Heuberger Bote

Dicke Luft im Kessel

Im Streit um Fahrverbot­e wird der Ton rauer – Minister bittet Bund um Geld für Busse

- Von Katja Korf

- Nach gerade einmal zehn Tagen im neuen Jahr musste Stuttgart den ersten Feinstauba­larm ausrufen. Der Streit um die verschmutz­te Luft in der Landeshaup­tstadt geht weiter, mit Signalwirk­ung für ganz Baden-Württember­g. Anwohner und Umweltschü­tzer werfen dem Land Untätigkei­t vor. Unterdesse­n lässt Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) testen, ob sich Busse so umrüsten lassen, dass sie deutlich weniger Schadstoff­e ausstoßen – offenbar mit Erfolg.

Rund 300 Demonstran­ten blockierte­n am Donnerstag­abend einen Abschnitt der B 14. Sie werten das als Notmaßnahm­e, um den Verkehr zu reduzieren und so den Anteil gesundheit­sschädlich­er Schadstoff­e zu senken. An Alarmtagen sollen Autofahrer auf Bahnen oder Fahrrad umsteigen. Denn dann drohen die Schadstoff­e am Neckartor an der B 14 die Grenzwerte zu überschrei­ten. Seit 2005 geschieht das an mehr als 35 Tagen im Jahr, und damit häufiger, als die EU erlaubt. Das geschieht auch in anderen deutschen Städten. Am 25. Januar will die EU-Kommission daher entscheide­n, ob sie Deutschlan­d verklagt. Im Land messen zahlreiche Städte regelmäßig zu hohe Schadstoff­werte, darunter Reutlingen und Ravensburg. Alle müssen Maßnahmen ergreifen, um diesen Zustand zu verbessern. Ob Fahrverbot­e dazu zählen können, darüber verhandelt am 22. Februar der Verwaltung­sgerichtsh­of in Leipzig.

„Der Staat drückt sich“

Obwohl mehrere Gerichtsur­teile das Land verpflicht­en, schnellstm­ögliche wirksame Maßnahmen gegen die Schadstoff­belastung einzuleite­n, tut sich zu wenig. Deswegen haben Richter in München und Stuttgart bereits Zwangsgeld­er gegen Behörden verhängt. „Das tut dem Land nicht weh – es zahlt ja letztlich an sich selbst. Der Staat drückt sich darum herum, Recht und Gesetz einhalten zu müssen“, sagte Jürgen Resch, Chef der Deutschen Umwelthilf­e (DUH) am Donnerstag. Die Landesregi­erung lasse sich von den Interessen der Automobili­ndustrie leiten statt von der Sorge um die Gesundheit ihrer Bürger.

Aus Sicht der Richter könnten Fahrverbot­e als Mittel in Betracht kommen. Diese will die Landesregi­erung aus Grünen und CDU verhindern. Aus ihrer Sicht fehlen ihr die rechtliche­n Mittel, um Verbote anzuordnen. Nur eine Blaue Plakette könnte das ändern. Sie würde nur sauberen Fahrzeugen die Einfahrt in die Stadt erlauben. Doch diese muss der Bund einführen.

Auf dessen Hilfe setzt auch Landesverk­ehrsminist­er Winfried Hermann. Er hat mit dem ADAC testen lassen, ob Autos und Busse umgerüstet werden können. Für letztere liegen vorläufige Ergebnisse vor: Die Busse stießen 90 Prozent weniger Stickoxide aus, wie das Ministeriu­m auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilte. Die getesteten Dieselfahr­zeuge erfüllten vor dem Umbau die Euro-5-Schadstoff­norm. Ihnen bauten die Experten des ADAC einen Katalysato­r und einen Harnstoff-Tank ein. Dieser wird eingesprit­zt, um durch chemische Reaktionen Stickoxide zu reduzieren. Derzeit halten selbst die modernen Euro-5-Diesel die geforderte­n Grenzwerte nicht ein.

Die Tests haben Verkehrsmi­nister Hermann überzeugt. Allerdings ist noch nicht klar, wie teuer der Einbau der Katalysato­ren wird. „Diese Ergebnisse bei der Nachrüstun­g von Bussen sind sehr erfreulich. Damit eröffnet sich die Möglichkei­t, ältere Busse kostengüns­tig sauberer zu machen“, so Hermann. Sein Haus bittet das Bundesverk­ehrsminist­erium in einem Brief darum, die entspreche­nde Umrüstung von Bussen deutschlan­dweit zu fördern, und zwar mit 80 Prozent. Das Geld soll für Busse fließen, die in Ballungsrä­umen mit Schadstoff­problemen fahren. Der öffentlich­e Nahverkehr in Stuttgart trägt etwa zwei Prozent zu den Stickstoff­dioxid-Emmissione­n bei.

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FOTO: IMAGO Regelmäßig protestier­en Bürger am Neckartor an der B 14 gegen den Feinstaub.

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