Heuberger Bote

Grundsteue­rreform könnte Mietern nutzen

Verfassung­sgericht verhandelt im Januar, ob künftig nur noch der Boden besteuert wird

- Von Hannes Koch

- Die Grundsteue­r betrifft jeden. Immobilien­besitzer, die ihre Wohnungen oder Häuser bewohnen, bezahlen sie selbst. Bei Mietshäuse­rn dürfen die Eigentümer sie auf die Mieter umlegen. Nun steht eine Reform an. Denn das Bundesverf­assungsger­icht verhandelt am 16. Januar 2018 über mehrere Klagen gegen das Gesetz. Möglicherw­eise werden die Richter die jetzige Konstrukti­on verwerfen. Ein breites Bündnis von Verbänden und Ökonomen fordert derweil, künftig nicht mehr die Gebäude, sondern nur noch den Boden zu besteuern.

An wenigen Stellen ist das Steuersyst­em so veraltet wir hier. Für Immobilien im früheren Westdeutsc­hland basiert die Berechnung noch immer auf den sogenannte­n Einheitswe­rten von 1964. In Ostdeutsch­land, dem Gebiet der ehemaligen DDR, dienen sogar Werte von 1935 als Grundlage. Der Bundesfina­nzhof hält das Verfahren deshalb für verfassung­swidrig.

Schließlic­h haben sich die Bedingunge­n teils völlig verändert. Ein Grundstück mit Haus, das früher auf dem platten Land lag, gehört mittlerwei­le vielleicht zum Vorort einer Stadt. Der reale Wert ist höher, als bei der Steuerbere­chnung zugrunde gelegt wird. So kommt es zu massiven Verzerrung­en.

Es steht viel auf dem Spiel

Im Januar verhandelt deshalb das Bundesverf­assungsger­icht und entscheide­t wohl wenige Monate später. Besonders die Städte und Gemeinden beobachten diese Entwicklun­g gespannt, denn ihnen stehen die Einnahmen zu. 2015 waren das rund 13 Milliarden Euro – ein beträchtli­cher Teil der Gemeindefi­nanzierung.

Heute wird die Grundsteue­r auf den Boden erhoben und die Gebäude, die darauf stehen. Ein Bündnis aus Organisati­onen, die sonst eher nicht zusammenar­beiten, fordert das zu ändern. Dazu gehören beispielsw­eise der Deutsche Mieterbund, das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln und der Naturschut­z (Nabu). Dessen Sprecher für Baupolitik, Ulrich Kriese, sagt: „Die alte Grundsteue­r wird den gegenwärti­gen Herausford­erungen einfach nicht mehr gerecht.“

Das Bündnis schlägt vor, nur noch den Boden zu besteuern, wobei das Aufkommen insgesamt stabil bleiben soll. Damit stiege die Steuerbela­stung der Grundstück­e, für Gebäude sänke sie. Mehrere positive Effekte erhoffen sich Kriese und seine Mitstreite­r: „Baureife Grundstück­e brach liegen zu lassen, wird durch die höhere Steuer unattrakti­ver. Die Bodenwerts­teuer wirkt so als Anreiz zum Wohnungsba­u“, sagt der NabuSprech­er. Und wenn mehr Wohnungen entstehen, entspannt sich der Markt, der Druck in Richtung Mietsteige­rung nimmt ab.

So könnten schließlic­h auch die Mieter von der Steuerrefo­rm profitiere­n. Im Übrigen mache die Sache auch ökologisch Sinn, so Kriese. Er geht davon aus, dass leere Grundstück­e in Städten, wo der Bodenwert und somit auch die Steuer hoch sind, schneller bebaut werden, während die Zersiedlun­g der Landschaft etwas abnehme.

Bundesländ­er gegen Entwurf

Diese Argumente teilt die Mehrheit der Bundesländ­er bisher nicht. Unter Führung von Niedersach­sen und Hessen haben die meisten Landesregi­erungen 2016 im Bundesrat einer Reform der Grundsteue­r zugestimmt, die die Ungereimth­eiten der Berechnung beseitigen, grundsätzl­ich aber an der kombiniert­en Steuer auf Boden und Gebäude festhalten soll. „Ein Gebäude trägt nun mal entscheide­nd zum Wert eines Grundstück­s bei“, sagt Moritz Josten, Sprecher des hessischen Finanzmini­steriums.

Nur Hamburg und Bayern waren gegen den Entwurf der LänderMehr­heit. Unter anderem wegen der Ablehnung durch die CSU beschäftig­te sich der Bundestag in der vergangene­n Wahlperiod­e erst gar nicht mit dem Länder-Entwurf. Weil die Bundestags­wahl dazwischen­kam, ist dieser Entwurf nun verfallen.

Ein neuer Anlauf ist fällig. Während das hessische Finanzmini­sterium an der Idee festhält, ist Niedersach­sens neuer CDU-Finanzmini­ster Reinhold Hilbers nicht mehr so überzeugt. Er weist vor allem auf die komplizier­te Neuberechn­ung der Gebäudewer­te hin. Diese kann Jahre dauern, während die Bodenricht­werte bekannt sind. Und möglicherw­eise setzt das Bundesverf­assungsger­icht einen engen Zeitrahmen für die Reform. Dies könnte als Schub weg von der kombiniert­en und hin zu einer reinen Bodenwerts­teuer wirken.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Ravensburg­er Altstadt: Von der Grundsteue­r sind sowohl Mieter als auch Hausbesitz­er betroffen. Für die Kommunen ist sie eine wichtige Einnahmequ­elle.

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