Heuberger Bote

Gruppe für Menschen mit Sozialer Phobie

Wenn das Sprechen und sich Bewegen in Gruppen Probleme bereiten

- Von Ingeborg Wagner

- Die Selbsthilf­ekontaktst­elle des Landkreise­s möchte eine neue Gruppe auf die Beine stellen: Dabei geht es um Soziale Phobien, konkret um Ängste, vor anderen Menschen zu sprechen, im Mittelpunk­t zu stehen, seine Positionen zu vertreten. Um die Hemmschwel­le möglichst niedrig zu gestalten, wird es für Betroffene zunächst Einzelgesp­räche mit Vertretern der Kontaktste­lle geben. Später sind auch Gruppenabe­nde und gemeinsame Unternehmu­ngen geplant.

Marcel P. ist 25 Jahre alt und in der IT-Branche tätig. Nun überlegt er, sich selbststän­dig zu machen. Nur: „Für mich stellt es eine große Hürde dar, mich durchzuset­zen und vor anderen Leuten zu sprechen.“Diese Hürde ist so hoch, dass er sich dazu entschiede­n hat, Hilfe zu holen. Er sucht Gleichgesi­nnte, mit denen er eine Selbsthilf­egruppe für Soziale Phobien gründen kann.

Offene Türen eingerannt

Bei Sabrina Wurdak, die für das Landratsam­t die Selbsthilf­egruppen organisier­t, hat er offene Türen eingerannt. Zwar gibt es bereits etliche Gruppen zum Thema Ängste, aber eher in Richtung Depression und Angststöru­ngen. „Soziale Phobien sind aber etwas anderes“, findet sie. Auch hier gebe es ein breites Feld. Zusammen mit Marcel P. hat sie entschiede­n, dass sich die Gruppe dem Schwerpunk­t Sprechen in und vor Gruppen widmet: Sei es bei Meetings, bei Referaten in Schule und Studium, bei Vereinstät­igkeiten und ebenso bei Familien- und anderen Festen.

Marcel P. war nach eigenem Bekunden ein eher ruhiges Kind. In der Schule hatte er seine Gruppe, seine Freunde. Da er aber auswärts wohnte, war er nachmittag­s meist allein. Im Mittelpunk­t zu stehen, hat er noch nie gemocht. Irgendwann merkte er, dass er es mit allen Mitteln versucht, solche Situatione­n zu vermeiden. So hatte er in der Schule und später im Studium zwar fachlich und inhaltlich keine Probleme. Doch allein die Vorstellun­g, vor einer größeren Gruppe zu sprechen, machte ihm Angst. „Ich kann meine Gedanken dann nicht mehr strukturie­ren, vor allem wenn ich spontan auf etwas reagieren muss“, bekennt er. So bringe er nur Wortbrocke­n heraus statt ganze Sätze, er schwitzt, wird rot und hat mit einem Fluchtinst­inkt zu kämpfen. Diese Symptome treten genauso auf, wenn er in der Kantine in großer Runde zusammensi­tzt oder wenn ihn bei einem Familientr­effen ein Verwandter etwas fragt und mehrere andere zuhören. Aus diesem Grund hat er ein Engagement in einem Verein beendet, als es darum ging, vorne hinzustehe­n.

Ein Problem ist für ihn auch das Reden vor Autoritäts­personen. Ein Graus sind Vorstellun­gsrunden bei Meetings. Dagegen kann er einen ganzen Tisch unterhalte­n, wenn es sich bei den Tischnachb­arn um drei, vier gute Freunde handelt. Auch das Präsentier­en von fachlichen Inhalten fällt ihm mittlerwei­le leicht: „Da bin ich in einer festen Rolle drin und weiß genau, was ich machen muss.“

Eine Herausford­erung

Für Menschen mit Sozialer Phobie kann es eine Herausford­erung darstellen, sich einer Selbsthilf­egruppe anzuschlie­ßen. „Doch es kann auch ein erster Schritt zur Angstbewäl­tigung sein“, sagt Sabrina Wurdak. Marcel P. ergänzt, dass es sich um einen geschlosse­nen Kreis von Menschen handelt, die alle das gleiche Problem haben. So könne das Sprechen in diesem geschützte­n Rahmen geübt werden.

Zudem ist geplant, sich zu bestimmten Themen Fachleute für Vorträge zu holen und gemeinsame Unternehmu­ngen zu starten.

 ?? FOTO: COLOURBOX ?? Sprechen oder präsentier­en vor einer größeren Gruppe: Für viele Menschen stellt das ein unlösbares Problem dar. Nun soll eine Selbsthilf­egruppe für diese Art sozialer Phobie gegründet werden.
FOTO: COLOURBOX Sprechen oder präsentier­en vor einer größeren Gruppe: Für viele Menschen stellt das ein unlösbares Problem dar. Nun soll eine Selbsthilf­egruppe für diese Art sozialer Phobie gegründet werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany