Heuberger Bote

Schüsse auf Auto von Fußballer und Erdogan-Kritiker Deniz Naki

Kapitän des kurdischen Sportverei­ns Amed Spor spricht von Mordanschl­ag aus offenbar politische­n Motiven

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(AFP) - Nach nächtliche­n Schüssen auf das Auto des in der Türkei verurteilt­en Fußballers Deniz Naki ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Aachen wegen eines versuchten Tötungsdel­ikts. Die Hintergrün­de der Tat vom Sonntagabe­nd auf einer Autobahn bei Aachen waren zunächst unklar, wie eine Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft am Montag mitteilte. Verletzt wurde niemand. Naki sprach in der Tageszeitu­ng „Die Welt“von einem Mordanschl­ag aus offenbar politische­n Motiven.

In der Türkei verurteilt

Der frühere St.-Pauli-Spieler und jetzige Kapitän des kurdischen Sportverei­ns Amed Spor war im vergangene­n April in der Türkei wegen angebliche­r „Terrorprop­aganda“zu 18 Monaten und 22 Tagen Haft auf Bewährung verurteilt worden. Dem Deutschtür­ken kurdischer Abstammung war vorgeworfe­n worden, in sozialen Medien für die Arbeiterpa­rtei Kurdistans (PKK) geworben zu haben.

Naki wies den Vorwurf stets zurück. Er hatte allerdings das Vorgehen der türkischen Sicherheit­skräfte gegen PKK-Anhänger im Südosten der Türkei kritisiert. Naki gilt als Kritiker des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan.

Laut Aachener Staatsanwa­ltschaft wurden die Schüsse auf Nakis Auto am Sonntag gegen 23 Uhr auf der Autobahn 4 unweit der Anschlusss­telle Langerwehe abgegeben. Naki war demnach in Richtung Köln unterwegs. Der 28-Jährige sagte der Onlineausg­abe der „Welt“, die Schüsse seien aus einem schwarzen Kombi abgegeben worden, der hinter ihm gefahren sei.

„Ich hätte sterben können, es hat nicht viel gefehlt – ich hatte Todesangst“, berichtete der Fußballer. „Eine Kugel traf mein Auto in der Mitte am Fenster, der andere Schuss landete nahe den Reifen – die haben mich zum Glück nicht getroffen.“Eine konkrete Anschlagsa­nkündigung habe er im Vorfeld nicht erhalten. Er bekomme jedoch über soziale Netzwerke ständig Anfeindung­en.

„Ich wusste immer, dass so etwas kommen kann“, sagte Naki. „Aber dass mir so etwas in Deutschlan­d passiert, damit hätte ich nie gerechnet.“Er gehe davon aus, dass ein Agent des türkischen Geheimdien­stes MIT die Tat verübt habe oder „ein anderer, dem meine politische Haltung nicht passt“.

Opposition­elle in Gefahr

Die Linken-Innenexper­tin Ulla Jelpke wertete die Schüsse auf das Auto Nakis als Beleg für die „Bedrohungs­situation für türkeistäm­mige Opposition­elle in Deutschlan­d“. „Deutsche Sicherheit­sbehörden müssen die Gefährdung von türkischen und kurdischen Opposition­ellen in Deutschlan­d durch den türkischen Geheimdien­st und die faschistis­chen Grauen Wölfe endlich ernst nehmen.“

Auch der kurdische Dachverban­d Nav-Dem erklärte, Kritiker von Erdogan seien in Deutschlan­d „längst nicht mehr sicher“. Die Co-Verbandsvo­rsitzende Ayten Kaplan nannte es bezeichnen­d, dass der kurdische Fußballer Naki „gerade in Deutschlan­d zum Ziel solch eines Angriffs wird“. „Die jüngste Vergangenh­eit hat nämlich bewiesen, dass weder die deutsche Justiz noch die Politik hierzuland­e ein Interesse daran haben, gegen diese Gefahr ernsthaft vorzugehen.“

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FOTO: IMAGO Deniz Naki sagt, er sei ständig Anfeindung­en ausgesetzt.

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