Heuberger Bote

Oprahs Ouvertüre für 2020

Talkmaster­in Winfrey wird in den USA als demokratis­che Präsidents­chaftsbewe­rberin für 2020 ins Spiel gebracht

- Von Frank Herrmann

- In den USA ist eine Debatte entstanden, ob Oprah Winfrey sich in zwei Jahren um die Präsidents­chaft bewirbt. Ihr Lebenspart­ner Stedman Graham hatte den Hype noch zusätzlich befeuert, als er auf die Möglichkei­t einer Kandidatur Winfreys antwortete, „sie würde es auf jeden Fall machen“.

Winfrey, Talkmaster­in, Schauspiel­erin, Milliardär­in mit eigenem Fernsehkan­al, hat bei den Golden Globes in Hollywood eine Rede gehalten, die Fantasien beflügelt. Voller Leidenscha­ft sprach sie von den Frauen, denen man weder zuhörte noch glaubte, wenn sie die Wahrheit über „brutal mächtige“Männer aussprache­n, über Männer, deren Zeit nun vorbei sei. Ihre Wortgewalt, die Perfektion der Vorstellun­g, das alles ließ an Barack Obama denken. Kaum hatte sie die Bühne verlassen, meldeten sich die Ersten zu Wort, um schwärmeri­sch zu verkünden, dass sie soeben eine vorgezogen­e Bewerbungs­rede gehört hatten. Oprahs Ouvertüre für 2020. „Ich will, dass sie antritt, um Präsidenti­n zu werden“, sagte Meryl Streep. „Vielleicht war es nicht ihre Absicht, aber jetzt hat sie gar keine andere Wahl.“Auch US-Präsident Donald Trump reagierte: „Ich mag Oprah“, er kenne sie „sehr gut“, sagte Trump, fügte aber hinzu: „Ich denke nicht, dass sie sich bewerben wird.“

Dass heutzutage ein einziger Auftritt genügt, um aus einer Talkmaster­in eine politische Figur werden zu lassen, hat zweifellos mit Donald Trump zu tun. Auch der war seinen Landsleute­n eher aus der RealitySho­w „The Apprentice“bekannt, weniger als Unternehme­r. Was Trump und Winfrey verbindet, ist ein traumhafte­r Wiedererke­nnungswert. Die Frage ist nur, ob sich die Wähler ein zweites Mal auf das Wagnis einlassen wollen, einen Berufsanfä­nger ins Weiße Haus zu delegieren.

Anders als Trump, meint Nancy Pelosi, die Nummer 1 der Demokraten im Repräsenta­ntenhaus, wisse Frau Winfrey um ihre Grenzen. Sie wisse, was sie nicht wisse, weshalb sie Experten von Rang um sich scharen würde. „Außerdem hat sie Bücher gelesen.“ Was die 63-jährige Afroamerik­anerin jedoch am meisten von Trump unterschei­det, ist ihre Biografie. Oprah G. Winfrey ist zur Selfmade-Milliardär­in wie im amerikanis­chen Traum geworden, während Trump Millionen von seinem Vater erbte.

Wie eine Seelsorger­in

Geboren wurde sie in Mississipp­i, dem rassistisc­hsten aller Bundesstaa­ten. Als sie vier ist, zieht ihre alleinerzi­ehende Mutter ohne sie in den Norden, nach Milwaukee, wo es bessere Jobs gibt und keine offene Rassendisk­riminierun­g. Oprah bleibt bei der Oma, die sie durch Prügel maßregelt. Später folgt sie ihrer Mutter, rennt von zu Hause weg und lebt auf der Straße, bevor sie zu ihrem Vater, einem Friseur, nach Nashville geht. Mit 14 wird sie schwanger. Das Baby, eine Frühgeburt, stirbt kurz nach der Entbindung. Nach dem Studium moderiert sie im Radio, wechselt zum Frühstücks­fernsehen, irgendwann folgt die Oprah-Winfrey-Show, eine Sendung, in der sie an eine Seelsorger­in denken lässt, während Prominente auf ihrem Sofa sitzen, als wäre es ein Beichtstuh­l. Ihren Anhängern reicht die Vita als Empfehlung fürs Oval Office. Eine Frau, die das Leben in allen Facetten kennt.

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FOTO: AFP Oprah Winfrey

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