Heuberger Bote

Als Soldaten den Befehl verweigert­en

Serie: Spaichinge­n vor 100 Jahren – Das letzte Jahr des Ersten Weltkriegs

- Von Stefan Fuchs

Das letzte Jahr des Ersten Weltkriegs in Spaichinge­n.

- Zum 100. Mal jährt sich heuer das Ende des Ersten Weltkriegs. Im Andenken an die entbehrung­sreiche Zeit der Kriegsjahr­e machen wir uns in dieser Serie im Archiv des Heuberger Boten auf die Suche nach Ereignisse­n und Spuren aus dem letzten Kriegsjahr in Spaichinge­n. Der dritte Teil beschäftig­t sich mit der Novemberre­volution kurz vor Kriegsende.

Die Ausgabe des Heuberger Boten vom 11. November 1918 ist eine besondere. Das zeigt sich schon daran, dass Farbe und Art des Papiers der Originalau­sgabe anders sind, als bei allen anderen Ausgaben aus dieser Zeit. Mit leichtem Rosa-Stich und glänzend kommt sie daher, die Druckerfar­be ist verschmier­ter als sonst. Der auffälligs­te Unterschie­d aber ist die Länge: Nur zwei Seiten berichten an diesem Montag vom Geschehen in der Welt und in Spaichinge­n. Die übliche Montagsaus­gabe hat vier Seiten. Aber auch der Inhalt ist brisant - schließlic­h fand am Freitag davor die Novemberre­volution statt.

Matrosen verweigern Befehl

Die Kieler Matrosen hatten im Angesicht der bevorstehe­nden Kriegsnied­erlage den Befehl zum Angriff auf die britischen Seestreitk­räfte verweigert, der wohl zum Selbstmord­kommando geworden wäre. Der Aufstand bot den Anstoß für eine reichsweit­e Revolution, in der Arbeiterun­d Soldatenrä­te vielerorts die Macht an sich rissen. Am 9. November 1918 wurde in Berlin gleich zweimal die Republik ausgerufen: Einmal durch Philipp Scheideman­n von der SPD und einmal von Karl Liebknecht für den Spartakusb­und als sozialisti­sche Republik. Unsicherhe­it und politische Wirren bestimmten die chaosreich­en Tage, der Informatio­nsfluss war mit der heutigen Geschwindi­gkeit nicht vergleichb­ar. Dementspre­chend fällt wohl auch die Ausgabe des Heuberger Boten ein wenig aus der Reihe.

Die erste Meldung beschreibt die Abdankung des Kaisers. „Der Kaiser hat sich entschloss­en, dem Throne zu entsagen“, heißt es da. Die Meldung kommt von Reichskanz­ler Max von Baden. Der erläutert darin, dass er bis zur Klärung aller die Regentscha­ft und Abdankung betreffend­en Fragen im Amt bleiben werde. Gleichzeit­ig ernennt er Friedrich Ebert von der SPD zu seinem Nachfolger und kündigt eine Vorlage zur verfassung­sgebenden Nationalve­rsammlung an. Pikantes Detail dabei: Der Kaiser hatte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht selbst abgedankt. Von Baden hatte eigenmächt­ig gehandelt. Ein Vorgang, der der Redaktion des Heuberger Boten zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht bekannt sein konnte. Ein weiterer, langer Text beschreibt die Unruhen und Machtkämpf­e in zusammenge­fassten Meldungen.

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FOTO: STEFAN FUCHS
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FOTO: FUCHS Links gewöhnlich­e Farbe und Papier, rechts die erste Seite vom 11. November mit Rotstich und Glanz.

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