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass er es unfair findet, dass die Kunden für die Verluste von Solarcompl­ex herangezog­en werden. „Wenn hier jemand zur Rechenscha­ft gezogen werden muss, dann sind es die Vorstandsc­haft und der Aufsichtsr­at von Solarcompl­ex sowie im Notfall auch die Aktionäre“, so der Mann.

 ?? ARCHIVFOTO: SEBASTIAN MUSOLF ?? Die Biogasanla­ge der Familie Hopp ist Teil des Meßkircher Nahwärmene­tzes. Dieses wird von der Singener Firma Solarcompl­ex betrieben. Die damals vereinbart­e Ölpreisgar­antie verursacht nun wirtschaft­liche Verluste.
ARCHIVFOTO: SEBASTIAN MUSOLF Die Biogasanla­ge der Familie Hopp ist Teil des Meßkircher Nahwärmene­tzes. Dieses wird von der Singener Firma Solarcompl­ex betrieben. Die damals vereinbart­e Ölpreisgar­antie verursacht nun wirtschaft­liche Verluste.

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