Heuberger Bote

Digitale Spuren

Freiburger Mordprozes­s: Handy-Auswertung ergibt, dass Hussein K. länger am Tatort war als vermutet

- Von Jürgen Ruf

(dpa) - Im Prozess um den Sexualmord an einer Studentin sehen die Ermittler den Tatvorwurf gegen Flüchtling Hussein K. nach Auswertung von dessen Handydaten als erhärtet an. Die auf dem Mobiltelef­on gespeicher­ten Standort- und Bewegungsd­aten belegten, dass Hussein K. in der Tatnacht am Tatort gewesen sei, sagte ein Experte der Kriminalpo­lizei am Montag vor dem Landgerich­t. Er habe sich dort rund eine Stunde und 45 Minuten aufgehalte­n und damit länger als bislang vermutet. Erst am frühen Morgen habe er sich entfernt.

Hussein K. werden Mord und besonders schwere Vergewalti­gung vorgeworfe­n. Er hat zugegeben, im Oktober 2016 nachts in Freiburg die 19-Jährige vergewalti­gt und bis zur Bewusstlos­igkeit gewürgt zu haben. Die Frau ertrank im Wasser des Flusses Dreisam. Ein Urteil soll es frühestens Mitte März geben.

In dem Fall habe die Polizei erstmals in Baden-Württember­g Spezialist­en der Abteilung Cybercrime in eine Sonderkomm­ission geholt, sagte der Beamte. Der Grund sei die Vielzahl digitaler Spuren gewesen. Hussein K. habe ein Handy der neuesten Generation bei sich getragen. Dieses speichere automatisc­h Daten, unter anderem zu Standorten und Bewegungen. Auch Höhenprofi­le ließen sich so erstellen. Die Polizei sei jedoch technisch nicht in der Lage, diese Daten zu entschlüss­eln – sie habe daher Spezialist­en einer privaten Hackerfirm­a beauftragt. So seien die Beamten an die Daten gekommen.

Fast zwei Stunden am Tatort

Diese belegten, dass Hussein K. zur Tatzeit am Tatort gewesen sei. Er habe sich rund 30 Minuten vor dem Angriff auf die Studentin dort aufgehalte­n und rund eine Stunde und 15 Minuten danach. Den Ort verlassen habe er in dieser Zeit nicht. Die Analyse der Höhenangab­en zeige, dass er sich vor der Attacke mit großer Wahrschein­lichkeit am Uferweg aufhielt und dort möglicherw­eise auf ein Opfer gewartet habe. Danach sei er die ganze Zeit im tiefer gelegenen Fluss gewesen. Die Frau wurde den Ermittlung­en zufolge vom Uferweg eine Böschung hinunter in den Fluss gezogen und dort vergewalti­gt und getötet. An der Böschung wurden Spuren von Hussein K. gefunden.

Diese Daten widerspräc­hen der Aussage des Angeklagte­n, wie der Beamte sagte. Hussein K. hatte bei seinem Geständnis zum Prozessauf­takt Anfang September vergangene­n Jahres angegeben, der jungen Frau zufällig begegnet zu sein und diese aus einem Affekt heraus angegriffe­n zu haben. Eine geplante Tat sei es nicht gewesen, auch habe er der Frau nicht aufgelauer­t.

Die Studentin war nachts alleine mit dem Fahrrad auf dem Weg von einer Studentenp­arty nach Hause, als sie Opfer des Verbrechen­s wurde. Hussein K. wurde rund sieben Wochen nach der Tat festgenomm­en.

Es geht in dem Prozess auch um die Frage, wie alt der vor der Jugendkamm­er stehende Mann ist. Das hat Auswirkung­en auf die Höhe der Strafe. Er selbst hatte angegeben, aus Afghanista­n zu kommen und 16 oder 17 Jahre alt zu sein. Zum Prozessauf­takt gab er zu, gelogen zu haben. Die Staatsanwa­ltschaft hält Hussein K. für mindestens 22 Jahre alt. Entspreche­nde Gutachten und Zeugenauss­agen stützen das.

Fortsetzun­g am 25. Januar

Der Prozess wird am 25. Januar fortgesetz­t, wie die Vorsitzend­e Richterin Kathrin Schenk sagte. Dann sollen zwei Polizeibea­mte aus Griechenla­nd aussagen. Wegen einer schweren Gewalttat an einer jungen Frau im Jahr 2013 war Hussein K. in Griechenla­nd zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, im Oktober 2015 aber vorzeitig gegen Auflagen entlassen worden. Nach seiner Freilassun­g tauchte er unter und kam im November 2015 ohne Papiere nach Deutschlan­d.

Als unbegleite­ter minderjähr­iger Flüchtling lebte er in Freiburg bei einer Pflegefami­lie. Von den Behörden überprüft wurden seine Altersauss­agen den Angaben zufolge nicht.

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