Heuberger Bote

Energiewen­de: BDI warnt vor Produktion­sverlageru­ngen

Verbandspr­äsident Kempf fordert in der Energie- und Klimapolit­ik mehr Realismus – Kritik von Grünen und Linken

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(dpa) - BDI-Präsident Dieter Kempf hat vor Alleingäng­en Deutschlan­ds in der Energie- und Klimapolit­ik gewarnt. Solche nationalen Schritte seien kontraprod­uktiv, denn „Produktion würde ins Ausland verlagert, der Strompreis weiter steigen“, sagte der Chef des Bundesverb­ands der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin. „Zu den Leitlinien der Energie- und Klimapolit­ik sollte keine Schwächung, sondern die Stärkung der industriel­len Wettbewerb­sfähigkeit gehören.“

Kempf forderte in der Energieund Klimapolit­ik – vor allem mit Blick auf das Ziel Deutschlan­ds, bis 2020 die Kohlendiox­idemission­en um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern – mehr Realismus und eine sachliche Debatte: „Wir müssen uns jeden Sektor – Industrie, Energie, Verkehr, Gebäude – einzeln anschauen und jeweils politische Instrument­e definieren.“

Der BDI-Präsident kündigte an, am 18. Januar solle eine große Klimastudi­e im Auftrag des BDI veröffentl­icht werden. Die Industrie wolle eine umfassende Faktenbasi­s zu den technische­n und wirtschaft­lichen Potenziale­n des Abbaus von Kohlendiox­id vorlegen. „Für den Erfolg der Energiewen­de sind umfangreic­he Innovation­en und massive Investitio­nen zentral. Klimaschut­z ist kein finanziell­er Selbstläuf­er. Die meisten notwendige­n Investitio­nen sind mit erhebliche­n Mehrkosten verbunden. Das ist volkswirts­chaftlich nur möglich, wenn die Anreize richtig ausgestalt­et werden.“

„Strompreis-Eldorado“

Der Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer sagte, Deutschlan­d sei das „Strompreis-Eldorado“für die meisten energieint­ensiven Industrien. „Sie zahlen kaum Netzentgel­te und EEG-Umlage und werden dabei mit rund acht Milliarden Euro von den privaten Haushalten und kleineren Firmen subvention­iert.“Kempf sollte Krischer zufolge „die Kirche im Dorf lassen“. Klimaschut­z sei eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe.

Kritik kam auch von der Umweltorga­nisation WWF. „Wer wieder einmal mit der Mär der Produktion­sverlageru­ng argumentie­rt, schürt Ängste, statt der Realität ins Auge zu blicken“, sagte Michael Schäfer, Leiter des Fachbereic­hs Klimaschut­z und Energiepol­itik beim WWF Deutschlan­d. „Denn Klimaschut­z und Wettbewerb­sfähigkeit schließen sich nicht aus, im Gegenteil: Wir bleiben nur wettbewerb­sfähig und schützen den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d, wenn wir uns nachhaltig aufstellen.“

Der Linke-Bundestags­abgeordnet­e Lorenz Gösta Beutin kritisiert­e, die Industrie dürfe nicht weiter „Klimaheuch­elei“betreiben. „Echter Klimaschut­z ist auch für die Industrie ein Muss.“Sie könne sich nicht aus der Verantwort­ung stehlen. Auch im Interesse der Beschäftig­ten müsse der sozial-ökologisch­e Strukturwa­ndel angegangen, statt weiter verdrängt werden.

BDI-Präsident Kempf sieht viel Potenzial vor allem in der Gebäudesan­ierung. „Fast 40 Prozent des Energiever­brauchs gehen auf das Konto der rund 20 Millionen deutschen Gebäude. Es kann nicht sein, dass für Neubauten immer strenge Vorschrift­en gelten für mehr Energieeff­izienz, die Sanierung von Altbauten aber vernachläs­sigt wird.“

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FOTO: DPA Steinkohle­kraftwerk Mehrum bei Hohenhamel­n.

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