Als Soldaten den Befehl verweigerten
Serie: Spaichingen vor 100 Jahren – Das letzte Jahr des Ersten Weltkriegs
Das letzte Jahr des Ersten Weltkriegs in Spaichingen.
- Zum 100. Mal jährt sich heuer das Ende des Ersten Weltkriegs. Im Andenken an die entbehrungsreiche Zeit der Kriegsjahre machen wir uns in dieser Serie im Archiv des Heuberger Boten auf die Suche nach Ereignissen und Spuren aus dem letzten Kriegsjahr in Spaichingen. Der dritte Teil beschäftigt sich mit der Novemberrevolution kurz vor Kriegsende.
Die Ausgabe des Heuberger Boten vom 11. November 1918 ist eine besondere. Das zeigt sich schon daran, dass Farbe und Art des Papiers der Originalausgabe anders sind, als bei allen anderen Ausgaben aus dieser Zeit. Mit leichtem Rosa-Stich und glänzend kommt sie daher, die Druckerfarbe ist verschmierter als sonst. Der auffälligste Unterschied aber ist die Länge: Nur zwei Seiten berichten an diesem Montag vom Geschehen in der Welt und in Spaichingen. Die übliche Montagsausgabe hat vier Seiten. Aber auch der Inhalt ist brisant - schließlich fand am Freitag davor die Novemberrevolution statt.
Matrosen verweigern Befehl
Die Kieler Matrosen hatten im Angesicht der bevorstehenden Kriegsniederlage den Befehl zum Angriff auf die britischen Seestreitkräfte verweigert, der wohl zum Selbstmordkommando geworden wäre. Der Aufstand bot den Anstoß für eine reichsweite Revolution, in der Arbeiterund Soldatenräte vielerorts die Macht an sich rissen. Am 9. November 1918 wurde in Berlin gleich zweimal die Republik ausgerufen: Einmal durch Philipp Scheidemann von der SPD und einmal von Karl Liebknecht für den Spartakusbund als sozialistische Republik. Unsicherheit und politische Wirren bestimmten die chaosreichen Tage, der Informationsfluss war mit der heutigen Geschwindigkeit nicht vergleichbar. Dementsprechend fällt wohl auch die Ausgabe des Heuberger Boten ein wenig aus der Reihe.
Die erste Meldung beschreibt die Abdankung des Kaisers. „Der Kaiser hat sich entschlossen, dem Throne zu entsagen“, heißt es da. Die Meldung kommt von Reichskanzler Max von Baden. Der erläutert darin, dass er bis zur Klärung aller die Regentschaft und Abdankung betreffenden Fragen im Amt bleiben werde. Gleichzeitig ernennt er Friedrich Ebert von der SPD zu seinem Nachfolger und kündigt eine Vorlage zur verfassungsgebenden Nationalversammlung an. Pikantes Detail dabei: Der Kaiser hatte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht selbst abgedankt. Von Baden hatte eigenmächtig gehandelt. Ein Vorgang, der der Redaktion des Heuberger Boten zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht bekannt sein konnte. Ein weiterer, langer Text beschreibt die Unruhen und Machtkämpfe in zusammengefassten Meldungen.