Ärger mit „Reichsbürgern“
CDU-Politiker Hagel fordert härtere Sanktionen
STUTTGART (tja) - Anhänger der Reichsbürger-Szene haben 2017 in Baden-Württemberg mehr als 60 politisch motivierte Straftaten begangen. Das teilte das Innenministerium der „Schwäbischen Zeitung“mit. Es erfasste die Zahlen erstmals gesondert. Seit 2015 gaben außerdem rund 270 von ihnen ihre Ausweispapiere an Behörden zurück.
CDU-Generalsekretär Manuel Hagel forderte die Kommunen auf, für den dadurch verursachten Verwaltungsaufwand Gebühren zu erheben: „Seine Ausweisdokumente zurückzugeben, ist ein Akt der Missachtung unserer Demokratie und unseres Gemeinwesens. Ich würde so etwas gerne sanktioniert sehen.“Schleswig-Holstein erhebt fünf Euro für jeden Tag, den ein Ausweisdokument aufbewahrt werden muss.
In Baden-Württemberg werden rund 2000 Menschen der Reichsbürger-Szene zugerechnet. Sie lehnen den deutschen Staat ab.
STUTTGART - Der umstrittene Singener Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon bleibt Mitglied der AfD. Der Landesvorsitzende Ralf Özkara bestätigte entsprechende Berichte am Mittwoch auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. AfDBundeschef Jörg Meuthen wollte sich nicht näher äußern: „Das ist ein juristischer Vorgang, den ich nicht weiter kommentiere.“Gedeon war wegen seiner antisemitischen Publikationen im Sommer 2016 in die Kritik geraten, Meuthen hatte sich deswegen von ihm distanziert und dafür sogar eine Spaltung der AfD-Fraktion in Kauf genommen.
Özkara erklärte: „Das Landesschiedsgericht hat das Verfahren eingestellt und keine Entscheidung gefällt.“Gedeon sei damit inhaltlich keineswegs rehabilitiert, es seien formelle Gründe ausschlaggebend gewesen. Der Landesvorstand habe erforderliche Dokumente nicht fristgerecht eingereicht, berichtet „Spiegel Online“. Allerdings habe das zuständige Landesschiedsgericht auch inhaltlich wenig Gründe gesehen, die für einen Ausschluss Gedeons gesprochen hätten – trotz dessen antisemitischer Publikationen. „Es gibt keine neuen Beweise, damit ist der Fall zunächst erledigt“, so Özkara.
Kritik von Grünen, CDU und FDP
CDU-Generalsekretär Manuel Hagel kommentierte die Entscheidung so: „Erneut entlarvt sich die AfD als Partei der Schande.“Es zeige sich, dass viele Mitglieder der AfD-Spitze nie ein Interesse gehabt hätten, sich von Gedeons rechtsradikalem Gedankengut zu distanzieren. Uli Sckerl, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, konstatierte: „Der Antisemitismus steht vor seiner endgültigen Rückkehr in die AfD- Fraktion. Judenfeindlichkeit hat damit im Landtag wieder einen Vertreter: Wolfgang Gedeon.“FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf der AfD vor, Antisemiten aus strategischen Gründen als Teil ihrer Partei zu dulden. „Es geht hier nicht nur um einen einzelnen wirren rechtsradikalen Kopf, sondern um die bewusste Absicht dieser Partei, im tiefbraunen Teich zu fischen“, sagte er.
Fraktionsspaltung wegen Gedeon
Wegen dessen Schriften hatte sich der damalige AfD-Fraktionschef Meuthen von Gedeon distanziert und versucht, ihn aus der Fraktion auszuschließen. Doch die erforderliche Mehrheit dafür bekam Meuthen nicht, daraufhin gründete er mit 13 weiteren Abgeordneten eine eigene Fraktion. Nach Gedeons freiwilligem Rückzug aus der AfD-Fraktion rauften sich die beiden Gruppen wieder zusammen. Gedeon ist seitdem formell nicht mehr Mitglied der Fraktion, wohl aber der Partei.
AfD-Bundeschef Meuthen, der vom Stuttgarter Landtag als Abgeordneter ins EU-Parlament gewechselt ist, hatte 2016 auf die Frage, ob Gedeon ein Antisemit sei, geantwortet: „Was aussieht wie eine Ente und quakt wie eine Ente, ist auch eine Ente.“Er hatte betont, für Antisemiten gebe es in der AfD keinen Platz.
Gedeon selbst beschreibt sich als Opfer einer Hetzkampagne von Politik und Medien. Daher wehre er sich gegen Vorwürfe der „HolocaustLeugnung“. So will er in einem Zivilverfahren vor dem Berliner Landgericht den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, dazu zwingen, eine entsprechende Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.
Im Dezember 2017 hatte die Fraktion Gedeon als Gast in einen Arbeitskreis aufgenommen. Gedeon habe auch keinen Wiederaufnahmeantrag in die Fraktion eingereicht, erklärte ein Sprecher am Mittwoch. Einem solchen müssen zwei Drittel der 20 AfD-Abgeordneten zustimmen. Vorerst wolle er als Fraktionsloser im Landtag weiter arbeiten, sagte Gedeon der Deutschen Presse-Agentur. Er halte sich aber offen, einen Antrag auf Wiederaufnahme zu stellen.